Kein Ja zur Koalition
Fünf-Sterne-Bewegung will nun Präsidenten absetzen
Nach der gescheiterten Regierungsbildung in Italien hat Staatspräsident Sergio Mattarella heftige Kritik von den beiden Verhandlungspartnern Fünf-Sterne-Bewegung und Lega geerntet. Das Staatsoberhaupt wird beschuldigt, die Bildung einer „Regierung des Wandels“ aus den beiden europakritischen Parteien gestoppt zu haben. Die Fünf-Sterne-Bewegung fordert nun die Absetzung Mattarellas. Parteichef Luigi Di beklagte am Sonntag auf Facebook: „Wahlen sind sinnlos, denn die Regierung wird von Ratingagenturen, Finanz- und Bankenlobbys bestimmt.“
„Wir hatten eine Regierungsmannschaft, wir waren bereit zu regieren, und uns wurde Nein gesagt, (...) weil Ratingagenturen in ganz Europa in Sorge wegen eines Mannes waren, der den Wirtschaftsminister machen sollte“, teilte Di Maio mit Blick auf die von Staatschef Mattarella abgelehnte Nominierung des europakritischen Wirtschaftsexperten Paolo Savona mit. „Italien ist ein souveränes Land. Wenn man eine Regierung des Wechsels verhindern will, muss man es uns offen sagen. Ich bin wütend“, so der 31-Jährige.
Lega-Chef Matteo Salvini glaubt offenbar noch an demokratische Wahlen, denn er forderte die sofortige Festlegung eines Datums für Neuwahlen. „Entweder wird morgen (Montag) der Termin für Neuwahlen festgelegt, oder wir protestieren in Rom“, drohte Salvini auf Facebook. Salvini rechnet mit Stimmenzuwachs für seine Partei, sollte es zu Neuwahlen kommen. Bei den Parlamentswahlen am 4. März hatte die Rechtspartei 17 Prozent der Stimmen bekommen. Aber auch Salvini sieht in Mattarella keinen geeigneten Präsidenten: „Mattarella vertritt nicht die Interessen der Italiener, sondern jene anderer Länder. Wir sind eine deutsche oder französische Kolonie. Wir sind ein besetztes Land.“
Berlusconi hat keine Angst vor Neuwahlen
Der Chef der konservativen Forza Italia, Silvio Berlusconi, sieht die Lage anders. Er warf der Fünf-Sterne-Bewegung „Verantwortungslosigkeit“ vor. Er warte auch auf die nächsten Beschlüsse des Staatschefs, seine Forza Italia fürchte Neuwahlen jedoch nicht, teilte Berlusconi in einer Presseaussendung mit. Nachdem vor zwei Wochen ein gegen ihn verhängtes Ämterverbot aufgehoben worden war, könnte der 81-jährige Medienzar bei Neuwahlen wieder für einen Parlamentssitz kandidieren.
Auch der interimistische Sozialdemokraten-Chef Maurizio Martina kritisierte die Attacken der Fünf Sterne-Bewegung gegen Mattarella. „Ihr Angriff auf den Präsidenten und auf die demokratischen Institutionen ist einfach unerhört. Mattarella hat im Interesse aller Italiener agiert und wir danken ihm dafür“, sagte Martina.
Kommt nun die nächste Technokraten-Regierung?
Nun ist der angesehene Wirtschaftsexperte Carlo Cottarelli die letzte Hoffnung des italienischen Staatschefs. Mattarella beauftragte nämlich den 64-Jährigen mit der Bildung einer Expertenregierung, die Italien bis zu Neuwahlen führen soll. Der frühere Mitarbeiter des Internationalen Währungsfonds trat 2013 als Sparkommissar der Regierung unter Enrico Letta in Erscheinung. Die Staatsausgaben sollten gekürzt, Verschwendung in der öffentlichen Verwaltung aktiv bekämpft werden.
Cottarelli stellte dem Parlament einen ehrgeizigen und schmerzhaften Sparplan vor, mit dem Italien bis 2016 zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) hätte kürzen sollen. Bei dessen Umsetzung stieß Cottarelli jedoch auf erhebliche Hindernisse.
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