Studie der Universität

FPÖ-Initiativen voll „Abwertungen und Feindbilder“

Salzburg
04.03.2019 09:05

Seit in Salzburg der neue Landtag im Juni 2018 die Arbeit aufgenommen hat, ist die FPÖ den Grünen mit einer Vielzahl von parlamentarischen Initiativen aufgefallen, die von Polemik, Diffamierungen und einer aggressiven Sprache strotzen. Der Landtagsklub hat darum die bis Ende Jänner von der FPÖ eingebrachten 136 Anfragen und Anträge wissenschaftlich untersuchen lassen. Nun liegt das Ergebnis vor. „Die FPÖ setzt in der politischen Auseinandersetzung ganz deutlich auf Abwertung und Feindbilder“, erklärte Studienautorin und Kommunikationswissenschaftlerin Martina Thiele von der Universität Salzburg.

So unterschiedliche Themen wie Verkehr, Umweltschutz, Ökologie, Arbeit oder Kultur würden immer wieder mit dem Thema „Fremde“ verknüpft. „Alle Übel, die in der Gesellschaft auftreten, werden in Zusammenhang mit Migration und Asyl gesetzt, egal ob das Gewalt an den Schulen, Drogenproblematik oder Umweltverschmutzung ist.“

Das zeige ein Beispiel aus dem Pinzgau, wo im Sommer das Ufer eines Gebirgssees auch durch arabische Touristen vermüllt worden war. „Die Gemeinde hatte einfach zu wenige Mistkübel aufgestellt, aber die FPÖ hat das sofort in einen antimuslimischen Kontext gestellt“, sagte Sabine Bruckner, Co-Autorin der Studie. In der Anfrage werde suggeriert, dass durch die „arabische Invasion“ „willentliche Umweltzerstörung“ betrieben werde - nicht ohne auch das Stereotyp des „grausamen Schächtens“ abzurufen.

„Generell zeigen die Initiativen der FPÖ ein starkes Denken in Gegensätzen“, berichtete Thiele. „Auf der einen Seite stehen ‘Wir Österreicher‘, die hier schon seit Generationen leben. Auf der anderen Seite finden sich ‘Die Anderen‘, die Fremden, aber auch der politische Gegner.“ Also die „etablierten Parteien“, die dafür gesorgt hätten, dass „die Fremden“ ins Land kommen, wo man sie „gewähren lasse“ und sie „sogar noch finanziell unterstütze“.

Das zeige sich bei Anfragen zu Sozialleistungen, die mit dem Bezug auf die „Flüchtlingskrise“, die „Flüchtlingswelle“ oder die Chiffre „2015“ eingeleitet werden. Unterstützung für Migranten durch Mindestsicherung, Heizkostenzuschuss, Fahrkarten oder Psychotherapie werde grundlegend infrage gestellt. „Hier wird Sozialneid geschürt“, betonte Thiele. Antimuslimischer Rassismus finde sich auch beim Vorwurf der „Kindeswohlgefährdung“, die dadurch entstehe, dass muslimische Kinder während des Fastenmonats Ramadan „völlig geschwächt im Unterricht sitzen“.

Bemerkenswert sei auch eine Anfrage zur Tätigkeit von aufsuchenden Schulsozialarbeitern, in der von „gewaltbereiten Flüchtlingskindern aus Kriegsgebieten“ die Rede ist, die eine „potenziell gefährlichere Bedrohung als herkömmliche Problemkinder darstellen“ würden. Zugleich wurde aber Schulsozialarbeitern, die aus dem gleichen Umfeld oder Herkunftsland wie die Problemschüler kommen sollen, unterstellt, „ihre Verantwortung zu religiösen Zwecken“ zu missbrauchen, konkret zu „Hasspredigten“ oder die „Rekrutierung für islamistische Anschläge“.

Salzburg selbst werde als „weltoffenes, tolerantes und christlich geprägtes Abendland“ beschrieben, und die „Sicherung eines Weiterbestehens unserer Sitten und Gebräuche“ gefordert. Die „autochthone Bevölkerung“, also die hier Geborenen und Einheimischen, werde als besonders schützenswert hingestellt. So äußerten die Freiheitlichen etwa die Befürchtung, dass die „originalen Lungauer aussterben“, wenn die Geburtenstation in der Landesklinik Tamsweg geschlossen wird.

Auch Gelder für Entwicklungszusammenarbeit oder Kulturschaffende wurden ständig hinterfragt. Zudem lasse sich in den Initiativen der FPÖ eine Abwehrhaltung gegenüber Feminismus, Gender-Theorien, Homosexualität und einen geschlechtergerechten Sprachgebrauch feststellen. „Familie im Sinne der FPÖ ist nur die heterosexuelle, auf Dauer angelegte Beziehung zwischen einem österreichischen Mann und einer österreichischen Frau mit dem Ziel, für Nachwuchs zu sorgen“, stellten die Studienautorinnen fest.

Widersprüche werden bewusst in Kauf genommen, sagte Thiele. Mit Verweis auf die unterdrückte Frau im Islam stelle man sich selbst oft als fortschrittlich, progressiv und aufgeschlossen dar. „Aber wenn es um innenpolitische Fragen wie Kinderbetreuung geht, heißt es eher: Die Frau soll zu Hause bleiben.“

Die Auftraggeberin der Studie, die scheidende grüne Klubchefin im Landtag Martina Berthold, will die Ergebnisse nutzen, um die von der FPÖ geschaffenen Bilder besser zu erkennen. „Es ist Zeit, es deutlicher zu benennen, wie hier Sprache genutzt wird. Diese wird ja nicht nur in den parlamentarischen Initiativen, sondern auch in den Diskussionen im Landtag oder in FPÖ-Presseaussendungen verwendet.“ Denn durch die Verwendung gewisser Begrifflichkeiten werde die Grenze des Sagbaren sukzessive verschoben.

Das habe auch für die politische Debatte und die politische Kultur Folgen, diagnostizierte Thiele, und stelle auch die Medien vor Herausforderungen. „Es braucht kritische Journalisten, die bestimmte Sprachstrategien und Deutungsmuster erkennen und sie nicht unhinterfragt übernehmen. Denn sonst wird die politische Agenda zur Medienagenda“, warnte die Wissenschaftlerin.

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