Laut Prammers Pressesprecher Gerhard Marschall gebe es zwar keine konkreten Anhaltspunkte für ein Leck im Ausschuss. Dennoch habe Prammer, "um jeden Verdacht auszuräumen" und als "Sofortmaßnahme" die Geheimhaltungsbedingungen verschärft. Die weitere Vorgehensweise will die Präsidentin nun am Donnerstag kommender Woche mit den Fraktionsführern und dem Ausschuss-Vorsitzenden Martin Bartenstein (ÖVP) besprechen.
FPÖ hätte vorher informiert werden wollen
Die FPÖ hat für die Verschärfung als erste Partei "kein Verständnis" geäußert. Zwar müsse der mögliche Geheimnisverrat durch eine der U-Ausschuss-Fraktionen genauestens untersucht werden, allerdings rechtfertige der Verdacht nicht den neuerlichen Alleingang der Nationalratspräsidentin, der ausdrücklich im Gegensatz zum Beschluss des U-Ausschusses stehe, kritisierte FPÖ-Generalsekratär Harald Vilimsky: "Prammer hätte zumindest mit den Fraktionen Rücksprache halten müssen. Zudem tagt der Ausschuss schon am Dienstag wieder und hätte die Angelegenheit ruhig auch dort behandelt werden können."
Die Präsidentin verteidigte den Alleingang: "Das ist in der Nationalratsgeschäftsordnung so geregelt, dass das nicht die Klubs zu regeln haben, sondern leider die Präsidentin." Für sie sei wichtig, "dass wir gar nicht mehr in den Verdacht kommen", vertrauliche Akten an die Öffentlichkeit weiterzugeben. Wie das gelingen kann, will sie am Donnerstag besprechen.
Amon ortet "politische Willkür"
Schärfere Kritik an Prammer kam von der ÖVP. Für Fraktionsführer Werner Amon ist die Verschärfung aufgrund der bloßen Behauptung des BZÖ, die Haider-Akten könnten aus dem Ausschuss stammen, "mehr als unverständlich". "Das ist eine Vorverurteilung. Ich hätte mir erwartet, dass sich die Präsidentin schützend vor den Untersuchungsausschuss stellt", kritisiert Amon. Schließlich würden auch ohne U-Ausschuss immer wieder Justiz-Akten an die Medien durchsickern: "Es war ja in der Vergangenheit nicht gerade so, dass die Staatsanwaltschaft ein Hort des Stillschweigens war."
Außerdem grenze das Vorgehen an "politische Willkür", denn ausgerechnet am Tag der Verschärfung seien Informationen über den Grünen Karl Öllinger im Ausschuss eingetroffen, die nun - im Gegensatz zu den älteren Akten - nicht mehr eingescannt würden, kritisiert Amon. Er fordert nun, dass auch die geheimen Akten vom Parlament eingescannt und an die Abgeordneten verteilt werden: "Ich glaube, dass mit dem Kopierschutz an sich ausreichend Vorsorge getroffen wurde."
Bartenstein: Großteil schon eingescannt
Zurückhaltender, wenn auch sichtlich pikiert, reagierte Amons Parteikollege Bartenstein, der auf das für Donnerstag vereinbarte Gespräch mit Prammer verwies: "Ich gehe davon aus, dass uns die Frau Präsidentin zumindest im Nachhinein ihre Motive für diese doch weitreichende Vorgangsweise darlegen wird." Er hofft, dass Prammers Vorgehen von der Öffentlichkeit nicht als Schuldeingeständis des Parlaments gewertet wird. Insgesamt werde die Verschärfung aber "wenig faktische Auswirkung haben", da der größte Teil der Akten schon angeliefert wurde.
Unterschied "geheim" und "vertraulich"
Für die an den Ausschuss übermittelten Akten gelten zwei unterschiedliche Geheimhaltungsstufen, nämlich "geheim" und "vertraulich". Als "vertraulich" eingestufte Akten werden mit Kopierschutz versehen auf DVDs eingescannt und an die Fraktionen verteilt. Für "geheime" Akten besteht dagegen ein Kopierverbot. Sie können nur zu bestimmten Zeiten im Original eingesehen werden. An die Öffentlichkeit weitergeben dürfen die Abgeordneten freilich weder "geheime" noch "vertrauliche" Akten.
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