"Tag der Wut"
Millionen streikten gegen Sarkozys Krisenpolitik
Der "Schwarze Donnerstag" stellte Sarkozy vor seine härteste Machtprobe mit der Straße seit seinem Amtsantritt vor 20 Monaten. Alleine in Paris und Marseille demonstrierten nach Gewerkschaftsangaben je 300.000 Menschen. Laut der Gewerkschaft CGT waren es landesweit 2,5 Millionen, die sich am "Kampf für Beschäftigung und Kaufkraft" beteiligten. So hoch war die Mobilisierung zuletzt bei Protesten gegen Arbeitsmarktreformen der Regierung von Jacques Chirac vor drei Jahren.
Scharfe Kritik an Konjunkturmaßnahmen
Gewerkschaften und die linke Opposition verurteilen Sarkozys bisherige als unausgewogen und ungerecht für die Beschäftigten. Statt weiteren Milliarden für die Banken und die Großindustrie verlangen sie einen Stopp von geplanten Stellenstreichungen und Lohnerhöhungen. Nach Rettungspaketen für die Finanzwirtschaft müsse die Regierung auch die Einkommen aus Arbeit "neu bewerten", forderte Gewerkschaftschef Bernard Thibault. Die Arbeitnehmervertreter fordern, in der Krise die Kaufkraft der Franzosen zu stärken.
Haushaltsminister Eric Woerth erklärte, der Streik sei "keine Antwort auf die Krise". Sarkozy werde an seiner Reformpolitik festhalten, damit das Land gestärkt aus der Krise hervorgehen könne. Der Staatschef selbst äußerte sich am Donnerstag zunächst nicht, hatte aber eine Afrika-Reise abgesagt, um die angespannte Lage im Élysée-Palast zu analysieren.
Großteil der Schulen blieb geschlossen
Nach Angaben des Erziehungsministeriums blieb jeder zweite Lehrer am Donnerstag der Arbeit fern. Ein großer Teil der Schulen blieb deswegen geschlossen, viele Eltern hatten sich notgedrungen Sonderurlaub genommen, um ihre Kinder zu betreuen. Massive Verkehrsbeeinträchtigungen wurden nur aus der Region um Marseille gemeldet. Am Pariser Flughafen Orly musste indes jeder dritte Flug annulliert werden. In den Krankenhäusern war eine Notversorgung eingerichtet.
Weite Teile der Presse sehen den Staatschef verantwortlich für den "Tag der Wut", wie die linksgerichtete Zeitung "Libération" titelte. "Frankreich braucht in der Krise keinen brutalen Boss, der alle rasend macht, sondern einen politischen Führer, der die Bevölkerung beruhigt."
Die Entscheidungen "liegen nicht bei denen, die am lautesten schreien", hatte der Präsident in seinem vorerst letzten Kommentar am Dienstag erklärt, zugleich aber betont, er nehme die Sorgen der Menschen ernst. "Ich werde mit kühlem Kopf reagieren."
Öffentliche Meinung gespalten
Dass aus dem Protesttag eine kräftige soziale Bewegung mit einer Einheitsfront aus Gewerkschaften und Opposition gegen seine Politik hervorgeht, ist wegen der uneinheitlichen Forderungen der Unzufriedenen fraglich. Die öffentliche Meinung ist gespalten. Zwar haben 69 Prozent Verständnis für den Generalstreik. 49 Prozent geben aber in jüngsten Umfragen auch an, sie seien zufrieden mit dem Vorgehen ihres Präsidenten.
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