Mordprozess läuft

Mödlinger soll Freundin in Prag erschlagen haben

Wien
28.11.2008 09:20
Weil er am 9. Mai 2007 in Prag seine Lebensgefährtin erschlagen haben soll, hatte sich am Donnerstag ein 31-jähriger Computerfachmann wegen Mordes vor einem Schwurgericht zu verantworten. "Ich hab' die Olga nicht umgebracht! Ich hab' sie sehr gern gehabt", schluchzte der gebürtige Mödlinger. Die Staatsanwaltschaft ist anderer Meinung ...

Der Systemanalytiker war aus beruflichen Gründen nach Tschechien gegangen. Weil seine damalige Freundin auf seinen Geburtstag vergaß, suchte er eine Striptease-Bar auf, wo er eine junge Frau aus Weißrussland kennenlernte. Tage später zog die hübsche Olga in seine Wohnung ein und die vergessliche Frau aus.

"Wir hatten Heiratspläne!"
Die Tänzerin habe sein Leben bereichert, weshalb er nach einigen Monaten mit der Mitbewohnerin eine Lebensgemeinschaft eingegangen sei, sagte der Angeklagte. "Es ist halt zu so etwas gekommen, was wir Affäre nennen", meinte Staatsanwalt Christian Walzi ein bisschen abschätzig. "Wir hatten Heiratspläne!", wies ihn der 31-Jährige umgehend zurecht.

Allerdings dürfte ihm Olga nicht ganz treu gewesen sein, während er beruflich immer wieder über Wochen hinweg in der Schweiz zu tun hatte. Ein reicher französischer Musiker bemühte sich um die attraktive 25-Jährige, recht freizügige Fotos dürften zumindest ein gewisses Naheverhältnis zu dem Künstler belegen.

Mit Bügeleisen zugeschlagen?
Am 9. Mai 2007 kehrte der Computerexperte nach Prag zurück. Unmittelbar nach seinem Eintreffen soll es der Anklage zufolge in der Wohnung zu einem heftigen Streit mit seiner Freundin gekommen sein. "Sie wollte die Beziehung beenden. Sie hat einen Tag vorher ihrer Mutter eine SMS geschrieben, dass sie Schluss machen möchte", berichtete der Staatsanwalt. Der Angeklagte habe das nicht verkraftet: "Er hat vermutlich mit einem griffbereiten Bügeleisen zugeschlagen."

Der 31-Jährige beteuerte, seine Lebensgefährtin wäre schon tot gewesen, als er seine Unterkunft betrat. Er habe die schrecklich zugerichtete Leiche im Schlafzimmer entdeckt. "Ein extrem entsetzliches Bild. Olga liegt am Boden, alles voller Blut. Da bin ich zusammengebrochen", weinte der Angeklagte. "Beruhigen Sie sich und putzen Sie sich die Nase", empfahl ihm Richterin Sonja Höpler-Salat. 

DNA-Gutachten belastet Angeklagten
Der Computerfachmann wird vor allem von einem DNA-Gutachten belastet. Die Sachverständige Christina Stein fand unter den Fingernägeln der Toten Hautpartikel des Angeklagten, die auf Kampfhandlungen zwischen diesem und dem Opfer hindeuten könnten. Er könne sich das nicht erklären, meinte der 31-Jährige darauf angesprochen zu den Geschworenen.

Neben Leiche mehrere Joints geraucht
Auch weitere Indizien schienen gegen den Mann zu sprechen. So hatte er 30 Minuten, nachdem er seine Freundin tot im Schlafzimmer entdeckt haben will, seinen Vermieter in die Wohnung gelassen, der die Miete kassieren kam. Er erzählte dem Mann nichts von der angeblich von fremder Hand getöteten Olga im Nebenzimmer, als er diesen in die Küche bat. Später unterließ er es, die Polizei zu verständigen, sondern rauchte neben der Leiche mehrere Joints und schlief schließlich ein. "Ich war total überfordert. Ich hab' überhaupt nicht gewusst, was ich tun soll. Ich war total daneben", versuchte er sein Schweigen zu begründen.

"Habe nicht darüber reden können"
Am Morgen habe er Olga mit Jacken zugedeckt, "aus Gründen der Pietät, weil sie nackt war". Dann nahm er den Schmuck an sich, den er ihr geschenkt hatte ("Als Andenken"), setzte sich in den Zug und fuhr in die Schweiz, wenige Tage danach zu seinen Eltern. Weder diesen noch seinen Geschwistern erzählte er, dass seine Freundin nicht mehr am Leben war: "Je länger ich weg war, desto schwieriger war es, das in Angriff zu nehmen." Er habe "nicht darüber reden können". Erst als er mit Europäischem Haftbefehl von den tschechischen Behörden als dringend Tatverdächtiger in dem Mordfall gesucht wurde, stellte sich der Mann am 6. Juli dem Landeskriminalamt Niederösterreich, wo er in Begleitung eines Anwalts beteuerte, die junge Weißrussin nicht getötet zu haben.

Er vermute, dass der französische Musiker, der hinter seiner Freundin her gewesen sei, das Verbrechen begangen habe, meinte der 31-Jährige nun vor den Geschworenen. Auch ein von diesem gedungener Mörder käme infrage. Die Richterin zeigte sich daraufhin verwundert, dass neben dem Kopf der Leiche benützte Kondome gefunden worden waren. Deren Inhalt war laut DNA-Gutachten jeweils dem genetischen Fingerabdruck des Angeklagten zuzurechnen.

Leiche unter "Wäscheberg" versteckt
Die Leiche der Striptease-Tänzerin wurde erst eine Woche nach ihrem Ableben entdeckt. Dabei hatte der 55-jährige Tscheche, der die Wohnung dem Computerexperten vermietet hatte, auf Wunsch des Bruders der jungen Frau bereits am 10. Mai den Tatort aufgesucht. Er sah dabei auch im Schlafzimmer nach, wie er nun als Zeuge dem Schwurgericht darlegte. Ihm sei zwar aufgefallen, dass das Zimmer mit einer vor das Fenster verhängten Decke eigenartig verdunkelt worden war. Von der 25-Jährigen habe er jedoch nichts bemerkt, erzählte der Zeuge. Dass diese tot unter einem Kleider- und Wäschebündel lag, das am Fußboden aufgetürmt war, stellte er erst am 16. Mai fest, als er auf Drängen des Bruders neuerlich nachschauen ging.

"Schon beim Aufsperren der Wohnung habe ich eine Geruch wahrgenommen. Als ich die Tür zum Schlafzimmer aufgemacht habe, war da die Katastrophe", berichtete der Vermieter. Fliegen und Maden hätten sich auf und unter dem Kleiderbündel getürmt, beim Anheben einzelner Wäschestücke habe er die Leiche gesehen und unverzüglich die Polizei verständigt.

Prozess auf 22. Jänner vertagt
Im Hinblick auf die fortgeschrittene Zeit und die offensichtliche Erschöpfung der Geschworenen ist der Prozess auf den 22. Jänner vertagt worden. Zum nächsten Termin soll noch einmal versucht werden, eine Arbeitskollegin der ums Leben gekommenen Weißrussin zu laden, deren aktueller Aufenthaltsort unbekannt ist. Zusätzlich wird die DNA-Sachverständige Christian Stein zu ihrem schriftlichen Gutachten Stellung beziehen, das den Angeklagten belastet.

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