Finanzminister-Sager

Budget: Prölls Horrorszenarien als PR-Manöver

Österreich
28.08.2010 17:48
Eine frohe Botschaft, die zum Bumerang werden könnte: Die von Finanzminister Josef Pröll in den Adventbeginn hinein verschleppte Budgetrede wird letztlich wenig Grausamkeiten enthalten, das Sparpaket eher bescheiden ausfallen. Grundlegende und überfällige Reformen werden damit freilich wieder einmal ausbleiben. Das ist mehr als nur ein böser Verdacht. Und die Indizien mehren sich.

Vergangenen Dienstag lieferte Pröll wieder einmal einen solchen Beweis. In der Volksgarten-Meierei unweit des Kanzleramtes schwatzte der listige ÖVP-Chef einem Redakteur der "Presse" eine schaurige Geschichte über die Sanierung des Staatshaushalts auf: "So ein Paket hat Österreich seit 1945 noch nicht gesehen", diktierte der Finanzminister mit wie immer heiterer Miene.

Drei Tage später posiert Josef Pröll auf der Terrasse des "Café Landtmann" in Nadelstreif und malvenfarbener Krawatte. Wieder zieht er seine Show mit den bereits bekannten Horrorszenarien ab. Von einem Budget ohne Tabus ist diesmal die flotte Rede.

In dieser Tonart wird es noch einige Zeit weitergehen. Der Höhepunkt folgt Mitte Oktober. Dann will der Finanzminister seinen Vorjahreserfolg mit der "Rede an die Nation" wiederholen. Prölls PR-Berater feilen bereits an dem Auftritt und bedienen sich des historisch bewährten Repertoires aus Blut, Schweiß und Tränen.

Rechtzeitig vor Weihnachten große Erleichterung
Das Kalkül dieser nur bedingt raffinierten Nummer ist einigermaßen offensichtlich. Mit den Schreckensbildern, die Josef Pröll vom kommenden Budget zeichnet, wird ein zumindest zeitlich genau abgestimmter Plan verfolgt. Einerseits soll damit der Eindruck eines ernsthaften Bemühens um die Sanierung des Staatshaushalts erweckt werden. Andererseits wird dadurch im Dezember, wenn die ganze Wahrheit durchsickert, bei der überwiegenden Mehrheit der Österreicher schlagartig und rechtzeitig vor Weihnachten große Erleichterung ausbrechen. Weil letztlich alles halb so schlimm ist, wirklich spürbare Opfer erst gar nicht abverlangt werden.

Gewiss wird da und dort an ein paar Schrauben gedreht. Bei Minister Mitterlehners Mineralölsteuer beispielsweise. Aber dafür bekommen die Pendler mehr Geld. Bei der Familienbeihilfe, im Sozialbereich und bei den Beamten gibt es mikrochirurgische Eingriffe. Stiftungen und Banken werden vergleichsweise bescheidene Beiträge leisten müssen. Aber für einen fundamentalen Sparkurs samt tiefgreifender Änderungen im System ist diese Koalition zu schwach.

Wirtschaftsprognosen entscheidend
Damit Prölls Rechnung auch aufgeht, muss die Konjunktur mitspielen. Nicht zuletzt deshalb steht die Regierung in banger Erwartung der nächsten Wirtschaftsprognosen in der letzten Septemberwoche. Noch sind die Daten mehr oder minder unter Verschluss. Bei den Voraussagen, bei denen jedes Zehntelprozent entscheidend sein kann, besteht derzeit von 1,5 bis 1,8 Prozent Wirtschaftswachstum eine ziemliche Bandbreite.

Jedenfalls besagt eine Daumenregel, dass sich das Budgetdefizit mit jedem Prozent Wachstum um 0,4 Prozent verringert. Die Regierung bräuchte, wenn sie einen langen Atem hat, eigentlich nur zu warten. Die Aussichten dafür sind aus der eingeschränkten Sicht der Koalition durchaus rosig. Wenngleich die jüngsten Nachrichten aus Deutschland und den USA einigen Anlass zur Besorgnis geben, ist hierzulande vorsichtiger Optimismus angesagt.

"So groß kann eine Krise gar nicht sein, ..."
Edel-Gastronomen wie Rindfleischkaiser Mario Plachutta sind täglich ausgebucht; Rudi Kobza, Eigentümer einer der größten Werbe-Agenturen dieses Landes, sagt, die Geschäfte laufen blendend; die Tourismusbilanzen sind besser als erwartet; die Manager der Supermarktketten können mit den Ergebnissen zufrieden sein. Auch der Vorstandsvorsitzende des führenden Werkzeugstahl-Konzerns Böhler-Uddeholm, Claus Raidl, sitzt vor vollen Auftragsbüchern.

Der ÖVP-nahe Konzernchef Raidl, an dem die Republik einen blendenden Finanzminister gehabt hätte, hat seine leisen Zweifel am Veränderungswillen in der Republik: "So groß kann eine Krise gar nicht sein, dass es zu einer Verwaltungsreform kommt."

Bestes Beispiel ist der Griff des niederösterreichischen Landeshauptmanns Erwin Pröll nach den Lehrerkompetenzen. Da sind Kanzler und Finanzminister kampflos eingeknickt und suchen nur noch nach gesichtswahrenden Erklärungen. Oder die Donnerstag abgenickten 28 Millionen extra für die Justizministerin. Damit wurde das Budget aufgeschnürt, noch bevor es richtig fertig ist. Als hätte man nicht schon im Frühjahr wissen müssen, dass die Wirtschaftskriminalität ein Problem ist.

Genauso war die Mindestsicherung das Gegenteil konsequenter Ausgabenkürzung. Originell, dass bei einem Rundruf diese Woche nahezu in sämtlichen Ministerien versichert wird, man werde "eisern sparen, aber dabei darauf achten, dass es zu keinen Einschränkungen bei den Serviceleistungen für die Österreicherinnen und Österreicher kommt". Hier soll offenbar ein Wunder fast biblischen Ausmaßes gelingen.

Von Claus Pándi aus "Politik am Sonntag", Kronen Zeitung

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