2/3-Mehrheit nötig

Jetzt beginnt das Feilschen ums Kopftuchverbot

Österreich
04.04.2018 16:32

Prinzipiell wäre auch die Opposition für das von der Regierung geplante Kopftuchverbot in Kindergärten und Volksschulen. Aber das politische Spiel läuft nun einmal anders - SPÖ und NEOS stellen Bedingungen für ihre Zustimmung. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) betont zwar, nicht verhandeln zu wollen, dennoch beginnt das Feilschen.

Schon jetzt ist klar: In Volksschulen dürfen Mädchen bald kein Kopftuch mehr tragen. Denn das kann die Regierung mit einfacher Mehrheit beschließen. Für das Verbot im Kindergarten ist jedoch eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat notwendig - oder eine sogenannte 15a-Vereinbarung, der alle Bundesländer zustimmen. Zweiteres ist wohl noch unwahrscheinlicher als die Unterstützung vonseiten einer Oppositionspartei auf Bundesebene.

Breite Debatte und ein Maßnahmenpaket
Doch auch das folgt den bekannten politischen Gesetzmäßigkeiten: kein Geschäft ohne Gegengeschäft. Prinzipiell sind SPÖ und NEOS für das Vorhaben der Regierung, sie zeigen sich auch gesprächs- und verhandlungsbereit - aber sie verlangen natürlich auch etwas dafür.

„Die SPÖ lehnt es ab, wenn Mädchen im Kindergarten und in der Volksschule Kopftuch tragen“, sagt SPÖ-Chef Christian Kern. Doch die Regierung habe die enormen Herausforderungen der Integration bisher ignoriert, so der Ex-Kanzler weiter. Er fordert daher ein ganzes Maßnahmenpaket: keine Kürzungen bei Integrationsmaßnahmen im Bildungsbereich, ein zweites Gratiskindergartenjahr und ein Ganztagsschulausbau inklusive kostenlosem Essen. Darüber will Kern verhandeln, und nicht über „Einzelmaßnahmen“.

Ähnlich klingt das bei NEOS-Obmann Matthias Strolz. Er sei für Gespräche offen, fordert aber eine wesentlich breitere Diskussion, etwa einen Gipfel zum Thema Integration und Bildung, an dem auch die Religionsgemeinschaften teilnehmen. „Wir brauchen einen Islam europäischer Prägung, der mit unseren Grundregeln vereinbar ist“, so Strolz im Gespräch mit der „Krone“.

Ausarbeitung bis Anfang der Sommerferien
„Wir sehen keine Notwendigkeit, in Verhandlungen zu treten“, betont Bundeskanzler Kurz. Wenn er das Gesetz aber durchbringen möchte, wird er sich wohl auf den einen oder anderen Deal mit SPÖ oder NEOS einlassen müssen. Bis zum Anfang der Sommerferien sollen nun die Minister Heinz Faßmann, Juliane Bogner-Strauß (beide ÖVP) und Karin Kneissl (FPÖ) eine entsprechende Regelung ausarbeiten.

Österreich ist nicht das erste Land in Europa, das über ein Kopftuchverbot nachdenkt. In Frankreich etwa herrscht ein generelles Verbot für Kopftücher in Schulen, in Belgien und Italien dürfen die Schulen selbst entscheiden, in den Niederlanden können Privatschulen ein Verbot erlassen. In der Schweiz gibt es ein teilweises Kopftuchverbot für Lehrerinnen und in Deutschland herrschen sehr unterschiedliche Regeln. Von sehr strikt bis äußerst liberal ist alles vertreten, je nach Bundesland.

Doris Vettermann, Kronen Zeitung

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