"Die Gefahr ist groß, dass durch das bloße Herunterfahren der Produktionen eine wirkliche Strukturbereinigung verschleppt wird", sagte der Chef des sechstgrößten europäischen Stahlkonzerns. Mindestens zehn Prozent der insgesamt 200 Millionen Tonnen seien überflüssig. "Die Chinesen sind nicht immer das Problem", fügte Eder hinzu. Analysten schätzen die weltweiten Überkapazitäten auf rund 500 Millionen Tonnen.
Europas Stahlhersteller versuchen den Einbruch der Nachfrage bisher vor allem durch Drosselungen der Produktion in den Griff zu bekommen. Bei vielen Konzernen liegt die Auslastung zurzeit nur bei 50 Prozent. Schon kündigen jedoch einzelne Firmen wie zuletzt der finnische Edelstahlhersteller Outokumpu an, ihre Kapazitäten wieder hochzufahren, und begründen dies mit dem fortschreitenden Lagerabbau. Allerdings stagniert die Nachfrage der wichtigsten Abnehmer aus der Auto-, Maschinenbau- oder Bauindustrie nach wie vor auf niedrigstem Niveau.
Krise offenbart strukturelle Schwachstellen
Die Krise habe offenbart, wo die strukturellen Schwachstellen lägen. "Es ist besser, einen Schnitt zu setzen und ein unrentables Werk so sozialverträglich wie möglich abzuwickeln", sagte Eder. In der Praxis würden dagegen in vielen Ländern marode Stahlwerke immer noch durch direkte und indirekte Subventionen künstlich am Leben erhalten. "Stahlunternehmen sterben nicht einmal, sondern dreimal", sagte Eder.
Warnung vor Preiserhöhungen
Für gefährlich hält der voestalpine-Chef auch die Politik von Mitbewerbern, schon jetzt die Preise wieder anzuheben: "Mit Preiserhöhungen sollten die Stahlhersteller so lange warten, bis die Lager tatsächlich geleert sind, also voraussichtlich zwei bis drei Monate." Ansonsten begännen die Stahlhändler in Erwartung weiter steigender Preise jetzt damit, sich einzudecken - über dem tatsächlichen Bedarf hinaus.
Im Gegensatz zu den meisten Konkurrenten verkauft die voestalpine etwa drei Viertel des Gesamtvolumens über fixe Jahresverträge. Dennoch musste sie in den vergangenen Wochen Preiszugeständnisse machen. "Die Preise für die Autokunden mussten wir nachverhandeln und haben damit die sinkenden Rohstoffkosten an unsere Abnehmer weitergereicht", sagte Eder, ohne eine Größenordnung zu nennen.
Spielraum für Preiserhöhungen in den Jahresverträgen sieht Eder erst ab 2010: "Das einzig Positive ist zurzeit, dass voraussichtlich kein weiterer Rückgang der Nachfrage mehr zu erwarten ist", sagte Eder.
2009/10 wahrscheinlich rote Zahlen
Im operativen Geschäft macht sich die Krise nach seinen Worten wegen der Langfristverträge erst mit Verzögerung bemerkbar. Einen Verlust im laufenden Geschäftsjahr 2009/10 schließt Eder daher nicht aus: "Um im Gesamtjahr unterm Strich schwarze Zahlen zu schreiben, müssen wir einen Gewinn vor Zinsen und Steuern von 300 Millionen Euro erzielen", sagte der 57-Jährige. Das sei aus heutiger Sicht schwierig.
In dieser Lage hat Eder das Ziel ausgegeben, bis 2012 in den Sparten Stahl, Edelstahl und Autozulieferung 500 Millionen Euro einzusparen. An einen größeren Personalabbau sei dabei aber nicht gedacht.
Kritik daran, dass die Stahlmanager zu spät auf Anzeichen der Krise reagiert haben, nimmt Eder ernst: "Wir denken viel darüber nach, welche Frühindikatoren und Warnsignale wir übersehen haben."
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