Zweifache Mutter tot

Kunstfehler: Gutachter kritisiert Spital heftig

Oberösterreich
25.05.2018 05:59

Wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassung wird sich eine 31-jährige Neurologin des Linzer Krankenhauses der Barmherzigen Brüder vor Gericht verantworten müssen. Die Ärztin soll, wie berichtet, bei einer Patientin (36) aus Bad Zell statt einer Gehirnblutung eine Migräneattacke diagnostiziert haben - diese starb. Der Gerichtsgutachter fand für die Verteidigungsstrategie des Spitals vernichtende Worte und übt heftige Kritik.

Was wird der 31-jährigen Neurologin vorgeworfen? Sie war am 18. November 2016 diensthabende Assistenzärztin in der Akutaufname der Barmherzigen Brüder. Laut Anklage unterließ sie es „entgegen der in der medizinischen Profession erforderlichen Sorgfalt und entgegen den Regeln der ärztlichen Kunst“, bei der Patientin Sabine W. (36) aus Bad Zell eine „unbedingt erforderliche klinisch indizierte Abklärung der Kopfschmerzen mittels CCT (craniale Computertomographie) vorzunehmen“.

Assistenzärztin hätte Kollegen holen müssen
Außerdem hätte die Assistenzärztin aufgrund ihrer „unausgereiften fachärztlichen Kompetenz“ einen Facharzt hinzuziehen müssen, so die Staatsanwaltschaft. Die 31-jährige hat deswegen laut Anklage das Vergehen der fahrlässigen Tötung durch Unterlassung begangen. Detail am Rande. Die beschuldigte Medizinerin ist weiterhin im Krankenhaus beschäftigt.Verteidigungsstrategie ging gründlich schiefDie Anklageerhebung dauerte deswegen so lange, weil der Verteidiger der Barmherzigen Brüder trotz eines vernichtenden Gutachtens - wie berichteten - ein Ergänzungsgutachten verlangte. Experte Primar Michael Huemer nahm sich dabei kein Blatt vor den Mund. So kritisierte er einerseits die „geradezu rührende Naivität des Verteidigers“ und verweist auf eine „doch nicht unerhebliche Diskrepanz“ zwischen dem Ambulanzbericht und den Aussagen der Mutter und des Ehemanns der Verstorbenen.

„Bemerkenswert dürftiges Verständnis für Probleme der Akutneurologie“
von Wirklich ärgerlich wird Gutachter Huemer aber, wenn es um die Stellungnahme des Vorgesetzten der Assistenzärztin geht: „Die Behauptung, dass im gegenständlichen Fall ein CCT ,nicht indiziert‘ gewesen sei, verrät nach Dafürhalten des Sachverständigen ein bemerkenswert dürftiges Verständnis für Probleme der Akutneurologie.“

Sabine W. starb am 20.11. 2016 an den Folgen einer „Compressio Cerebi“, also einer Hirnquetschung. Sie war mit der Diagnose Migräne-Attacke heimgeschickt worden.

Christoph Gantner, Kronen Zeitung

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