Florian Gypser, ein geborener Wiener, lebt seit nunmehr 15 Jahren in Bangkok. Mit seiner thailändischen Partnerin Goy startete er vor acht Jahren mit einer Idee durch, die ihn für über zwei Jahre auf Platz Eins bei den Restaurant-Tipps von Trip Advisor in Bangkok brachte - und dort gibt es immerhin mehr als 10.000 Restaurants. Der Einfall war simpel, aber genial: Er lud wildfremde Menschen in seine Wohnung in Chinatown zum „Private Dining“ ein, kochte für sie und verbrachte einen familiären Abend. City4U besuchte den Auswanderer in der thailändischen Hauptstadt und erfuhr, warum seine außergewöhnliche Geschäftsidee so erfolgreich ist.
„Baan rim naam“ bedeutet übersetzt „Bar am Fluss“. Das ist der Name von Florian Gypsers - eigentlich Architekt und Künstler - neuem Lokal, was eigentlich keines ist. Unweit von den Nobelhotels am Fluss Chao Phraya liegt eine alte Lagerhalle. Man muss durch die verwinkelten Gassen von Chinatown gehen - einer der letzten wirklich ursprünglichen Bezirke Bangkoks - um dorthin zu gelangen. Von außen sieht sie unscheinbar, fast schon schäbig aus. Doch wenn sich die Tür öffnet, wartet ein Paradies. Eine wunderbar hohe Halle, Bambus, gemütliche Sitze direkt am Fluss. Eine entzückende Küche, eine besondere Bar und rosa Neonlicht.
Es ist ein 200 Jahre altes Haus, das früher einmal ein Lager mit Pier und seit den 1950er-Jahren ein Arbeiterquartier war. Seit Gypser in Bangkok lebt, wollte er ein Gebäude am Fluss bewohnen. Nun ist es so weit. Die Renovierungsarbeiten sind abgeschlossen, seit ein paar Monaten ist er „halb-operativ unterwegs“. „Ich möchte kein Restaurant, aber trotzdem mehr Leute bedienen, als bei mir zuhause Platz hatten. Es soll aber trotzdem ein kleines Team bleiben. Ich will nicht zu viel planen, sondern die Reise naiv jungfräulich beschreiten“, sagt erklärt Florian Gypser an diesem Abend in Bangkok.
Es war nie sein Gedanke, wildfremde Personen zu sich nach Hause einzuladen und sie zu bewirten. Doch genau so kam es: „Meine Frau hat immer gut und gerne gekocht, also haben wir Freunde eingeladen. Die waren so begeistert, sodass sich das herumgesprochen hat und immer mehr Leute gekommen und auf uns aufmerksam geworden sind.“ Nach kurzer Zeit war Nang Gin Kui, was so viel wie „sitzen, essen, sprechen“ bedeutet, geboren. Plötzlich hatten sie bis zu fünf Mal pro Woche ein Private Dining bei ihnen zu Hause. „Das Motto war, so viele Sessel wie wir haben, so viele Leute können kommen.“ Das waren durchschnittlich zwischen sechs und zwölf Personen, die von 18 bis oft drei Uhr früh morgens blieben. „Durchschnittlich wurde eine Flasche Wein pro Person vernichtet. Es war immer Open End und das Motto lautete: ,Free flow ‘till you drop‘“, lacht Gypser.
Irgendwann wurde das aber dann doch zu viel. „Es kam oft vor, dass Leute nicht mehr ins Hotel gefunden haben, weil der Taxler die Adresse nicht kannte. Da war ich dann stundenlang damit beschäftigt. Öfters mussten wir betrunkene Gäste an den Nachbarn vorbeischleusen. Aber es war eine wundervolle Zeit, sehr emotional. Wir hatten viele Gäste, die immer wieder gekommen sind. Wir wurden schon in viele andere Länder für Pop-Up-Dinner-Events eingeladen. Es war eine sehr schöne, aufregende Zeit“, beschreibt der 44-Jährige. Doch eine Veränderung musste her und nun steht der Wiener Auswanderer am Beginn seiner neuen Karriere im „Baan rim naam“.
„Wir wollen hier auch das private Gefühl beibehalten, aber es haben trotzdem mehr Leute Platz. Es soll Fine Dining mit bis zu 15 Gängen und Cocktails geben. Wir gehen auf alle Wünsche ein“, so Gypser. Auch wir haben an diesem Abend das Glück, das neue Konzept kennenzulernen. Es gibt viele kleine Gänge, die viel zu schön angerichtet sind, um sie überhaupt zu essen. Natürlich tut man es und bereut es nicht, es schmeckt vorzüglich. Zu jedem Gang gibt es einen gar nicht so schwachen Cocktail. Zwischendurch genießt man den Blick auf den Chao Phraya, wirft einen Blick in die offene Küche, in der Goy und ihre Freundin die leckeren Gerichte zaubern oder unterhält sich mit Florian, der ein tadelloser Gastgeber ist. Man fühlt sich tatsächlich gleich wie zu Hause.
Für den Hauptgang und das Dessert geht es dann schließlich ein paar Stufen hinauf auf eine Galerie unter einem offenen Dachstuhl. Man sitzt ganz traditionell auf einem Polster am Boden und genießt ein scharfes, thailändisches Curry, während Gypser von seiner 92-jährigen Oma erzählt, die es sich vorher auch am Fluss gemütlich gemacht hat. Im Eingangsbereich im pinken Neonlicht stehen noch ihre Umzugskartons. „Ich habe sie gefragt, ob sie ganz zu uns ziehen möchte am Telefon. Ohne zu überlegen hat sie gesagt: ‘Gib mir eine Stunde, dann habe ich meine Koffer gepackt.‘“, schmunzelt der Wiener. Nach einigen geleerten Flaschen Wein und vielen Anekdoten geht der Abend schließlich zu Ende. Um 23 Uhr verlassen wir das 200 Jahre alte Gebäude und es fühlt sich an, als würde man sich von neugewonnen Freunden verabschieden.
Wer im nächsten Bangkok-Urlaub ebenfalls ein Fine Dining am Fluss bei Florian Gypser und Goy erleben möchte, kann sich hier an sie wenden.
Juni 2019
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