Beweise verloren

Opferanwalt will Mordfall Silke S. wieder aufrollen

Österreich
09.05.2010 16:42
Die Mutter von Silke Schnabel ist - fast zwei Jahrzehnte nach dem Mord an der damals 17-Jährigen - sehr unzufrieden mit der Arbeit der Justiz. "Im Mordfall Silke Schnabel geht nichts weiter. Ihre Mutter ist über die Untätigkeit der Justiz sehr enttäuscht", entrüstet sich Opferanwalt Stefan Rieder. Seit mehr als zwei Jahren strengt er die Wiederaufnahme bzw. Fortführung des Strafverfahrens gegen einen mittlerweile 51-jährigen Tatverdächtigen an.

Das Verfahren wurde im November 1993 wegen mangelnder Beweise eingestellt. "Seither werden die Akten hin und her geschoben, passiert ist in der Sache nichts", so der Opferanwalt.

Opfer zuletzt mit Verdächtigem gesehen
Die 17-Jährige wurde in der Nacht auf 11. Juli 1992 in der Stadt Salzburg vergewaltigt und erwürgt. Ihre Leiche tauchte am 21. Juli bei Ranshofen (Oberösterreich) aus dem Inn auf. Lebend wurde sie zuletzt mit dem verdächtigen Arbeiter in der Tatnacht gesehen. "Zeugen beobachteten, wie sie händchenhaltend ein Lokal verließen und in Richtung Salzach spazierten", schilderte Rieder. "Am frühen Morgen des 11. Juli fand eine Spaziergängerin den Mann nahezu nackt auf der Böschung liegen. Das Gras war bis zum Wasser niedergetreten." Gegenüber der Polizei habe der Arbeiter eine Bekanntschaft mit Silke zuerst abgestritten, dann jedoch zugegeben.

Da in den fast 18 Jahren wichtige Beweisgegenstände verschwunden sind, gestaltet sich ein Aufrollen des Falles mehr als schwierig. Der Anwalt des Verdächtigen, Karl Wampl, hatte im vergangenen Jahr die vorbereitenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft für eine eventuelle Fortführung des Verfahrens als rechtswidrig bezeichnet. Er blitzte mit seiner Beschwerde beim Oberlandesgericht Linz im Jänner jedoch ab. Dann strengte Opferanwalt Rieder eine Abtretung des Verfahrens an eine andere Staatsanwaltschaft an. Er ortete in Salzburg Befangenheit, da jener Staatsanwalt, der 1993 die Einstellung des Strafverfahrens beantragt hatte, immer noch im Dienst ist. Das Justizministerium fand allerdings keine Anhaltspunkte dafür und schickte den Akt vor ein paar Wochen nach Salzburg zurück.

Nun weiß die Anklagebehörde offenbar nicht, wie sie weiter vorgehen soll. "Wir wissen nicht, auf welcher Schiene wir weiterfahren. Die Frage stellt sich, in welchem Rahmen wir etwas tun dürfen", sagte Sprecherin Barbara Feichtinger. Es handle sich um ein rechtlich schwieriges Problem, das ein vorsichtiges Umgehen erfordere, um keine Fehler zu machen.

Bringt Zeugenaussage neue Beweislage?
Die Frage dreht sich darum, ob es neue Beweise gibt, die eine Fortführung des Verfahrens bewirken können. Laut Verteidiger Wampl gibt es sie nicht, laut Opferanwalt schon. Er wertet eine ergänzende Aussage einer Zeugin vor der Kriminalpolizei als neuen Beweis. Die Frau schilderte wie auch bereits am 10. Juni 2008 in einer Fernsehsendung, dass ihr der Arbeiter bei einer Zusammenkunft "an die Gurgel gegangen" sei und sie mit Faustschlägen im Gesicht verletzt hätte, weil sie gesagt habe, sexuell gehe bei ihm nichts mehr. Schon früher habe er Mädchen angegriffen und geschlagen.

"Der Modus Operandi gegenüber dieser Frau war derselbe wie gegenüber Frau Schnabel", konstatierte der Opferanwalt. Der Verdächtige weise 14 Vorstrafen auf, darunter Sittlichkeits- und Körperverletzungsdelikte. Rieder schlug deshalb der Staatsanwaltschaft vor, die bisher noch nicht herangezogenen Vorstrafenakten herbeizuschaffen und sie vom Täterprofiler Thomas Müller auf Übereinstimmungen von Tathandlungen prüfen zu lassen.

Viele DNA-Spuren verschwunden
Pech für die Justiz ist, dass Beweisgegenstände unauffindbar sind. Bei einer Hausdurchsuchung Ende Juli 1992 in der Wohnung des Verdächtigen stellten Polizisten einen Jeansgürtel des damals 34-Jährigen sicher. Darauf befand sich ein Blutfleck mit der gleichen Blutgruppe des Opfers. Der Arbeiter hat eine andere Blutgruppe. Die Kriminalbeamten beschlagnahmten dort auch ein Blouson von Schnabel, an dem elf Knöpfe fehlten. Diese Beweismittel sind verschwunden, ebenso wie ein Analabstrich des Mädchens, Fingernagelproben und drei Holzproben von einer Bank in Tatortnähe, die vom rechtsmedizinischen Institut in München untersucht wurden. Die DNA-Analyse, die damals noch in den Kinderschuhen steckte, brachte kein Ergebnis. Wer den Verlust der Beweismittel verschuldet hat, ist unklar.

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