Nazilieder-Skandal

Ex-SPÖ-Mitglied im Visier der Staatsanwaltschaft

Österreich
30.01.2018 21:51

Der Liederbuchskandal rund um die Burschenschaft des niederösterreichischen FPÖ-Spitzenkandidaten Udo Landbauer bekommt eine völlig neue Wendung: Wie jetzt bekannt wurde, ist ein bisheriger SPÖ-Parteifunktionär unter jenen vier Personen, gegen die die Staatsanwaltschaft wegen möglichen Verstößen gegen das NS-Verbotsgesetz ermittelt. Die SPÖ hat den Funktionär, wie auch jenes Mitglied, dass NS-Devotionalien im Keller aufbewahrte und Familienmitglieder missbraucht haben soll, umgehend aus der Partei ausgeschlossen. Dienstagabend tagte in der Angelegenheit auch der Nationale Sicherheitsrat, dessen Zusammenkunft von den Sozialdemokraten beantragt wurde. Diese zeigten sich nach der Sitzung unzufrieden.

Der ehemalige SPÖ-Funktionär, der zum Kreis der Verdächtigen zählt, war Sektionsmitglied in Wiener Neustadt und ehemals hochrangiger Magistratsbeamter. In der Zeit der SPÖ-Regierung wurde ihm gar das Ehrenzeichen der Stadt verliehen. Wie der "Kurier" berichtet, soll er in den 1990er-Jahren als Hobbymaler die künstlerische Gestaltung des Liederbuchs der Germania übernommen haben. Außerdem war er für die Illustrationen zwischen den Texten zuständig.

Germania-Auftritt bei Liederabend
Als Wiener Neustadt 1994 800-jähriges Bestehen feierte, wurden die Burschen der Germania zu einem Auftritt bei einem Liederabend geladen. Nationalratsabgeordneter Peter Wittmann war damals Bürgermeister der mit absoluter SPÖ-Mehrheit regierten Statutarstadt und hatte offenbar keine Berührungsängste mit der deutschnationalen Verbindung.

SPÖ und Grüne fordern Rücktritt von Landbauer
SPÖ und Grüne forderten in einer Gemeinderatssitzung am Dienstag indes den Rücktritt von Udo Landbauer. Der 31-Jährige ist neben seiner Tätigkeit als Landtagsabgeordneter auch Stadtrat in Wiener Neustadt. ÖVP-Bürgermeister Klaus Schneeberger sieht dafür jedoch aktuell keinen Grund. Als die SPÖ in der Sitzung darauf angesprochen wurde, dass einer der vier Verdächtigen in der Liederbuch-Causa Sozialdemokrat ist, versicherte sie, dass er aus der Partei ausgeschlossen werde, sobald man den Namen wisse.

Der Ausschluss wurde noch Dienstagabend vollzogen. "Derartiges Gedankengut ist mit der SPÖ in keinster Weise vereinbar, deswegen haben wir sofort die Konsequenzen gezogen", erklärte SPÖ-Landesgeschäftsführer Reinhard Hundsmüller in einer Aussendung.

SPÖ nach Sitzung des Sicherheitsrats unzufrieden
Dienstagabend tagte auch der Nationale Sicherheitsrat. Die SPÖ hatte die Zusammenkunft beantragt, als die Vorwürfe gegen Landbauer bekannt geworden waren. Nach der eineinhalb Stunden dauernden Unterredung zeigten sich die Sozialdemokraten unzufrieden. "Es ist vieles ungeklärt geblieben, wie auch schon in den letzten Tagen", berichtete Ex-Minister Thomas Drozda nach dem Sicherheitsrat. Thema war nicht nur der Skandal um das Liederbuch, sondern auch der Einbruch in das Büro von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ). Drozda zeigte sich überrascht, mit welcher "Nonchalance" über den Einbruch und den Wanzenfund diskutiert worden sei. In der Causa Germania sei auf den staatspolizeilichen Unterausschuss im Parlament verwiesen worden, in dem die SPÖ das Thema nun weiter diskutieren will.  Abgelehnt wurde von der Regierung die Wiedereinführung des Rechtsextremismusreports, welche die SPÖ ebenfalls beantragt hatte. 

Dachverband schließt Germania aus
Der Dachverband der Mittelschüler-Burschenschaften, der Österreichische Pennäler Ring (ÖPR), hat die Germania auf Grund des Liederbuch-Skandals ausgeschlossen. Neben dem Ausschluss der Germania hat der ÖPR auch seine Satzung um eine Präambel erweitert, wie krone.at am Dienstagnachmittag erfuhr. Unter anderem heißt es darin: "Der Verband und seine Korporationen bekennen sich zur demokratischen Republik Österreich und achten die Bundesverfassung als ihr höchstes Gut. Der Österreichische Pennäler Ring und seine Mitglieder lehnen jede Form eines totalitären Systems entschieden ab. Als Verband stellt sich der ÖPR gegen jede Form des Antisemitismus und Rassismus."

Landbauer wird wohl nicht Landesrat
Dienstagvormittag hatte FPÖ-Niederösterreich Klubobmann Gottfried Waldhäusl erklärt, dass er nun doch für das Amt des Landesrats zur Verfügung stünde. "Wenn es im Sinne Niederösterreichs und der Partei ist, werde ich mich nicht dagegenstellen", so der 52 Jährige. Dass Spitzenkandidat Udo Landbauer in die Landesregierung einzieht, wird somit wohl immer unwahrscheinlicher. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hatte bereits am Abend vor der Landtagswahl erklärt, dass es mit dem 31-Jährigen keine Zusammenarbeit geben werde.

Thomas Zeitelberger
Thomas Zeitelberger
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