Münster-Anschlag

Lenker war „Einzeltäter ohne politisches Motiv“

Ausland
08.04.2018 14:49

Nach dem blutigen Anschlag von Münster, bei dem am Samstag ein 48-jähriger Deutscher mit einem Kleinbus in einen Gastgarten gerast war und dabei zwei Menschen tötete sowie 20 weitere verletzte, ehe er am Tatort Selbstmord verübte, herrscht in Deutschland Trauer und Entsetzen. Die Ermittler suchen noch immer nach einem möglichen Motiv für das Verbrechen, können nach der genauen Untersuchung des Tatorts und der vier Wohnungen des Täter einen politischen Hintergrund - sowohl islamistischer als auch rechtsextremer Natur - allerdings ausschließen. Der Todeslenker sei außerdem „mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Einzeltäter“ und wurde nicht von zwei Komplizen unterstützt, wie am Samstag nach entsprechenden Zeugenaussagen kurzfristig vermutet worden war.

„Wir haben die Wohnungen des 48-Jährigen - zwei in Ostdeutschland, zwei in Münster - intensiv durchsucht. Es hat keinerlei Hinweise auf einen politischen Hintergrund gegeben. Die Motive und Ursachen dürften in dem Mann selber liegen“, sagte der Polizeipräsident von Münster, Hajo Kuhlisch. Der Täter - er hieß Jens R. und wurde am 1. Mai 1969 im sauerländischen Olsberg geboren - war der Polizei demnach bereits wegen kleinerer Delikte bekannt. Es habe 2015 und 2016 Verfahren wegen Bedrohung, Sachbeschädigung, eine Verkehrsunfallflucht und Betrug gegeben - sie wurden allesamt eingestellt.

Die Nachforschungen seien aber „noch lange nicht zu Ende. Es ist die Stunde der Ermittler“, erklärte Innenminister Horst Seehofer, der am Sonntag nach Münster gereist ist, um den Opfern und deren Angehörigen sein Mitgefühl auszusprechen. „Dieses feige und brutale Verbrechen hat uns alle sehr betroffen gemacht“, sagte der CSU-Politiker.

Waffen, Drähte und Böller im Tatfahrzeug gefunden
Die Polizei entdeckte bei ihren Nachforschungen im Tatfahrzeug neben der Tatwaffe noch eine Schreckschusspistole, Drähte und ein Dutzend Böller. Die Drähte, die aus dem VW T5 California hingen, waren jedoch keine Bauteile einer Bombe oder Sprengfalle. In einer der Wohnungen des 48-Jährigen wurde außerdem eine weitere Waffe gefunden: ein unbrauchbar gemachtes Sturmgewehr vom Typ AK47. Gelebt hat der Mann seit mehreren Jahren in Münster in der Nähe des Tatorts.

Opfer der Amokfahrt identifiziert
Die Polizei identifizierte inzwischen auch die beiden Todesopfer. Laut Staatsanwaltschaft und Polizei handelt es sich um eine 51-jährige Frau aus dem Kreis Lüneburg und einen 65-jährigen Mann aus dem Kreis Borken. Ihre Leichen wurden gegen 1.15 Uhr abtransportiert. Einige der 20 Verletzten befinden sich noch immer in Lebensgefahr. Die nach der Todesfahrt weiträumig abgeriegelte Münsteraner Altstadt ist seit Sonntagmittag wieder geöffnet. Touristen und Anrainer dürfen wieder ins Zentrum, nur ein kleiner Bereich unmittelbar um den Tatort blieb gesperrt.

Polizei lobt Bevölkerung von Münster
Die Einsatzkräfte lobten das besonnene Verhalten der Menschen. „Die Polizei konnte die notwendigen Maßnahmen schnell und reibungslos treffen“, erklärte Einsatzleiter Martin Fischer. „Alle haben sich vorbildlich verhalten und den Tatortbereich sehr schnell verlassen.“ Hilfreich sei gewesen, dass Zeugen ihre Beobachtungen gemeldet hätten. Auch habe es nach der Todesfahrt eine enorme Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung gegeben. Um den Verletzten zu helfen, wurde zu Blutspenden aufgerufen. Binnen kürzester Zeit standen Menschen Schlange, um zu helfen. Der Andrang war so groß, dass der Aufruf zurückgenommen werden musste.

Trauer und Entsetzen in Münster
Sonntagabend wird im Paulus-Dom von Münster ein Gedenkgottesdienst abgehalten. „Ganz Münster trauert über dieses schreckliche Ereignis. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen der Getöteten. Den Verletzten wünschen wir schnelle und baldige Genesung“, sagte der Oberbürgermeister der Stadt, Markus Lewe.

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