Prozess in Klagenfurt

Kärntner hatte ein ganzes „NS-Museum“ im Keller

Kärnten
04.03.2019 18:32

Wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung ist am Montag am Landesgericht Klagenfurt ein 75-jähriger Kärntner zu 13 Monaten bedingter Haft und 1.200 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Der Mann hatte eine umfassende Sammlung an NS-Devotionalien im Keller, die er auch einem Besucher vorführte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Der 75-Jährige habe seit den 70er-Jahren NS-Devotionalien gesammelt, sagte Staatsanwältin Denise Ebner in ihrem Anklagevortrag. Die Gegenstände hatte er in seinem Keller museumsartig ausgestellt. Verantwortet hatte sich der Mann damit, dass er die Gegenstände lediglich aus Begeisterung für die Wehrmacht und das Militär im Allgemeinen gesammelt habe. Für die Staatsanwältin eine Schutzbehauptung. An mehreren Stecktafeln reihten sich dicht an dicht unzählige Orden, Abzeichen und Medaillen mit Bezug zum Nationalsozialismus.

An der Wand hingen Hitlerbilder und ein Relief. Unter den „Exponaten“ waren unter anderem ein Keramikgeschirrset mit NS-Symbolen, Keksausstecher in Hakenkreuzform, Gürtelschnallen, Zinnfiguren, Stahlhelme, Fahnen, eine Hitlerjugend-Uniform, Bücher und Haarbänder mit Hakenkreuz. Im Wohnzimmer des Kärntners stand im Bücherregal neben der Bibel eine Taschenbuch-Ausgabe von „Mein Kampf“.

Die Polizei war auf den Pensionisten aufmerksam geworden, weil er einem 20-jährigen Besucher die Sammlung vorführte. Dieser hatte den 75-Jährigen auf einem Flohmarkt kennengelernt und ihn dann zu Hause aufgesucht, um bei ihm Münzen zu kaufen. Bei dieser Gelegenheit habe der Angeklagte dann keinen Hehl aus seiner Gesinnung gemacht, sagte Ebner: „Er hat dem Zeugen gesagt, dass er überzeugter Nationalsozialist ist. Als der Zeuge am nächsten Tag wiederkam um die Münzen zurückzutauschen, hat ihn der Angeklagte angeherrscht, dass in seinem Haus die Gesetze von vor 1945 gelten und deshalb ein Umtausch eigentlich ausgeschlossen sei.“

Dass er sich „in keiner Weise“ wiederbetätigen wollte, beteuerte der Mann auch in seiner Einvernahme durch Richter Oliver Kriz, der dem Schwurgerichtshof vorsaß. Den 20-Jährigen, der ihn wegen eines Münzkaufs besucht hatte, hatte er nur in den Keller gelassen, weil er „so euphorisch“ war.

Seine Sammlung sei entstanden, weil er eine Begeisterung für Oden und Abzeichen habe, sagte er auf eine Frage des beisitzenden Richters Gerhard Pöllinger: „Später hat sich das so entwickelt, dass ich alles zusammengekauft habe, was ich gefunden habe.“ „Was meinen Sie mit alles?“, wollte Pollinger wissen, während er ihm einige der beschlagnahmten Gegenstände vorhielt - diese waren allesamt in den Gerichtssaal gebracht worden. „Ich habe etwas gekauft, wenn ein Hakenkreuz drauf war“, gab der Mann zurück. „Also ist es Ihnen nicht um Kriegsutensilien, sondern um Hakenkreuze gegangen?“, fragte Pöllinger. „Wenn Sie das so sagen. Ich habe das eben gekauft, weil ich Sammler bin“, antwortete der Angeklagte.

Die Geschworenen kamen schließlich einstimmig zu ihrer Entscheidung, die zu dem Schuldspruch führte. Wie Richter Kriz sagte, war dem Mann sein Tatsachengeständnis und seine Unbescholtenheit zugutegekommen. Erschwerend fielen jedoch der lange Deliktzeitraum und die schiere Menge der gesammelten Gegenstände ins Gewicht.

Der 75-Jährige nahm das Urteil an, Staatsanwältin Ebner gab keine Erklärung ab. Die beschlagnahmten Gegenstände werden allesamt vernichtet.

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