Schlagfertig

Grubinger: Zeit für eine kurze Weihnachtspause

Salzburg
22.12.2019 08:00

Applaus, Freude, eventuell auch ein bisschen Genugtuung, maximale mentale und körperliche Belastung, Erleichterung und Schlafmangel.

In dieser Woche habe ich das Leben eines klassischen Konzertsolisten voll ausgelebt. An drei aufeinanderfolgenden Abenden für mehr als 6000 Zuhörer musizieren zu dürfen, ist ein Geschenk. Davon träumt man als junger Musiker und für diese Momente steht man 20 Jahre in Probenräumen. Doch der letzte Konzertabend mit dem tollen Bruckner Orchester Linz und seinem wunderbaren Chefdirigenten Markus Poschner hatte dann noch einen weiteren Konzertauftritt zu bieten.

Nachdem wir im Großen Festspielhaus Salzburg den letzten Ton gespielt hatten, übersiedelten wir mit unseren Instrumenten in die Salzburger Szene. Als Schüler war das „Republic“ für mich ein Ort, um mit meinen Freunden auszugehen. Doch Freitagabend wollten wir den Nachteulen unter den Konzertbesuchern nochmals einen Spezialauftritt in besonderer Atmosphäre bieten. Eine wunderbare Idee - kann man dort doch ganz ungezwungen mit seinem Publikum ins Gespräch kommen und die Zuhörer kommen zugleich den Schlagzeugern ganz nah und können sie bei der Arbeit beobachten. Doch wenn der letzte Ton verklungen ist, ist für uns Schlagzeuger der Arbeitstag noch lange nicht beendet. Dann muss alles abgebaut, verpackt und in den LKW geladen werden. Und jetzt sitze ich hier, nachdem wir bei mir zuhause wieder alles entladen und aufgeräumt haben (es ist 4 Uhr früh) und fühle mich völlig leer und müde. Denn natürlich gibt es auch die andere Seite des Konzertalltags.

Es sind die stillen Momente nach den Auftritten. Wenn man vollgepumpt mit Adrenalin kein Auge zubekommt, die Muskeln schmerzen, man jeden einzelnen gespielten Ton reflektiert und gleichzeitig sein schärfster Richter ist. Was hätte man besser spielen können? Welchen Stellen hat man im Vorfeld zuwenig Aufmerksamkeit geschenkt? Was für mein Publikum in der Nachbetrachtung ein (hoffentlich) gelungenes Konzert ist, wird von mir zu später Stunde seziert und analysiert.

Wirklich rundum zufrieden bin ich nach einem Konzert nie - es ist dieser Hang zur Perfektion, der Drang, das Unsagbare in der Musik noch stärker zum Ausdruck zu bringen, der Wille, die Grenzen nochmals zu verschieben. Und da steht einem manchmal doch die eigene Vorstellungskraft im Wege.

Und dann zermartert man sich den Kopf über winzig kleine Details, überlegt Lösungen und schwört sich, dass man diesem kleinen, entdeckten Makel den Kampf ansagt. Das mag für den Zuhörer verrückt klingen, handelt es sich doch um musikalische Petitessen. Für mich als Musiker bedeuten diese Details die Welt. Sie halten mich frisch, motivieren mich, treiben mich an.

Dies ist meine letzte Kolumne in diesem Jahr. Nach 45 Kolumnen ist es Zeit für eine kurze Weihnachtspause. Für Sie hier schreiben zu dürfen, ehrt mich und macht mir unglaublich viel Freude. Wenn ich zu Silvester mein Jahr 2019 Revue passieren lasse, werde ich an Sie, liebe Leserinnen und Leser, denken - verbunden mit dem glücklichen Gefühl, ihr Kolumnist sein zu dürfen. Dass Sie diese Kolumne mit soviel Zuspruch lesen und uns auch regelmäßig (meist) positives Feedback geben, freut uns alle sehr. Und motiviert uns zugleich, in dieser „Schlagzahl“ weiterzumachen.

Meine nächste Kolumne erscheint am 12. Jänner 2020. Dann melde ich mich mit einer neuen Kolumne von meiner Konzertreise nach Hongkong. Ihnen allen frohe Weihnachten und die besten Wünsche für einen guten „Groove“ ins neue Jahr.

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