Terrorexperte warnt:

„Nicht alle IS-Kämpfer auf einmal zurückholen!“

Ausland
18.02.2019 10:40

Rund 800 Kämpfer des IS sind nach der Zerschlagung der Terrormiliz in Syrien festgenommen worden. Jetzt wollen viele von ihnen zurück in ihre Heimat, unter anderem nach Deutschland und Österreich, um dort ihre Strafen abzusitzen. Auch US-Präsident Donald Trump fordert EU-Staaten auf, IS-Söldner zurückzunehmen. Bevor das allerdings passiert, brauche es laut dem renommierten Terrorexperten Peter Neumann noch einige wichtige Vorkehrungen.

Alle auf einmal zurück ins Land zu holen - so wie es Frankreich mit rund 130 französischen Häftlingen vorhat -, sei laut Neumann ein großes Problem. „In Frankreich existieren überhaupt nicht die Strukturen, um mit einer solch großen Zahl fertigzuwerden“, so der Terrorexperte in einem „ZiB 2“-Interview am Sonntag. Zwar sei er dafür, dass Personen, die die Staatsbürgerschaft besitzen, „auch zurück in ihre Heimatländer können“, allerdings müsse dies „sukzessive eins nach dem anderen geschehen“.

„Einfache Fälle“ zuerst holen
Laut dem Experten sei es wichtig, die „einfachen Fälle“ zuerst zurück ins Land zu holen. Die Aussagen jener, die zurückkommen, könne man dann gegen die Menschen verwenden, die später kommen. „Das macht die Beweisführung einfacher“, so Neumann.

Diese Leute könne man dann aber nicht einfach ins Gefängnis stecken und die Tür zumachen. „Man muss erst die Strukturen aufbauen und dafür sorgen, dass die Leute tatsächlich auch verurteilt werden können, dass man ausreichend Beweise hat, dass man eine gute Rechtslage hat“, so Neumann. Zudem müsse man darauf achten, dass die Betroffenen, die im Gefängnis sitzen, nicht andere Personen radikalisieren.

„Desillusionierung“ und „Legitimationskrise“ bei IS-Anhängern
Laut Neumann gebe es allerdings auch IS-Anhänger, die durch die Erfahrungen mit der Terrormiliz „desillusioniert“ seien. Auch dafür müsse man vorbereitet sein und diesen Menschen dann etwas anbieten, so Neumann, etwa den Austausch von Informationen gegen Hafterleichterung.

Auf die Frage, ob die Zerschlagung des IS in Syrien auch Auswirkungen auf die Terrorgefahr in Europa habe, meinte Neumann, dass es derzeit eine Art „Flaute“ bzw. eine „Legitimationskrise“ bei den IS-Anhängern gäbe. Wenn das „Kalifat“ zusammenbricht, würden sich viele Anhänger fragen, was da eigentlich los sei. Das bedeute allerdings nicht, dass die Terrorgefahr gebannt ist. „Es ist durchaus vorstellbar, dass sich einige Menschen, die für den IS gekämpft haben, im Laufe der nächsten Jahre neu organisieren bzw. neue Organisationen gründen“, so der Experte. Deswegen sei es wichtig, vor allem jetzt genau aufzupassen.

Trump fordert Aufnahme von IS-Kämpfern in Europa
Mit dem Rückzug der US-Truppen aus Syrien befürchten viele Beobachter, dass die kurdische Selbstverwaltung zusammenbricht und die IS-Kämpfer völlig unkontrolliert freigelassen werden. Für andere Länder würde dies eine Gefahr bedeuten. Laut Trump soll dies verhindert werden, indem jedes Land seine Landsleute zurücknimmt und verurteilt. Aus Deutschland hieß es dazu allerdings, dies sei „außerordentlich schwierig zu realisieren“.

Kneissl: Überlegung jeder einzelnen Regierung
Außenministerin Karin Kneissl hat sich zurückhaltend zur Forderung von Trump gezeigt. Es sei in den Überlegungen jeder einzelnen Regierung, in klarer Abstimmung mit den Sicherheitsbehörden zu handeln, dies gelte auch für Österreich, sagte Kneissl am Montag. So hätten sich 2014 eine Reihe junger Frauen aus Österreich dem IS angeschlossen. Es gebe prioritäre Fälle, etwa wo es um ein zweijähriges Kind gehe, „hier greifen Überlegungen der konsularischen Schutzpflicht“, so Kneissl weiter.

„Unverhältnismäßig hohe Zahl“
Aus Österreich waren laut dem aktuellen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2017 insgesamt 313 „Foreign Fighters“ bekannt. Wie viele IS-Kämpfer aus Österreich jetzt genau in Syrien sind, könne man nicht sagen, so Kneissl, „die genaue Zahl schwankt“. Österreich habe aber eine „unverhältnismäßig hohe Zahl“ gemessen an seiner Bevölkerung - so wie Dänemark und Belgien auch. Man wisse zudem, dass einige IS-Kämpfer ums Leben gekommen seien.

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