Schwester erstochen

Grünes Licht für Ehrenmord-Prozess in Wien

Österreich
11.06.2018 14:28

Der grausame Ehrenmord, den ein gebürtiger Afghane in Wien-Favoriten an seiner eigenen Schwester (14) begangen haben soll, hatte im September 2017 für Entsetzen gesorgt. Dem jungen Mann wird vorgeworfen, dem Mädchen mit einem Kampfmesser tödliche Verletzungen - die Ermittler stellten mindestens 25 Stichverletzungen fest - zugefügt zu haben. Durch einen Einspruch des Anwaltes des Täters hat sich der Prozessauftakt bisher verzögert, doch nun ist das Alter des Angeklagten offenbar geklärt. Das Wiener Oberlandesgericht hat deshalb am Montag den Einspruch abgewiesen, womit die Bahn für die voraussichtlich im August beginnende Verhandlung frei ist.

Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer nunmehr rechtskräftigen Anklageschrift davon aus, dass der Beschuldigte im Tatzeitraum zumindest 21 Jahre und drei Monate alt war. Sie stützt sich dabei auf die Feststellungen eines Gerichtsmediziners und eines Anthropologen, die zum Schluss kommen, dass der Bruder des Opfers zum Tatzeitpunkt nicht - wie von ihm behauptet - 18, sondern schon über 21 Jahre alt war. Damit käme für ihn das Erwachsenenstrafrecht zum Tragen, das für Mord zehn bis 20 Jahre oder lebenslange Haft vorsieht.

Video aus dem Archiv: Der Tod einer Abtrünnigen

Der Verteidiger hatte die Einschätzung der Anklagebehörde nicht akzeptiert. Aufgrund der Reisepass-Daten des jungen Mannes und dessen verzögerter Reife ist der Anwalt der Ansicht, sein Mandant wäre am 1. Jänner 1999 geboren. Der Angeklagte selbst hatte an der Feststellung seines Alters nicht aktiv mitgewirkt, indem er eine computertomografische Untersuchung verweigerte.

Motiv: „Familienehre befleckt“
Laut Anklage stach der spätestens am 29. Mai 1996 geborene und damit mittlerweile 22-Jährige mit einem Messer mit einer Klingenlänge von circa 20 Zentimetern zu. Er brachte der Schwester - sie hatte sich als 14 ausgegeben, war laut Obduktionsgutachten zum Zeitpunkt ihres Todes aber schon 17 oder 18 Jahre alt - bis zu acht Zentimeter tiefe Wunden bei. Zum Motiv heißt es in der Anklage, die Getötete hätte „nach Ansicht des Angeklagten die Familienehre befleckt“.

Mädchen flüchtete in ein Krisenzentrum
Das Mädchen war erstmals im Juli 2017 in ein Krisenzentrum geflüchtet, weil es zu Hause wiederholt zu Handgreiflichkeiten gekommen war. Ihr Vater und der ältere Bruder sollen sie immer wieder geschlagen haben. Die Schülerin dürfte sich immer stärker gegen die elterlichen Vorgaben - sie durfte beispielsweise ohne Begleitung nicht außer Haus und musste Kopftuch tragen - aufgelehnt haben. Später ließ sie sich zu einer Rückkehr überreden, ehe sie sich vier Tage vor ihrem Tod erneut in ein Krisenzentrum begab. Den Betreuern erzählte sie, sie hätte Angst vor ihrer Familie. Ihr Vater wolle mit ihr nach Afghanistan fliegen, um sie „gegen ihren Willen zu verheiraten und sie dort alleine zurücklassen“. Als sie sich widersetzte, soll sie gefesselt und und in der Wohnung eingesperrt worden sein.

In Innenhof mit Kampfmesser erstochen
Der Tochter gelang es, sich zu befreien und zu fliehen. Am 18. September passte sie ihr älterer Bruder in der U-Bahn-Station Reumannplatz ab, als sie zur Schule wollte. Er wollte sie überreden, wieder nach Hause zu kommen. Da die Schwester nicht mit sich reden ließ, zog er in einem Innenhof in der Puchsbaumgasse sein Messer und stach zu.

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