"Sehe keinen Sinn"

Kampusch kritisiert in Interview neue Ermittlungen

Österreich
28.10.2008 15:12
Ablehnend hat sich Natascha Kampusch am Montagabend in einem Fernsehinterview der ORF-Sendung "Thema" über die neuen Ermittlungen in ihrem Entführungsfall geäußert. "Ich sehe irgendwie keinen Sinn darin", kritisierte die heute 20-Jährige, die im Alter von zehn Jahren entführt und mehr als acht Jahre in einem Kellerverlies im niederösterreichischen Straßhof gefangen gehalten wurde. In ihrem ersten Statement gegenüber Medien hatte Kampusch neue Erhebungen noch befürwortet, um "mehr Licht" in die Causa zu bringen. Am Dienstag fand eine Besprechung zwischen Staatsanwaltschaft und Oberstaatsanwaltschaft statt, um die weiteren Ermittlungen zu koordinieren.

Eine Entscheidung über weitere Ermittlungsaufträge ist dabei allerdings noch nicht gefallen, vielmehr wurde diese auf kommende Woche vertagt. Welche Aspekte des Entführungsfalls wieder aufgerollt werden und in welcher Form die Erhebungen stattfinden sollen, ist daher nach wie vor unklar. Beschlossen worden sei, kommende Woche ein Gespräch mit dem Innenministerium anzusetzen, so Gerhard Jarosch, Sprecher der Anklagebehörde, über das Ergebnis der "internen Besprechung". Dabei soll über den Ermittlungsauftrag entschieden werden, bis dahin werde es diesbezüglich keinen Beschluss geben, kündigte er an. Völlig offen ist demnach auch noch, wann die Ermittlungen starten könnten.

Kampusch: "Habe nie irgendjemanden gesehen"
Natascha Kampusch selbst hatte sich am Montagabend in einem Fernsehinterview ablehnend über die neuen Ermittlungen in ihrem Entführungsfall geäußert. "Den Untersuchungs-Ausschuss begrüße ich, solange er sich bemüht, Ermittlungspannen aufzudecken", sagte Kampusch nun gegenüber dem ORF. Die Suche nach weiteren Tätern sei "offenbar eine Methode", um von Ermittlungsfehlern abzulenken. "Ich habe zumindest nie irgendjemanden gesehen", so die 20-Jährige zu der Theorie, ihr Kidnapper Wolfgang Priklopil könnte Komplizen gehabt haben.

"Auf einmal übertreibt man es"
Erhebungen, in denen es unter anderem um die Zeugenaussage einer damals Zwölfjährigen gehen soll, die bei der Entführung zwei Personen gesehen haben will, lehnte Kampusch mit den Worten "Auf einmal übertreibt man es" ab. "Ich weiß ja nicht, wie lange bevor ich ihn gesehen habe, sie ihn gesehen hat", so die 20-Jährige zu der Beobachtung des Mädchens. Als sie sich Priklopil näherte, sei dieser jedenfalls "ganz unauffällig" und "alleine" mit Hut und hellem Poloshirt neben seinem weißen Kastenwagen gestanden. "Es waren nur wir zwei da - in dem Auto", betonte Kampusch.

Glaubt nicht an weitere Opfer Prikopils
Dass es möglicherweise weitere Opfer Priklopils geben könnte, glaubt Kampusch nicht, da sie fast jeden Tag zu ihm Kontakt gehabt habe. "Man kann sich natürlich nie sicher sein", meinte sie. "Es ist zeitlich - glaub ich - auch gar nicht möglich." Dass ein mit Priklopil bekannter Immobilienhändler mit ihrer Entführung zu tun gehabt haben könnte, verneinte die 20-Jährige ebenfalls. "Also den Eindruck hatte ich während der Zeit meiner Gefangenschaft nicht", erklärte Kampusch. Sie habe den Mann nur 2006 einmal kurz getroffen und sei diesem von ihrem Peiniger als Nachbarin vorgestellt worden.

Das "Salz in die Wunden schütten" sei nur bis zu einem gewissen Grad möglich, kritisierte Kampusch die neuen Ermittlungen. "Ich nehme das genau wie meine Mutter: Ich kann es nicht ändern, ich kann einfach nur die Wahrheit sagen."

Gemeinsame Projekte mit Betancourt?
Natascha Kampusch und die franko-kolumbianische Politikerin und Ex-FARC-Geisel Ingrid Betancourt, die am Samstagabend in Wien als "Woman of the Year" ausgezeichnet wurde (Bericht in der Infobox), könnten laut ORF künftig gemeinsame Hilfsprojekte starten. "Sie ist sicherlich eine sehr faszinierende Person", so Kampusch über die Politikerin.

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