„Fake News“

Strache dementiert Teilnahme an Germania-Feier

Politik
26.01.2018 06:53

Der Wirbel um das NS-verherrlichende Liederbuch der Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt geht weiter: Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) hat empört auf einen Bericht des deutschen Nachrichtenmagazins "Spiegel" reagiert, wonach er im Vorjahr von der Germania geehrt worden sei. "Ich war nachweislich weder beim abendlichen 100. Stiftungsfest der Germania, noch habe ich jemals ein Ehrenband der Germania erhalten", so der FPÖ-Chef, der sich über "Fake News" empörte.

Strache postete am Donnerstagabend auf Facebook, im Juni 2017 bei einer Sitzung des Österreichischen Pennäler Rings (ÖPR) eingeladen gewesen zu sein, wo er ein Ehrenband erhalten habe. Danach sei er zu einer FPÖ-Wahlveranstaltung in die Steiermark gefahren. Die beiden Veranstaltungen, also jene des Pennäler Rings und jene der Germania, dürften kurz nacheinander in Wiener Neustadt stattgefunden haben.

"Letztklassig und durchschaubar"
Strache meinte im Zusammenhang mit dem "Spiegel"-Bericht, der auch von anderen Journalisten übernommen wurde, es gehe "manchen Medien und linken Journalisten offensichtlich nur mehr um verzerrende, manipulative und diffamierende Berichterstattung mit dem Ziel, der FPÖ vor der Niederösterreich-Wahl und generell zu schaden". Das sei "letztklassig und durchschaubar". Strache hatte am Mittwoch erklärt, "Burschenschaften haben nichts mit der FPÖ zu tun". Er selbst ist Mitglied bei der Wiener pennalen Burschenschaft Vandalia. 

Auch in der Wiener Gemeinderatsdebatte war am Donnerstag die angebliche Teilnahme von Strache an der 100-Jahr-Feier der Germania, der Burschenschaft des niederösterreichischen FPÖ-Spitzenkandidaten Udo Landbauer, im Juni 2017 thematisiert worden. Bereits da dementierte der FPÖ-Abgeordnete Udo Guggenbichler die damalige Anwesenheit des Vizekanzlers und erklärte, Strache habe bloß an einer Veranstaltung des Pennäler Rings in Wiener Neustadt teilgenommen. Guggenbichler selbst ist Vorsitzender des Pennäler Rings und postete Fotos von Strache am "Burschentag" auf Facebook.

19 Liederbücher beschlagnahmt
Nachdem die Staatsanwaltschaft bei der Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt am Mittwoch eine Hausdurchsuchung durchgeführt hatte, wird am Freitag mit der Beschuldigteneinvernahme begonnen. Bei der Durchsuchung waren 19 Liederbücher und zwei Ordner mit Unterlagen sichergestellt worden. Der zuständige Staatsanwalt gab gegenüber ServusTV Einblicke ins Ermittlungsverfahren: "Der Tatvorwurf richtet sich in Richtung Paragraf 3g Verbotsgesetz: nationalsozialistische Wiederbetätigung. Gegenstand der Ermittlungen ist das Auflegen und Herausgeben des Liederbuchs mit den inkriminierten Texten." Nun sei zu klären, "wie lange das in Verwendung war und über welchen Zeitraum es allenfalls propagandistische Verwendung gefunden hat".

Verstöße gegen Verbotsgesetz schon verjährt?
Zu prüfen wird in dem Verfahren auch sein, ob die Vorwürfe bereits verjährt sind. Nationalsozialistische Wiederbetätigung nach Paragraf 3g des NS-Verbotsgesetzes verjährt nach zehn Jahren, das Liederbuch wurde aber bereits 1997 veröffentlicht. Geklärt werden muss also, ob die fraglichen Lieder seither propagandistisch verwendet wurden.

Laut dem stellvertretenden Obmann der Burschenschaft, Philip Wenninger, hat das für die Neuauflage des Liederbuches 1997 verantwortliche Mitglied bereits am Mittwochabend eine Stellungnahme für die Behörden verfasst. Wenningers Angaben zufolge soll bis Herbst eine Neuauflage des Buches in Angriff genommen werden, die dann auch offiziell bei der Nationalbibliothek hinterlegt wird. Die Neuauflage sei ohnehin schon seit Jahren geplant. "Vielleicht schaffen wir eine größere Finanzierung durch die Medienberichterstattung", so Wenninger.

Wiens Stadtregierung brachte Antrag ein
Am Donnerstag brachte die rot-grüne Wiener Stadtregierung einen Antrag mit dem Titel "Verurteilung der Holocaust-Verhöhnung" ein. "Immer wieder werden Fälle bekannt, wo Mandatare und Funktionäre der FPÖ in Burschenschaften als Mitglieder und Funktionäre tätig sind, dabei ein Naheverhältnis zu rechtsextremen Gruppen haben, sich nicht klar von der nationalsozialistischen Ideologie abgrenzen und durch entsprechende Aussagen und Aktivitäten auffallen", heißt es im Antragstext. Auch "etliche" Wiener FPÖ-Gemeinderäte und Nationalratsabgeordnete seien in solchen Burschenschaften tätig, wird festgehalten.

Man rege an, "dass auch andere einschlägig bekannte Burschenschaften auf staats- und verfassungsfeindliche Aktivitäten überprüft werden". Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nimmt man in die Pflicht. Er wird im Zuge des Resolutionsantrags ersucht, "im Interesse des Ansehens Österreichs in der Welt alles zu unternehmen, dass die österreichische Bundesregierung von diesem braunen Schleier reingewaschen wird". Volkspartei und Freiheitliche brachten einen eigenen Antrag mit gleichem Titel ein, dieser wurde im Gegensatz zu dem der Regierung nicht angenommen.

Grüner Protest bei Holocaust-Gedenken
Im Rahmen des Holocaust-Gedenkens im Wiener Palais Epstein kam es am Donnerstagabend auch zu einem Protest von zwei grünen Bundesräten. David Stögmüller und Ewa Dziedzic präsentierten Schilder mit der Aufschrift "Wenn sie jetzt ganz unverhohlen wieder Nazi-Lieder johlen" und "Sage Nein!".

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