BVT-Affäre

Kern ortet „Machtkampf zwischen ÖVP und FPÖ“

Österreich
09.03.2018 13:31

In der Affäre rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) schaltet sich nun die Opposition ein. So erklärte SPÖ-Chef Christian Kern am Freitag, man sei über die Vorgänge „zutiefst besorgt“: „Es ist aus unserer Sicht ein interner Machtkampf zwischen ÖVP- und FPÖ-nahen Abteilungen, der hier auf offener Bühne ausgetragen wird.“ Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hatte beim BVT sowie bei einigen Mitarbeitern Hausdurchsuchungen durchführen lassen. Für Irritationen hatte dabei allerdings gesorgt, dass der Einsatz von der Abteilung für Straßenkriminalität unter der Leitung eines FPÖ-nahen Polizeibeamten durchgeführt worden war. SPÖ, NEOS und die Liste Pilz kündigten daher am Freitag eine Sondersitzung des Nationalrates an.

Kern nahm die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die die Ermittlungen in der Causa führt, zwar in Schutz: Er gehe davon aus, dass die Staatsanwaltschaft gewohnt sorgsam vorgehe und die nötigen richterlichen Genehmigungen für die Hausdurchsuchung beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung eingeholt habe.

Scharfe Kritik übte der SPÖ-Chef aber daran, dass die Hausdurchsuchung durch die von einem FPÖ-Politiker geführte Einheit zur Bekämpfung der Straßenkriminalität durchgeführt wurde und nicht etwa vom Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung oder von der Cobra, und dass dabei auch Daten der Abteilung für Extremismusbekämpfung beschlagnahmt wurden: „Es ist uns gänzlich unerklärlich, warum in dieser Causa die Festplatte der Referatsleiterin für Extremismusbekämpfung gefilzt wurde.“ 

„Vertrauen massiv erschüttert“
„Offensichtlich haben hier der FPÖ nahestehende Kräfte im Innenministerium die Gelegenheit am Schopf gepackt und Tatsachen geschaffen - weit über den ursprünglichen Ermittlungsinhalt hinaus“, sagte Kern. Er vermutet hinter den Ermittlungen einen internen Kampf im BVT und möglicherweise auch eine Auseinandersetzung zwischen ÖVP und FPÖ. Das Vertrauen in den Sicherheitsapparat und in die Geheimdienste werde dadurch „massiv erschüttert“. „Wir können es uns nicht leisten, einen handlungsunfähigen Geheimdienst zu haben.“

Die SPÖ werde daher eine Sondersitzung des Nationalrats zur BVT-Affäre einberufen, so Kern: „Hier wird eine offensichtlich wohlbegründete Ermittlung der Staatsanwaltschaft genutzt, um den politisch gewünschten Umbau der Sicherheitskräfte zu betreiben.“ Dass Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) bei der Sondersitzung keine Fragen beantworten kann, weil die Staatsanwaltschaft die Causa als Verschlussakt führt, befürchtet Kern nicht. Es gehe auch um Themen, die öffentlich diskutiert werden können. Kickl werde jedenfalls Gelegenheit haben, Klarheit zu schaffen. Sollte das nicht gelingen, „dann steht naturgemäß auch ein Untersuchungsausschuss im Raum“. Beantragt werden soll die Sondersitzung laut SPÖ voraussichtlich noch am Freitag - sie müsste dann binnen acht Werktagen stattfinden.

NEOS berufen Nationalen Sicherheitsrat ein
Die NEOS kündigten am Freitag an, zudem den Nationalen Sicherheitsrat einzuberufen. Parteichef Matthias Strolz sagte dazu: „Wenn die Vorwürfe stimmen, dann ist das eine eine Sauerei und ein Skandal.“ Die Affäre rund um die Hausdurchsuchung und die Festplattenkopien im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung stinke zum Himmel, findet Strolz. Dass eine an und für sich dafür nicht zuständige Einheit die Hausdurchsuchung beim Verfassungsschutz durchgeführt und angeblich hochsensible Geheimdienstinformationen in Kopie mit sich genommen haben soll, sei höchst fragwürdig und zutiefst beunruhigend, so der NEOS-Chef.

Liste Pilz: „Kanzler Kurz kann nicht mehr schweigen“
In die gleiche Kerbe schlagen auch Peter Kolba und Sicherheitssprecherin Alma Zadic von der Liste Pilz. „Solche Aktionen beschädigen nachhaltig das Vertrauen in den Sicherheitsapparat“, sagte Zadic am Freitag bei einer Pressekonferenz. Man habe „50 detaillierte Fragen“ ausgearbeitet, die man Innenminister Kickl im Rahmen der Sondersitzung stellen werde. Parteivorsitzender Kolba kritisierte zudem Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP): „Wir haben, als die Verteilung der Agenden der Regierung bekannt gegeben wurde, sofort gesagt, dass es ein schwerer Fehler war, die Kontrolle über alle drei Geheimdienste sowie alle bewaffneten Mächte dieses Landes in die Hände der FPÖ zu legen. Es ist die Verantwortung von Bundeskanzler Kurz, wenn jetzt FPÖ-Minister großen Schaden über die Regierung bringen. Er kann dazu nicht mehr schweigen.“

Van der Bellen: „Höchst irritierend“
Bundespräsident Alexander Van der Bellen erwartet sich in der BVT-Affäre von den zuständigen Stellen „eine rasche und vollständige Aufklärung“. In einer Stellungnahme meinte das Staatsoberhaupt, die Vorgänge rund um das Bundesamt seien „höchst ungewöhnlich und irritierend“.

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