Lesachtal in Kärnten

Traditionen auf dem Bauernhof miterleben

Reisen & Urlaub
22.03.2018 09:00

Naturbelassen und wunderschön. Oft scheint es, als wäre die Uhren im Kärntner Lesachtal stehen geblieben oder würden zumindest langsamer gehen. Bäuerliche Handwerkskunst und alte Traditionen wie das „Heiziachn“ sind hier erhalten geblieben. Sie bieten Urlaubern einzigartige Möglichkeiten, einfach einmal abzuschalten, die Zeit im Tal zu genießen oder nach Lust und Laune auch einmal kräftig mit anzupacken.

Der Tisch in der Bauernstube ist reichlich gedeckt. Esther (15), Valerie (14), Martin (11) und Juliana (6), die Kinder des Hauses, sorgen mit ihrem Spiel für das blühende Leben auf dem Hof, und man fühlt sich auch als Gast sofort wohl im Bauernhof am Wiesengrund in Maria Luggau. Hausherrin Helene Lugger hat heute eine spezielle „Frühsuppe“ vorbereitet. Ein echtes Kraftmahl für ihren Mann Mario, dessen Bruder Alexander und die anderen helfenden Hände. Eine Nudelsuppe mit reichlich Fleisch darin. Denn heute ist „Heuziehertag“ und dafür braucht man viel Energie.

Das Heu für die Tiere auf dem Bauernhof, das in den Sommermonaten auf den saftigen, aber teils extrem steilen Almwiesen im Lesachtal gemäht wird, wird mangels Lagerkapazitäten nicht sofort ins Tal gebracht, sondern in „Heuschupfn“ auf den Almen zwischengelagert, bis es in den Wintermonaten im Stall benötigt wird. Doch um es den Tieren dann verfüttern zu können, muss man auf den Berg.

Mit Gamaschen und festen Schuhen geht’s die Heuriese hinauf. „Früher gab es von jeder Bergwiese eine eigene Riese, die einer Bobbahn ähnelt, ins Tal, und alle hatten eigene Namen“, weiß Landwirt Mario Lugger. Heute sind viele zugewachsen, aber es gibt im Lesachtal noch Menschen, die diese bäuerliche Handwerkskunst am Leben halten. „Wie man die ‘Heifiadalen‘ knüpft, haben wir von den Älteren überliefert bekommen, und wenn man das nicht halbwegs regelmäßig macht, dann vergisst man das Wissen.“

Mario und Alexander haben dafür zusätzlich den „Saldobusch“ geschultert, das sind zwei Holzstangen, die den Heubaum bilden, sowie Bindseile mit Holzringen, den sogenannten Klöbel, einen Zügelstrick und der Streime, welche schließlich die vordere Verbindung der Holzstangen darstellt.

Trotz eisiger Kälte ist man nach nur wenigen Minuten schweißgebadet. Das Stapfen durch den meterhohen Schnee fordert. „Deshalb gab’s ja die Frühsuppe zur Stärkung“, schmunzelt der Landwirt, dem der kerzengerade steile Aufstieg fast nichts ausmacht. Verständlich, ist er doch in seinem Nebenberuf Bergführer und weltweit auf Gipfeln unterwegs.

„Das Heu wird auch immer nur vormittags gezogen, wenn’s richtig kalt ist, damit durch die Tageserwärmung das Schmelzwasser nicht von den Bäumen ins Futter tropfen kann“, erklärt Lugger. Oben angekommen, beginnt dann das eigentliche Handwerk. Lugger zeigt vor, wie man die Heufuhre, das „Heufieaderle“, richtig zusammenknüpft.Zuerst benötigt man schöne, kräftige Fichtenäste, die schon im Herbst geschnitten wurden und bei der Heuschupfe lagern.“ Nachdem die Äste, die Holzstange und die Bindseile am Boden aufgelegt sind, wird das Futter daraufgeschaufelt. Immer höher wird der Heuhaufen. “Bei den Fichtenästen ist es wichtig, dass die beiden vorderen, eine Honge, einen kleinen Seitenast, haben, damit dieser mit den Bindseilen nach oben gespannt werden kann, um dem Heufieaderle seine bobähnliche Form zu geben.“ Dann wird der Zügelstrick an den Heuzieher angepasst. Es dauert wenige Minuten, bis Mario und Alexander die erste Heufuhre fertig haben.

„Los geht’s!“ ruft der Lesachtaler und startet los. Es braucht nur einen kurzen Ruck, bevor die Schwerkraft den Rest übernimmt. Der Heuzieher muss aufpassen, dass das ‘Fuder‘ in der steilen Riese gelenkt wird. Kein ungefährliches Unterfangen, wenn Hunderte Kilogramm schieben. “Es ist schon vorgekommen, dass Heuzieher überfahren wurden“, mahnt Lugger zur Vorsicht. Doch seinen Gästen gefällt’s, und an einigen weniger steilen Stellen in der Maria Luggauer Riesen kann man sich auch selbst einmal als Heuzieher versuchen.

Lugger hat es sich zur Aufgabe gemacht, neben seiner notwendigen Arbeit auf dem Hof die bäuerlichen Lesachtaler Traditionen am Leben zu erhalten. “Waren es in den 80er-Jahren noch mehr als 25 Heufuder, die wir von unserer Rastlbergwiese bis in den Stadel gezogen haben, sind es heute aufgrund von Wegerschließungen nur noch drei ‘Heufieaderlan‘ pro Jahr.“

Die Urlauber auf dem Bauernhof im Wiesengrund sind begeistert vom Leben auf dem Hof. Es gibt Lesachtaler Bauernbrot, selbst gebacken von Bäuerin Helene, und das Frühstücksei kann sich jeder selbst im Stall aus dem “Hühnerloch„ holen oder beim Füttern der Tiere mithelfen. “Die Urlauber kommen aus verschiedensten Gründen zu uns ins Tal, sie wollen die intakte Natur erleben und sind am bäuerlichen Leben interessiert. „Luggers Hof liegt dafür ideal, direkt neben der berühmten Basilika von Maria Luggau, wo das Gnadenbild, eine kleine spätgotische Statue der Gottesmutter, besichtigt werden kann. Die Langlaufloipe führt fast direkt vor Luggers Haustüre vorbei, und zahlreiche Skitouren und Schneeschuhwanderungen können hier mit dem Herrn des Hauses unternommen werden.

Dass das Lesachtal ein wahres Skitouren-Dorado ist, muss man wohl niemandem mehr sagen. Von einfachen Gipfeln bis zu schwierigen hochalpinen Touren ist die Auswahl schier endlos. Mario Lugger: “Viele meiner Gäste, die schon weltweit mit Skiern unterwegs waren, finden es im Lesachtal besonders faszinierend, dass es hier so vielfältig und ruhig ist. Man kann hier bei schönstem Wetter und den allerbesten Verhältnissen unterwegs sein, ohne nur einen anderen Skitourengeher zu treffen.“

Im Bauernhof der Familie Lugger ist übrigens auch der Lesachtaler Bauernladen zu finden, ein kleines Geschäft, in dem 50 Lesachtaler Bauern ihre selbst gemachten Produkte verkaufen. Vom Almkäse über Selchfleisch, Brot bis hin zu Strickwaren und Heurechen findet man hier wahrlich alles. Ein Besuch zahlt sich auf jeden Fall aus.

Hannes Wallner, Kronen Zeitung

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