„Wort des Jahres 2018“

Jurychef: „Der Ton wird immer menschenfeindlicher“

Österreich
03.11.2018 06:00

Der Countdown für das „Wort des Jahres“ läuft. Im Gespräch mit der „Krone“ erläutert Initiator und Juryvorsitzender Rudolf Muhr, was hinter der „Spaßabstimmung“ steckt. Und warum er sich um unseren Sprachgebrauch sorgt.

Stellen Sie sich vor, Sie müssten das Jahr 2018 mit einem Wort beschreiben - welche Begriffe schwirren Ihnen im Kopf herum? Welches Thema hat heuer besonders dominiert? 1999 brachte Muhr von der Forschungsstelle Österreichisches Deutsch das perfekte wissenschaftliche Werkzeug nach Österreich - nämlich die Wahl zum „Wort des Jahres“. Denn auch wenn die Abstimmung von vielen mit einem Augenzwinkern verfolgt wird - eines kann man ihr nicht absprechen: Sie ist ein Spiegel unserer Zeit, der gesellschaftsrelevante Themen, die das Land prägen, aufzeigt. „Mit der Wahl werden konsequent wichtige Ereignisse in Österreich abgebildet. Es ist quasi ein Zeitgeschichtearchiv“, erläutert Muhr.

600 Einsendungen pro Kategorie
Im Laufe der vergangenen Jahre wurde die Abstimmung auf insgesamt fünf Kategorien erweitert: Neben dem Wort des Jahres können die Österreicher auch das Unwort, das Jugendwort sowie den Negativ-Spruch und Positiv-Spruch des Jahres küren. Muhr hält den Vorsitz eines 11-köpfigen Expertengremiums, das aus allen Vorschlägen eine Endauswahl trifft: „Wir bekommen zwar fast 600 Einsendungen pro Kategorie, zehn bis 15 Wörter werden aber immer verstärkt vorgeschlagen.“

Bis 3. Dezember kann online abgestimmt werden
Am Mittwoch startete nun die Abstimmung, bis 3. Dezember können alle Österreicher einen aus mehreren Favoriten pro Kategorie küren. Das Endergebnis steht am 6. Dezember fest. 

2017 war „Vollholler“ an der Spitze
2017 schaffte es das Wort „Vollholler“ an die Spitze. Die Formulierung stammt von Ex-Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), der auf eine Äußerung des damaligen Außenministers Sebastian Kurz (ÖVP) reagierte, wonach die sogenannte „Mittelmeer-Fluchtroute“ geschlossen werden sollte. Zitat: „Das ist, ehrlich gesagt, der nächste populistische Vollholler.“

Brisante Politik-Themen geben den Ton an 
„Jetzt zum Beispiel hat Österreich nach vielen Jahren der Großen Koalition eine neue Regierung, das spiegelt sich in Kandidaten wie Nichtrauchervolksbegehren oder Arbeitszeitflexibilisierung wider“, erläutert Muhr. Brisante Politik-Themen geben bei der Abstimmung zwar stets den Ton an, eines hat sich aber verändert: „Der fremden- und menschenfeindliche Ton wird immer schlimmer, das sehen wir auch an den Einsendungen. Das macht mir große Sorgen.“

Einen Tipp für die Sieger will der Forscher nicht abgeben. Mit einem Schmunzeln gesteht er: „Meine Kandidaten fallen Jahr für Jahr durch. Daher sage ich aus Prinzip nicht, wer meine Favoriten sind.“

Jakob Traby und Alexandra Halouska, Kronen Zeitung

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