Mordprozess

Freigesprochener nach Aussage der Ex erneut angeklagt

Wien
12.04.2010 18:41
Seit Montag muss sich ein 52-jähriger Wiener im Straflandesgericht vor Geschworenen verantworten, weil er im Februar 2006 in räuberischer Absicht in Döbling einen 81 Jahre alten Pensionisten erschlagen haben soll. Der Fall ist deshalb besonders bemerkenswert, weil der Verdächtige in dieser Sache bereits einmal vor Gericht stand - und freigesprochen wurde. Der neue Prozess wurde zur ergänzenden Beweisaufnahme vertagt - am 29. April sollen weitere Zeugen gehört werden.

Im Oktober 2007 wurde der 52-Jährige mit 5:3 Geschworenen-Stimmen vom Vorwurf des schweren Raubes mit Todesfolge freigesprochen. "Ich fahr doch nicht in Wien herum und schlag auf jemanden ein! Ich bin zu so einer Tat doch gar nicht fähig", tönte damals der Nostandshilfebezieher im Verhandlungsaal. 

Der Freispruch von der Bluttat erlangte auch Rechtskraft. Im Vorjahr ging allerdings seine Ex-Freundin zur Polizei und erleichterte ihr Gewissen. Sie behauptete, mit eigenen Augen gesehen zu haben, wie der 52-Jährige mehrmals mit einem Baseballschläger auf den betagten Rentner einschlug und diesem im Anschluss eine Herrentasche wegnahm. Der Mann wurde daraufhin neuerlich in U-Haft genommen, die Staatsanwaltschaft bekam im Hinblick auf die neue Beweislage eine Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligt.

"Konnte nach dem ersten Schlag nicht mehr hinschauen"
Auch am Montag erzählte die 36-jährige Frau dem Schwurgericht (Vorsitz: Ulrich Nachtlberger), dass sie am Abend des 4. Februar 2006 ihren damaligen Freund begleitete, als dieser in Döbling Autos aufbrechen wollte. Am Nussdorfer Platzl sei ihm dann der 81-jährige Kurt Z. aufgefallen. "Schau, da ist Geld", soll der Mann gesagt haben und dem Pensionisten gefolgt sein. In der menschenleeren Freihofgasse soll er dem betagten Mann mit einem Baseballschläger mehrfach von hinten auf den Kopf geschlagen haben.

"Es war sehr laut. Ich konnte nach dem ersten Schlag nicht mehr hinschauen", erzählte die Frau. Zu Hause hätte sie mit ihrem Ex-Freund die geraubte Tasche zerschnitten, die neben 400 Euro ein Sparbuch über 102.000 Euro, den Personalausweis des 81-Jährigen und dessen Wohnungsschlüssel enthielt. Mit dem Schlüssel soll sich der Angeklagte wenige Tage nach der Bluttat Zutritt in die Wohnung des Opfers verschafft haben, das zu diesem Zeitpunkt im Koma lag. Der 52-Jährige nahm laut Anklage das Mobiltelefon des Pensionisten an sich und setzte sich in dessen Auto, das er anschließend inserierte und im Namen von Kurt Z. verkaufte.

Aus Angst vor Gewalt und Abschiebung geschwiegen
Ihr dreijähriges Schweigen erklärt die Frau folgendermaßen: Der 52-Jährige soll sie eingeschüchtert und Morddrohungen ausgestoßen haben. Außerdem rechnete die gebürtige Ungarin, gegen die ein Aufenthaltsverbot bestand, beim Kontakt mit den Behörden mit ihrer umgehenden Abschiebung. "Er hat zu mir gesagt, dass ich eigentlich tot sein müsste, weil ich die einzige Zeugin bin", berichtete die 36-Jährige unter Wahrheitspflicht dem Schwurgericht. Der Angeklagte habe ihr wiederholt eingeschärft, dass es sie bzw. ihre Kinder das Leben kosten würde, sollte sie jemandem vom Überfall auf den Pensionisten in Wien-Döbling erzählen. Da habe sie geschwiegen: "Ich habe keine andere Möglichkeit gehabt. Ich habe Angst gehabt." Außerdem habe sie weiter in Wien leben wollen, räumte die Frau ein.

Der Angeklagte hielt dem entgegen, dass er von der 36-Jährigen über Monate hinweg im Gefängnis besucht wurde, was doch nicht zur angeblich von ihm ausgehenden Gefährlichkeit passe. Die 36-Jährige verwies daraufhin auf ihr Abhängigkeitsverhältnis.

Angeklagter unterstellt Ex-Freundin Rachemotiv
Wie schon im ersten Verfahren bekannte sich der Angeklagte auch diesmal "nicht schuldig", obwohl der Staatsanwalt ihm diesmal Mord vorwarf, weil nach seinem Dafürhalten dem Angreifer klar sein musste, dass der 81-Jährige wuchtige Schläge mit einem Baseballschläger kaum überleben würde. "Die Frau lügt", schwor der 52-Jährige. Er sei mit dieser niemals einbrechen gegangen und habe sich zum Tatzeitpunkt zu Hause befunden.

Die Anschuldigungen erklärt er sich damit, dass die Frau - eine gebürtige Ungarin - ihn auf Jahre ins Gefängnis bringen wolle, um weiter in seiner Wohnung bleiben zu können: "Ich hab' sie nämlich rausgeschmissen, weil jedes Mal, wenn ich nach Hause gekommen bin, es dort einen Saustall gehabt hat." Außerdem habe ihm die Frau einen Computer und einen Fotoapparat gestohlen.

Auto des Opfers um 500 Euro an Tankstelle gekauft
Die wenigen gegen ihn vorliegenden Indizien - bei seiner Festnahme fanden sich ein Sparbuch und das Mobiletelefon des Toten in seinem Besitz, außerdem verkaufte er das Auto des 81-Jährigen in dessen Namen - ließ der Angeklagte erneut nicht gelten. Er behauptete, das Auto von einem Unbekannten an einer Tankstelle am Praterstern zum Kauf angeboten bekommen zu haben. Da der Fremde nur 500 Euro verlangte, habe er zugeschlagen. Im Auto hätte er später das Sparbuch und das Handy gefunden, sagte der Angeklagte.

Um zu Geld zu kommen, habe er den Mazda 121 wenig später weiterverkauft und dazu den Namen von Kurt Z. benutzt, der auf den Zulassungspapieren ersichtlich war. "Das wird in der Branche so gemacht. Ich wollte nicht als Verkäufer aufscheinen wegen der Finanz und anderer Dinge", meinte der 52-Jährige.

52-Jährigem droht diesmal sogar lebenslange Haft
Kurt Z., den Passanten gegen 20 Uhr bewusstlos und blutüberströmt im Schnee liegend vorgefunden hatten, war drei Wochen nach dem Überfall infolge seiner schweren Kopfverletzungen gestorben. Der Täter hatte ihm einen doppelten Schädelbruch zugefügt. 

Sollte der 52-jährige Angeklagte diesmal im vollen Umfang der Anklage schuldig erkannt werden, drohen ihm zehn bis 20 Jahre im Gefängnis oder sogar lebenslange Haft.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele
Vorteilswelt