53% für Erdogan

„Panne“ vor Wahl sagte tatsächlich Ergebnis voraus

Ausland
25.06.2018 13:32

Wenn das nicht Wasser auf die Mühlen der türkischen Opposition ist: Der alte und neue Präsident der Türkei, Recep Tayyip Erdogan, hat die Präsidentschaftswahl nach vorläufigen Ergebnissen mit rund 53 Prozent gewonnen. Dies ist ausgerechnet die Zahl, die bei einer angeblichen TV-Panne drei Tage zuvor als Ergebnis für den Wahlsieg Erdogans mehrmals aufgeschienen war. Schon da vermuteten Oppositionspolitiker einen bereits feststehenden Ausgang der Wahl, der „Zufall“ der nun identen Zahl dürfte die Manipulationsvorwürfe weiter anheizen.

Die Einblendung wäre der Beweis für „den ungeheuren Wahlbetrug“, hieß es bereits Mitte der Woche, als dem regierungsnahen TV-Sender TVNet der Patzer geschah. Nun gewann Erdogan tatsächlich mit rund 53 Prozent die Präsidentschaftswahl am Sonntag.

Zwar schnitt Herausforderer Muharrem Ince bei der Einblendung schlechter ab als tatsächlich - er kam auf rund 31 Prozent statt der in der Einspielung angegebenen 26 Prozent -, doch den Manipulationsvorwürfen gibt dies trotzdem weiteren Aufschwung.

Doch auch ohne diesen - möglicherweise auch nur - Zufall wurde am Sonntag von zahlreichen Unregelmäßigkeiten berichtet. Laut der größten Oppositionspartei CHP sollen Wahlbeobachter mit „Schlägen, Drohungen und Angriffen“ von den Urnen ferngehalten worden sein. In sozialen Medien wurden Bilder und Videos gepostet, die zeigen sollen, wie größere Mengen an ausgefüllten Stimmzetteln in Urnen geworfen und ausländische Kämpfer aus Syrien mit Bussen ohne Kennzeichen über die Grenze gebracht wurden.

Die ehemalige Grünen-Nationalratsabgeordnete Alev Korun, die im Vorjahr als Wahlbeobachterin in der Türkei war und auch diesen Wahltag intensiv verfolgte, schrieb auf Twitter von einem Auto, in dem „vier Säcke voller Stimmzettel“ gefunden worden seien. Diese seien bereits abgestempelt gewesen. Die drei Insassen seien von der Polizei verhaftet worden.

Erdogan erklärte sich vor Auszählung aller Stimmen zum Sieger
Zudem erklärte sich Erdogan vor Auszählung aller Stimmen zum Sieger dieser Wahl - was Ince und seine Oppositionspartei CHP nicht nachvollziehen können: „Niemand soll sich zu früh freuen, niemand soll zu früh feiern“, sagte CHP-Sprecher Bülent Tezcan am Sonntagabend.

Opposition: Erdogan „hatte zu keiner Zeit mehr als 48 Prozent der Stimmen“
Auch stößt sich die Partei an der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu, die zunächst ein sehr hohes Ergebnis - mehr als 60 Prozent - für Erdogan kolportiert hatte. Tezcan warf der Agentur daraufhin „offene Manipulation“ vor. Nach den seiner Partei vorliegenden Teilergebnissen habe Erdogan zu keiner Zeit 48 Prozent der Stimmen überschritten. Doch auch ihre „Plattform für faire Wahlen“, die aus Wahlbeobachtern der Opposition besteht, kam auf ein vorläufiges Ergebnis von rund 53 Prozent für Erdogan.

Türkische Regierung ließ Zufahrtsstraßen blockieren
Obwohl Erdogan die Wahl als eine „demokratische Revolution“ bezeichnete, ließ die türkische Regierung vorsorglich die Zufahrtsstraßen zu den Zentralen der regierenden AKP und der Wahlbehörde (YSK) in der Hauptstadt Ankara mit Lastwagen blockieren. Sie bereitete sich damit auf die Möglichkeit von Protesten gegen das Wahlergebnis vor.

Erste Proteste in Ankara, Istanbul und Izmir
Erste Demonstrationen gab es bereits am Sonntag vor Mitternacht. Vor der Parteizentrale der CHP, der größten Oppositionspartei, in Ankara versammelten sich zahlreiche Anhänger. Die Menge skandierte: „Wir werden gewinnen, indem wir Widerstand leisten!“, und „Recht, Justiz, Gerechtigkeit“. Nach Angaben der Plattform „dokuz8haber“ versammelten sich Oppositionelle auch vor den Bezirkswahlbehörden in den Istanbuler Stadtteilen Besiktas und Kadiköy. Die regierungskritische Online-Plattform sendika.org meldete, in Izmir hätten sich Oppositionelle zu einem Sitzstreik versammelt.

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