"Adieu, Fritz!"

Fritz Muliar in Ehrengrab beigesetzt

Österreich
12.05.2009 17:30
In der Früh weinte der Himmel, am Nachmittag die Wiener Theaterwelt: Fritz Muliar, Publikumsliebling und "Inbegriff des Volksschauspielers", wie ihn Herbert Föttinger am Dienstag bei der Trauerfeier am Zentralfriedhof bezeichnete, wurde im Beisein von zahlreicher Polit- und Theaterprominenz sowie Dutzender Schaulustiger verabschiedet. Der Kammerschauspieler war am 4. Mai im Alter von 89 Jahren gestorben. Am Dienstag wurde er in einem Ehrengrab der Stadt Wien beigesetzt.

"Der aufrechte Gang, die Haltung - das assoziiere ich mit Fritz Muliar", sagte Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) bei seiner Trauerrede am Nachmittag. Muliar sei ein "Volksschauspieler mit Courage" gewesen, der "goschert sein" als "oberste Bürgerpflicht" gesehen habe. Als "der Muliar", der auch in totalitären Zeiten unbequem gewesen sei und politische Haltung bewiesen habe, werde er in Erinnerung bleiben. Muliar galt Zeit seines Lebens der Sozialdemokratie als eng verbunden.

Wegen "wehrkraftzersetzender Äußerungen" inhaftiert
Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger gab im Anschluss einen biografischen Abriss des 71 Jahre lang auf allen bedeutenden Bühnen des Landes und im Fernsehen zu Hause gewesenen Schauspielers. Muliar, am 12. Dezember 1919 in Neubau geboren, begann seine Laufbahn im Kabarett. Nach dem Kriegsdienst, bei dem er wegen "wehrkraftzersetzender Äußerungen" fünf Jahre lang von den Nazis inhaftiert war, eroberte er rasch Bühne und Leinwand und schrieb sich mit Rollen wie dem "braven Soldaten Schweijk" in das kulturelle Gedächtnis des Landes ein.

Von 1951 bis 1963 war Muliar am Wiener Volkstheater engagiert und spielte parallel dazu dreizehn Jahre lang im Kabarett "Simpl". Von 1964 bis 1977 war das Theater in der Josefstadt seine künstlerische Heimat, 1974 wurde er Mitglied des Burgtheaters, dem er bis zu seiner Pensionierung 20 Jahre lang angehörte. 1994 kehrte er wieder in die Josefstadt zurück. Mit Felix Mitterers Einpersonenstück "Sibirien" erreichte Muliar 1992 einen seiner größten künstlerischen Erfolge, im November 2007 feierte er in den Kammerspielen sein 70-jähriges Bühnenjubiläum mit dem eigens für ihn geschriebenen Mitterer-Stück "Der Panther".

"Das Unausweichliche ist da. Adieu, Fritz."
Muliar war für Föttinger "ein Patriot und Kosmopolit, ein Kämpfer für humanistische Gesinnung". Die Nachricht von seinem Ableben habe in der Josefstadt einen Schock ausgelöst. Muliar habe immer gesagt, solange von jemandem gesprochen werde, sei dieser nicht tot. "Wir sprechen von dir, solange wir Worte haben", versprach Föttinger. Helmuth Lohner konstatierte im Anschluss mit Tränen in den Augen: "Das Unausweichliche ist da." Seine berührenden Erinnerungsworte zum Abschied an einen lieben Freund schloss er kurz und traurig: "Adieu, Fritz."

Nach eingespielten Worten von Muliar und eingerahmt von der 5. Symphonie von Gustav Mahler zogen die Trauernden schließlich zum Grab Muliars, das sich neben demjenigen Gert Jonkes und in der gleichen Gruppe wie die Grabstätten von Gusti Wolf, Inge Conradi oder Joe Zawinul befindet. Dem Trauerzug folgten unter anderem Bundespräsident Heinz Fischer, Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) sowie unzählige Schaulustige. Elfriede Ott, langjährige enge Bühnenpartnerin Muliars, meinte dazu: "Das hier ist sein Publikum."

Im Juli soll postum das Buch "Denk ich an Österreich. Eine Bilanz", an dem Muliar bis zuletzt arbeitete, im Residenzverlag erscheinen.

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