Blut ausgetauscht

Patient erstmals „eingefroren“ und wiederbelebt

Wissenschaft
22.11.2019 09:00

In den USA ist es offenbar erstmals gelungen, einen Menschen „einzufrieren“ und ihn danach wieder ins Leben zurückzuholen. Während der Prozedur stoppt neben dem Herzschlag auch die Gehirntätigkeit des Patienten fast zur Gänze. Dieses ungewöhnliche Vorgehen soll Zeit gewähren, um durch Schuss- oder Stichwunden schwerst verletzten Menschen eine lebensrettende Operation zu ermöglichen.

Samuel Tisherman von der University of Maryland School of Medicine sagte dem „New Scientist“, dass die Prozedur „bei mindestens einem Menschen“ erfolgreich angewendet worden sei. Es sei beim ersten Mal „ein wenig surreal“ gewesen. Wie oft man den Versuch startete, sagte Tisherman dem Magazin zufolge nicht - auch nicht, wie viele Patienten überlebten.

Normalerweise eine fünfprozentige Überlebenschance
Das EPR genannte Verfahren - die Abkürzung steht für „Emergency preservation and resuscitation“ (etwa Notfallerhaltung und -wiederbelebung) - wird laut Tishermans Aussagen bei Patienten angewendet, die mit einem akuten Trauma wie einer Schuss- oder Stichverletzung in die Klinik der University of Baltimore eingeliefert würden und einen Herzstillstand erlitten hätten. Die Betroffenen hätten unter normalen Umständen bei einem Verlust von mehr als der Hälfte des Blutes eine fünfprozentige Überlebenschance.

Blut durch eiskalte Kochsalzlösung ersetzt
Bei ihnen kommt EPR zu tragen. Indem das Blut des Patienten mit einer eiskalten Kochsalzlösung ausgetauscht und der Körper somit auf zehn bis 15 Grad Celsius heruntergekühlt wird, stoppt auch die Gehirnaktivität fast zur Gänze. Gleichzeitig bewahrt man das Gehirn vor Schäden, weil ein dermaßen heruntergekühltes Gehirn auch so gut wie keinen Sauerstoff braucht. Dann hat ein Chirurgenteam laut dem Bericht zwei Stunden Zeit, die Verletzungen zu versorgen, bevor der Operierte aufgewärmt und sein Herz wieder zum Schlagen gebracht wird.

Go von US-Behörden
Im Rahmen einer Versuchsreihe seien nun weitere Tests nötig. Laut Tisherman wäre es am aussagekräftigsten, wenn man zehn Traumapatienten, die durch EPR behandelt werden, zehn Patienten gegenüberstellen könnte, die aufgrund ihrer Verletzungen für diese Technik infrage kommen würden, aber nicht in Reichweite eines dafür ausgebildeten Teams wären. Von der US-Bundesbehörde zur Überwachung von Nahrungs- und Arzneimitteln gebe es bereits ein Go.

„Wir hätten ihn retten können, wenn wir genug Zeit gehabt hätten“
Tisherman schilderte dem Magazin, dass sein Interesse an der Traumaforschung durch einen Vorfall in den Anfängen seiner Karriere geweckt worden sei. Damals sei einem Mann wegen eines Streits um Bowlingschuhe ins Herz gestochen worden: „Im einen Moment war er ein gesunder junger Mann, im nächsten war er tot. Wir hätten ihn retten können, wenn wir genug Zeit gehabt hätten.“ Aus diesem Grund habe er begonnen zu erforschen, auf welche Arten ein Kühlen der Patienten Chirurgen mehr Zeit verschaffen könnte. Bei Versuchen mit Schweinen habe man festgestellt, dass man die Tiere drei Stunden herunterkühlen könne.

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