Neue Weltordnung?

Guterres: „Ungleichheit beginnt ganz oben“

Ausland
19.07.2020 11:30

Anlässlich des Nelson-Mandela-Tages zu Ungerechtigkeit in der Welt hat sich UNO-Generalsekretär António Guterres für eine Erneuerung der internationalen Ordnung ausgesprochen. Er kritisierte im Kampf gegen globale Ungleichheit vor allem die weltweite Vorherrschaft der Großmächte. Macht, Reichtum und Chancen müssten weltweit gerechter verteilt werden. Es brauche mehr Frauen in Führungspositionen und mehr Mitbestimmung von Entwicklungsländern.

„Die Nationen, die sich vor mehr als sieben Jahrzehnten durchsetzten, haben sich geweigert, über die Reformen nachzudenken, die zur Änderung der Machtverhältnisse in internationalen Institutionen erforderlich sind“, sagte Guterres am Samstag. Mit seiner Rede in Zeiten nationaler Alleingänge kritisierte er jene Großmächte, deren Führungen bei den größten Herausforderungen und Konflikten der Gegenwart oftmals nicht zu gemeinsamen Lösungen kommen.

„Bekämpfung der Ungleichheit beginnt mit der Reform“
Als Beispiel nannte der UNO-Chef das Stimmrecht des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen: Die USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich sind Vetomächte des mächtigsten UN-Gremiums, das bei vielen Themen wie dem Syrien-Krieg blockiert ist, weil nichts gegen ihren Willen beschlossen werden kann. „Ungleichheit beginnt ganz oben: in globalen Institutionen. Die Bekämpfung der Ungleichheit beginnt mit der Reform“, so Guterres.

Kluft immer größer geworden
Der Generalsekretär sieht die Welt vor einem Abgrund, der durch die Corona-Pandemie noch deutlicher geworden sei. Die Krise habe die Brüche der Gesellschaften offengelegt: „die Lüge, dass entfesselte Märkte Gesundheitsversorgung für alle liefern könnten“, und die „Täuschung, in einer Welt zu leben, die den Rassismus überwunden hätte“. Statt eines gemeinsamen Vorgehens gegen die Krankheit sei die Kluft nur noch größer geworden. „Denn während wir alle auf demselben Meer schwimmen, ist klar, dass sich einige in Superjachten befinden, während andere sich an treibende Trümmer klammern.“

Kritik an nationalen Alleingängen
Während der UNO-Chef zwei der Hauptursachen für die Ungleichheit in der Welt in der Kolonisation und in von Männern dominierten Gesellschaften sieht, beförderten aktuelle Entwicklungen diese noch: Populismus, Nationalismus, Extremismus und Rassismus würden weitere Ungleichheiten in Ländern sowie zwischen Nationen, Ethnien und Religionen schaffen.

Guterres dürfte dabei neben US-Präsident Donald Trump auch auf andere internationale Anführer abzielen, die auf nationale Alleingänge setzen und sich der internationalen Kooperation zumindest teilweise verweigern. Zu ihnen werden auch die Regierungen Russlands, Chinas und Brasiliens gezählt.

Mehr Frauen an die Hebel der Macht
„Ein neues Modell für globale Regierungsführung muss auf einer vollständigen, integrativen und gleichberechtigten Beteiligung an globalen Institutionen beruhen“, forderte Guterres weiter. Dabei müssten vor allem die Entwicklungsländer mehr Gewicht bei der internationalen Entscheidungsfindung bekommen. Zudem brauche es deutlich mehr Frauen in Führungspositionen, um auch Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern zu schaffen.

Für die Zukunft sieht Guterres zwei grundlegende Veränderungen auf der Welt, die zu einer weiteren Vertiefung der Gräben führen könnten: den Klimawandel und die fortschreitende Digitalisierung. Letztere könne eine immer größere digitale Kluft begründen, die soziale und wirtschaftliche Unterschiede zwischen verschiedenen Bildungsstufen, Ländern oder Bewohnern von Stadt und Land verstärke.

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