Im Eilverfahren

Bankenhilfspaket im Nationalrat beschlossen

Österreich
21.10.2008 12:21
Der Nationalrat hat am Montag das Bankenhilfspaket zur Abwehr der Finanzkrise auf den Weg gebracht. Es sieht unter anderem die unbegrenzte Einlagensicherung für Sparbücher und Privatkonten vor, außerdem staatliche Haftungen für Kredite zwischen Banken sowie mögliche Staatszuschüsse an Banken, die in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Beschlossen wurde das Unterstützungspaket einstimmig. Die Grünen bekundeten zwar einige Einwände, in der entscheidenden abschließenden Abstimmung votierten aber auch sie für die Gesetze. Am Dienstag segnet der Bundesrat das Paket ab, womit einem raschen Inkrafttreten nichts mehr im Weg steht.

Nach mehr als vierstündiger Debatte stimmten alle fünf Parlamentsparteien für das Bankenhilfspaket, die Grüne allerdings mit einigem Bauchweh. Klubchef Alexander Van der Bellen forderte zusätzliche Garantien für KMU und Häuslbauer. Das BZÖ verlangte mehr parlamentarische Kontrolle der Bankenhilfe, stimmte letztlich aber ebenfalls für das Hilfspaket, "weil es alternativlos ist", wie Klubobmann Peter Westenthaler sagte. FPÖ-Chef Heinz Christian Strache verlangte insbesondere Maßnahmen für jene Personen, die ihr Geld in die zweite und dritte Pensionssäule gesteckt haben und nun vor der Pensionierung stehen sowie für Häuslbauer mit Krediten. SPÖ, FPÖ und Grüne sparten außerdem nicht mit Häme für die gescheiterte "neoliberale" Wirtschaftspolitik.

Paket ist 100 Milliarden Euro schwer
Das Unterstützungspaket für die österreichischen Banken, das im Eilverfahren beschlossen wurde, ist 100 Milliarden Euro schwer. Der Großteil davon steht für eine staatliche Garantie, dass Banken einander wieder Geld leihen. 15 Milliarden Euro beträgt der Rahmen für staatliche Kapitalzuschüsse oder sonstige Eigenkapitalstärkungen für die Finanzbranche.

Sollte eine Bank auf die Hilfe angewiesen sein, kann der Staat einspringen. Ist dies tatsächlich der Fall, wird dem Staat (konkret Finanzminister und Bundeskanzler) ein Mitspracherecht u.a. bei der Verwendung der Gelder sowie bei den Gehältern der Führungskräfte eingeräumt.

Einlagensicherung wird erhöht
Rückwirkend zum 1. Oktober erhöht wird die Einlagensicherung für private Sparer. Bisher waren bei privaten Konten und Sparbücher 20.000 Euro gesichert, wenn die Bank pleitegehen sollte. Die von den Bankenverbänden getragene Einlagensicherung wird auf 50.000 Euro erhöht, was darüber hinaus geht, dafür sind Darlehen oder Anleihen aufzunehmen, für die der Bund dann haftet. Eine höhere Einlagensicherung von bis zu 50.000 Euro gibt es auch für kleine Firmen (KMU, kleine Kapitalgesellschaften) bis 9,6 Millionen Euro Umsatz. Hier gibt es freilich einen Selbstbehalt von zehn Prozent.

FMA darf Aktien-Leerverkäufe untersagen
Weiters verfügte der Gesetzgeber, dass die Finanzmarktaufsicht sogenannte Aktien-Leerverkäufe, mit denen auf fallende Aktienkurse spekuliert wird, untersagen darf.

Staatshilfe für allen Großbanken angedacht
Nach Beschluss des Bankenhilfspaketes im Nationalrat könnte es zu einer Staatsbeteiligung an allen fünf großen Banken in Österreich kommen. Wie am Montag von SPÖ und ÖVP bestätigt wurde, wird derzeit eine akkordierte Vorgangsweise der "systemrelevanten Banken" diskutiert. Demnach könnten sich die "Großen Fünf" gemeinsam um einen staatlichen Kapitalzuschuss bemühen, wie das auch in Deutschland diskutiert wird. Einzelne Banken sprachen zuletzt vor allem davon, die Liquiditätsgarantien abrufen zu wollen.

Mit einer akkordierten Vorgangsweise der fünf großen Banken - Bank Austria, Raiffeisen, Erste Bank, Volksbank AG und BAWAG - würde verhindert, dass an der Börse jene Bank abgestraft wird, die sich als erste um einen Staatszuschuss bemüht, sagte ein Parlamentarier. Dieses "Mikado-Prinzip" ("wer sich zuerst bewegt, verliert") gelte es zu vermeiden.

Staatliche Haftung für Interbank-Kredite
Das Haftungspaket sieht 85 Milliarden Euro an staatlicher Haftung für Interbank-Kredite vor sowie 15 Milliarden Euro an möglichen Staatszuschüssen, sollten tatsächlich Banken in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Sollte eine Bank auf die Hilfe angewiesen sein, kann der Staat mit diesen Summen einspringen. Ist dies tatsächlich der Fall, wird dem Staat (konkret Finanzminister und Bundeskanzler) ein Mitspracherecht u.a. bei der Veranlagung der Gelder sowie bei den Gehältern der Führungskräfte eingeräumt, außerdem werden Maßnahmen zum Erhalt der Arbeitsplätze eingefordert.

Gedenkminute für Haider
Begonnen hat die Sondersitzung mit einer Gedenkminute für den tödlich verunglückten Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (S) würdigte dabei die "Lebensleistungen" Haiders, der das politische Geschehen in Österreich über Jahrzehnte geprägt habe. "Politische Differenzen und konkurrierende Wertvorstellungen werden durch den Tod nicht aufgehoben, sie werden aber entscheidend relativiert", sagte Prammer. Haiders Tod erinnere daran, "dass bei aller Schärfe der politischen Auseinandersetzung der Respekt vor den Menschen gewahrt bleiben muss".

In alter Zusammensetzung
Der Nationalrat tagte übrigens noch in seiner "alten" Zusammensetzung - wegen der internationalen Finanzkrise wollte man mit den Beschlüssen nicht bis zur konstituierenden Sitzung des neuen Nationalrats am 28. Oktober warten. Für 65 der 183 Abgeordneten war es daher die allerletzte Sitzung.

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