Grenzschutz, Migration

Orban zieht mit „Partner“ Kurz „an einem Strang“

Österreich
30.01.2018 16:08

Während vor dem Bundeskanzleramt Aktivisten von Greenpeace und Mitglieder der NEOS demonstrierten, hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) seinen ungarischen Amtskollegen Viktor Orban am Dienstagnachmittag zu einem Arbeitstreffen empfangen. Die Visite wurde von großem Medieninteresse und zahlreichen Reaktionen begleitet. NEOS und SPÖ übten im Vorfeld harsche Kritik an dem Empfang Orbans bei Kurz. Gänzlich unbeeindruckt zeigten sich Kurz und Orban vom Geschehen rund um die Visite und demonstrierten Einigkeit bei den Themen Schutz der EU-Außengrenzen und Migrationspolitik. Hier ziehe man "an einem Strang", betonte Kurz bei einer gemeinsamen Pressekonferenz nach dem Arbeitstreffen. Orban erklärte, er habe Kurz stets als "guten Partner" wahrgenommen.

Der Bundeskanzler zeigte sich ebenso wie sein ungarischer Amtskollege überzeugt, dass das System der Flüchtlingsverteilung nicht funktioniere. "Wir müssen illegale Migration stoppen. Es hat bereits in vielen Staaten ein Umdenken stattgefunden. Ich bin froh, dass es eine Kooperation zwischen Ungarn und Österreich gibt", sagte Kurz und sprach die Zusammenarbeit österreichischer und ungarischer Grenzpolizisten an der serbisch-ungarischen Grenze an. Als gemeinsames Ziel wurde ein neues Asylsystem formuliert: "Nicht mehr Schlepper sollen entscheiden, wer nach Europa einreisen darf, sondern die Staaten", führte Kurz aus.

Orban: "Völkerwanderung bedroht Europa"
Der ungarische Ministerpräsident bedankte sich bei Kurz nicht nur für die Einladung nach Österreich, sondern auch für die Tatsache, dass er auch schon als Außenminister "stets ein guter Partner" für Ungarn gewesen sei. In seinen weiteren Erläuterungen hörten die versammelten Journalisten Altbekanntes - so zum Beispiel, dass die größte Bedrohung für Europa die derzeit stattfindende "Völkerwanderung" sei, die "man schlicht als Migrationsfrage" bezeichne. Orban zeigte sich froh darüber, dass sich sein Land auf Österreich verlassen könne. Gleichzeitig stellte der ungarische Gast klar, dass Ungarn "keine illegale Migranten" habe und diese auch in Zukunft nicht hereinlassen werde. Denn man könne aus einer strafbaren Handlung "kein Recht ableiten".

Auf eine Journalistenfrage zu seiner umstrittenen Formulierung über die "illiberale Demokratie" sagte der Ministerpräsident: "Sobald die Liberalen nicht in der Regierung sind, denken sie, die Demokratie sei vorbei." Er selbst halte "die Demokratie ohne jedes Adjektiv für die beste Demokratie".

"Meinungsunterschiede" belasten Beziehungen nicht
Die Kürzung der Familienbeihilfe für Kinder, die im Ausland wohnen, und der umstrittene Ausbau des Atomkraftwerks Paks in Ungarn wurden ebenso besprochen. In der gemeinsamen Pressekonferenz fanden sich aber nur kurze Erklärungen dazu. So sagte Orban, dass es sich bei beiden Themen um keinen genuinen Konflikt zwischen den beiden Nachbarländern handle, sondern vielmehr um die "Auslegung des EU-Rechts" bzw. eine EU-weite Diskussion über die Zukunft der Kernenergie. Diese Meinungsunterschiede würden die Beziehungen nicht belasten, beruhigte der ungarische Regierungschef.

NEOS-Chef Matthias Strolz erklärte während der Kundgebung seiner Partei: "Wir stehen hier, um ein Zeichen zu setzen gegen die Orbanisierung Österreichs und gegen die Orbanisierung Europas. Zeig mir deine Freunde, und ich sage dir, wer du bist. Meine Botschaft an Kanzler Kurz und Vizekanzler (Heinz-Christian) Strache lautet: Ihr habt die falschen Freunde! Orban ist einer, der das europäische Miteinander unterlaufen will. Und wir NEOS werden dem die Stirn bieten."

Greenpeace-Protest: "Diplomatisches Foul gegen Österreich"
Neben den NEOS setzten sich auch Mitglieder der Organisation Greenpeace in Szene. Mit einer vier Meter hohen Installation aus Atomfass-Attrappen demonstrierten mehrere Aktivisten gegen den Ausbau des AKW Paks. Laut Medienberichten sollen die Arbeiten bereits im Februar beginnen. Adam Pawloff, Anti-Atom-Sprecher bei Greenpeace in Österreich: "Die ungarische Regierung begeht ein diplomatisches Foul gegen Österreich, wenn sie, ohne den Ausgang der österreichischen Klage abzuwarten, mit dem Bau des AKW beginnt." Gründe für die Klage sind unter anderem die fehlende Ausschreibung des Projekts, die Genehmigung der Förderung des AKW durch die Europäische Kommission aufgrund eines – aus Sicht Österreichs, Luxemburgs und weiterer Staaten nicht vorhandenen – gemeinsamen europäischen Interesses sowie die Annahme, dass Ungarn den Energiebedarf durch andere Quellen wie erneuerbare Energie decken könnte.

Orban will Vereinbarungen zum "Schutz Österreichs und Ungarns"
Orban war bereits am Montagabend mit dem Zug in Wien angekommen. Auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte er ein Video, das ihn im Railjet der ÖBB von Budapest nach Wien zeigt. "Wir würden gerne Vereinbarungen treffen", kündigte er an. "Es soll um die Migration gehen, um Österreich und Ungarn zu schützen und einander zu helfen. Ich hoffe, dass wir erfolgreich sein werden", sagte der rechtskonservative Politiker. Vor dem Treffen mit Kurz gab sich Orban volksnah und speiste bei einem Würstelstand in der Nähe der Albertina.

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