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„Unser Land wurde in eine Schieflage manövriert“

Salzburg
18.08.2019 14:56

Die Bundes-ÖVP unter Sebastian Kurz hat in der vergangenen Woche verkündet, keine weiteren Spenden für den kommenden Wahlkampf anzunehmen. Man hat also aus einer Selbstverständlichkeit, im Gegensatz zu 2017 geltende Gesetze einhalten zu wollen, ein Marketing-Feuerwerk abgebrannt.

Das ist durchaus beeindruckendes Kommunikationshandwerk. Politik ist es nicht.

Während wir Bürger für jede kleinste Gesetzesverletzung zur Rechenschaft gezogen werden, scheint man in der türkisen ÖVP davon auszugehen, dass für sie andere Maßstäbe gelten. Ich mache da gerne auch einen Unterschied zwischen der ÖVP des Sebastian Kurz und den ÖVP-Organisationen in den Ländern und Gemeinden. Denn in meinem Heimatort wähle ich die ÖVP und deren Bürgermeister. Da ist sie moralisch und inhaltlich eine Andere.

Nichtsdestotrotz kommt mir die Ankündigung der Kurz-Getreuen etwas ungelegen. Denn dieses Mal wollte ich selbst eine Spende an die Bundes-ÖVP übermitteln. Denn wie es scheint, konnte man sich im Wahlkampf 2017 ein gewisses Wohlwollen mit großzügigen Spenden erarbeiten. Das neue Arbeitszeitgesetz (Zwölf-Stunden-Tag), generöse Subventionen an Spender (obwohl der Altkanzler im Wahlkampf 2017 das Gegenteil angekündigt hatte) und zweifelhafte Postenvergaben sind nur ein paar Beispiele. Auf diesem Feld war man in 17 Monaten Regierungszeit beachtlich fleißig.

Nun habe ich mir gedacht, dass auch ich dieses „Spendenwerkzeug“ nutzen möchte. Es gibt da ein Anliegen, das mir am Herzen liegt. Es geht dabei nicht um Vorteile für mich, sondern um viele meiner Künstlerkolleginnen und -kollegen. Ich wünsche mir eine Künstlersozialversicherung, die diesen Namen auch wirklich verdient. Viele Künstlerinnen und Künstler müssen oft mit bescheidenen Einkommen auskommen. Manches Mal bleiben monatlich nur 800 bis 900 Euro. Da ist eine leichte Grippe und die damit einhergehende Gefahr einer Projektabsage gleich existenzbedrohend.

Viele haben keine finanziellen Möglichkeiten privat Vorsorge zu treffen und so passiert es regelmäßig, dass diese wunderbaren Kolleginnen und Kollegen in der Armutsfalle landen. Mir ist klar: Es ist das Risiko der Selbstständigkeit.
Trotzdem ist dieses oftmals gegebene Versprechen nie eingelöst worden. Nachdem Künstlerinnen und Künstlern die politische Lobby fehlt, war ich nun bereit, diesen neuen, unappetitlichen Weg zu gehen. Denn so funktionierte Politik anscheinend in den vergangenen Jahren.

Das ist brandgefährlich für unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat. Und es raubt den letzten Funken Glauben daran, dass jeder Bürger die gleichen Rechte und Pflichten in dieser Republik hat. Doch wie uns Ibiza, Schredder-Gate, Subventionsvergaben und Hausdurchsuchungen zeigen, liefen die Dinge vermutlich anders.

Ich weiß, diese Kolumne klingt heute zynisch und arg garstig. Doch nach alldem was wir erleben mussten, scheint der politische Sumpf, der uns zuletzt regiert hat, ungeahnte Ausmaße zu haben. Ich will einfach nicht glauben, dass eine andere, saubere Politik nicht auch möglich wäre.

Unser Land wurde in eine Schieflage manövriert. Und trotz Korruptionsverdachts, wird in der ÖVP die Idee einer Neuauflage von Türkis-Blau nicht fallen gelassen. Doch jetzt ist Klarheit gefragt. Solange Kurz eine Koalition mit der FPÖ nicht ausschließt, muss jedem ÖVP-Wähler klar sein, dass eine Neuauflage möglich ist. Wollen wir das? Eine weitere Legislaturperiode mit dieser Truppe? Jetzt zählt Verantwortungsbewusstsein für unser Land.

Ihr Martin Grubinger

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