Hypo-Prozess

Ex-Vorstände sind sich keiner Schuld bewusst

Österreich
29.10.2008 11:47
Am Landesgericht Klagenfurt hat am Dienstag die gerichtliche Aufarbeitung der Swap-Verluste der Kärntner Hypo Group Alpe Adria begonnen. Die Ex-Vorstände Wolfgang Kulterer und Günter Striedinger sowie Vorstand Thomas Morgl müssen sich wegen Bilanzmanipulation vor Richter Christian Liebhauser-Karl verantworten. Es geht dabei um die Verbuchung der 325 Millionen Euro Verlust aus Swap-Geschäften der Bank in den Jahresabschlüssen 2004 und 2005. Das Verfahren ist für einen Monat angesetzt, die Höchststrafe beträgt ein Jahr Haft. Am ersten Prozesstag hat sich eine "Gutachterschlacht" abgezeichnet.

Richter Christian Liebhauser-Karl will nun auch Hypo-Vorstandsdirektor Tilo Berlin als Zeugen hören. Begründung: Die Hypo habe die Wirtschaftsprüfer der Kanzleien Confida und Deloitte nicht von ihrer Verschwiegenheitspflicht entbunden.

Staatsanwältin Carmen Riesinger meinte, mit den Swaps, die im Herbst 2004 rund 325 Millionen Euro Verluste nach sich gezogen hatten, sei quasi auf "die Entwicklungen von Währungen gewettet" worden. Aus den verlustreichen Geschäften seien ab Jänner 2005 die Risikoelemente gegen Abschlagszahlungen eliminiert worden. Es seien Tilgungsvereinbarungen getroffen worden: "Und zwar in der Form standardisierter Swap-Verträge, inhaltlich aber im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, dass der negative Marktwert des Einzelgeschäftes als zurückzuzahlender Verlustbetrag im Rahmen einer bestimmten Laufzeit mit fix vereinbarten Zahlungen zu Lasten der Hypo vereinbart wurde." Diese Vereinbarungen hätten eindeutig den Charakter von Kreditgeschäften und seien mit dem gesamten Verlust gewinnmindernd zu verbuchen gewesen. Dies sei nicht geschehen und erfüllt nach Ansicht der Anklagebehörde den Tatbestand der Bilanzfälschung nach § 255 Aktiengesetz.

Angeklagte sind sich keiner Schuld bewusst
Kulterers Verteidiger betonte, weder dem Land Kärnten noch der Hypo sei ein Schaden entstanden. Es seien lediglich die Gewinne aus nicht bilanzpflichtigen Geschäften kleiner geworden, "der Speck der stillen Reserve ist weniger geworden". Dies habe mit Verlusten und Fehlbilanzierungen überhaupt nichts zu tun. Der Anwalt Striedingers, Hannes Arneitz, sprach von "Neid und Skepsis", die man Kulterer und Striedinger entgegengebracht habe, und forderte gleich ein Denkmal für die beiden. Morgls Verteidiger Rene Laurer erklärte, sein Mandant habe mit der Frage der bilanzmäßigen Darstellung der Vorgänge rund um die Swaps nichts zu tun gehabt und forderte die Staatsanwältin auf, einige Anklagepunkte gleich zurückzuziehen.

Kulterer bleibt auf Linie
Der mittlerweile als Unternehmensberater in London tätige Kulterer blieb bei seiner Einvernahme voll und ganz auf seiner bisherigen Linie, wonach seine Handlungsweise "völlig korrekt" gewesen sei. Der Richter vertiefte sich in sämtliche Details der Vorgänge rund um die Swap-Geschäfte mit der inzwischen in Konkurs gegangenen Investmentbank Lehman Brothers vor vier Jahren, penibel zeichnete er die Abläufe nach und stellte immer wieder Detailfragen an den Banker.

Zur Sprache kam auch die Rolle des Treasurers, der damals die Geschäfte abgewickelt hatte. Liebhauser-Karl wollte wissen, ob an eine Entlassung von Christian R. gedacht worden sei. Natürlich habe es ein Gespräch in dieser Richtung gegeben, antwortete Kulterer. Christian R. sei über alle Jahre hinweg ein "höchst vertrauenswürdiger und guter Treasurer" gewesen.

"Unglaublich kleine" Verlustchance
Ihm sei auch vom bankinternen Risk-Controlling bestätigt worden, dass bei den Transaktionen die Chance, über die Laufzeit von zehn Jahren eine kleine Prämie zu erzielen, sehr groß gewesen sei. Die Wahrscheinlichkeit, einen Verlust zu produzieren, sei hingegen als "unglaublich klein" bezeichnet worden, betonte Kulterer. Arbeitsrechtliche Konsequenzen für Christian R. habe es insoweit gegeben, dass er ab diesem Moment derartige Geschäfte nicht mehr alleine durchführen habe dürfen.

Kulterer unterstrich, dass auch bei der Korrektur der Bilanz für 2004, die einen Verlust von knapp 100 Millionen Euro ausgewiesen hat, ein positives Ergebnis möglich gewesen wäre. Die gewählte Bilanzierungsform sei "auf Druck der Finanzmarktaufsicht" zustande gekommen. Die Bilanz 2004 in der korrigierten Version wies eine Bilanzsumme von 17,83 Milliarden Euro aus. Statt 172 Millionen Euro Gewinn vor Steuern wie ursprünglich verbucht betrug der Verlust 99 Millionen Euro, das Betriebsergebnis wies 236 Millionen Euro aus. Der Schaden aus den Zins- und Währungs-Swaps betrug, bereinigt um Zinseffekte und Umstrukturierungen, insgesamt 288 Millionen Euro.

Für den zweiten Verhandlungstag am Mittwoch ist die Einvernahme von Kulterers damaligem Stellvertreter Günter Striedinger angesetzt, danach soll Thomas Morgl aussagen. Letzterer ist nach wie vor im Vorstand der Hypo Group Alpe Adria tätig. Wann HGAA-Chef Berlin in den Zeugenstand treten wird, steht noch nicht fest.

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