Keine Feuergefahr

Grazer entwickeln sichere Fest-Batterien für Autos

Motor
31.07.2019 15:15

Hohe Energiedichte und hoher Wirkungsgrad sind vielversprechende Vorteile von Lithium-Batterien. Die flüssigen Bestandteile in den Akkus sind allerdings brennbar und können unter ungünstigen Umständen Feuer fangen und explodieren. Grazer Forscher wollen die Akkus deutlich sicherer machen und haben mit internationalen Kollegen einen neuen Festelektrolyten vorgestellt.

(Bild: kmm)

Sogenannte Feststoffbatterien könnten eine Alternative zu den leicht entflammbaren Lithiumionen-Akkus darstellen. Sie enthalten keine flüssigen Elektrolyten, die etwa bei einem Unfall auslaufen und in Brand geraten können. Bisher fehlten jedoch Materialien, die eine ähnlich hohe Ionenleitfähigkeit wie flüssige Elektrolyte besitzen. Forschende der TU Graz haben im Fachjournal „Chem“ einen kristallinen Ionenleiter mit einer Lithium-Ionenmobilität vorgestellt, die die Werte bisheriger Spitzenkandidaten übertreffen.

Ein Lithium-Ionen-Akku besteht in der Regel aus zwei porösen Elektroden, die durch einen elektrolytgefüllten Separator getrennt sind. Beim Entladen der Batterie werden die positiv geladenen Lithium-Ionen zwischen dem Plus- und dem Minuspol ausgetauscht. Damit ermöglichen sie auch die Bewegung der negativ geladenen Elektronen und erzeugen auf diese Weise Strom. Bei Überhitzung kann der flüssige Elektrolyt jedoch entflammen.

Für Fachleute: Der technische Hintergrund
Das neue Ionenleitermaterial ist ein Lithium-Titanthiophosphat (LTPS) und hat die Summenformel LiTi2(PS4)3. Seine ungewöhnliche Kristallstruktur zeichne sich durch sogenannte „geometrische Frustration“ aus. Das heißt, dass sie - anders als herkömmliche Ionenleiter - keine energetisch stark begünstigten „Verweilplätze“ für Ionen biete. Diese sind mit ihrem jeweiligen Platz sozusagen permanent unzufrieden: „frustriert“. Wie die Berechnungen der Gruppe um Geoffrey Hautier (Universite catholique de Louvain) zeigten, führt gerade diese energetische Frustration der Ionen zu einer hohen Ionenmobilität.

„Die Lithium-Ionen suchen mehr oder weniger verzweifelt einen geeigneten Platz und bewegen sich dabei sehr rasch durch die kristallografische Struktur von LTPS. Genau diese hohe Ionenbeweglichkeit wollen wir in Elektrolytkörpern für Feststoffbatterien haben“, fasste Martin Wilkening vom Institut für Chemische Technologie und Leiter des Christian Doppler Labors für Lithium-Batterien zusammen. Sein Grazer Team hat die errechnete Ionenbewegung mithilfe von Kernresonanzspektroskopie experimentell bestätigt. Laut TU Graz können weltweit nur wenige Gruppen dynamische Prozesse in kristallinen Festkörpern mit hinreichend hoher Präzision und so vielfältigen Methoden über einen breiten Temperaturbereich vermessen.

Dabei fanden die Grazer Forscher zwei Prozesse, die die Berechnungen untermauern: „In der Struktur von LTPS können die Lithium-Ionen auf ringförmigen Pfaden hin- und her, sowie von einem Ring zum nächsten springen. Der letzte Schritt, der Inter-Ring-Prozess, ermöglicht den Ionentransport in Langreichweiten“, wie Wilkening darlegte. Die Inter-Ring-Hüpfprozesse der Lithium-Ionen fanden selbst bei extrem niedrigen Temperaturen statt. So hat die Kernresonanzspektroskopie auch bei rund minus 250 Grad noch mobile Ionen, die nach passenden Potenzialmulden suchten, registriert. Dieses Verhalten komme laut Wilkening äußerst selten vor, denn mit sinkenden Temperaturen nimmt die Mobilität der Ionen in der Regel ab.

Toyota ist mit an Bord
LTPS sei durch seinen superschnellen Diffusionsprozess, dessen Ursache die energetische Frustration ist, als Vertreter einer neuen Klasse von Festelektrolyten anzusehen, die zwar kristallin seien, aber die Bewegungseigenschaften besitzen, die den Flüssigelektrolyten ähneln, fassen die Autoren zusammen. Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit Toyota erstellt, die UC Louvain hat die Entdeckung zum Patent eingereicht. Nun will man sich weitere Verbindungen suchen, die einen ähnlichen Leitungsmechanismus haben.

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(Bild: kmm)



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