Drei-Euro-Fusel

Diebin wollte Richter mit billigem Wein bestechen

Österreich
09.10.2008 17:41
Eine 54-jährige Wienerin ist am Donnerstag im Wiener Straflandesgericht zu einem Jahr Haft, davon vier Monate unbedingt, verurteilt worden. Nachdem die pensionierte Akademikerin wieder einmal bei einem Ladendiebstahl erwischt worden war, hatte sie den vermeintlich zuständigen Richter besucht, um - so ihre Hoffnung - bei diesem die Niederschlagung ihres Verfahrens zu erwirken. Zu diesem Zweck überreichte sie ihm am Ende des Gesprächs auch eine Flasche Wein. Die Folge: Schuldspruch wegen versuchter Anstiftung zum Amtsmissbrauch und Diebstahls. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Da es sich dabei um keinen edlen Tropfen, sondern um ein Getränk Marke "Billigsdorfer" handelte, meinte die Verteidigerin, liege in keinesfalls ein Bestechungsversuch vor. "Ich glaube nicht, dass man mit einer Flasche im Wert von drei Euro bei einem Richter etwas bewirken kann", sagte die Anwältin. Die Angeklagte selbst versicherte dem Schöffensenat (Vorsitz: Sonja Weis), sie habe dem Herrn Rat lediglich eine "vorweihnachtliche Aufmerksamkeit" zukommen lassen wollen: "Dass diese Flasche eine Bestechung war, hat sich die Staatsanwaltschaft ausgedacht!"

Aus "unverschuldeter jahrelanger Not" zur Diebin geworden 
Die Akademikerin weist immerhin neun Vorstrafen auf. Den Großteil davon machen Ladendiebstähle aus. Sie sei keine Kleptomanin, sondern aus "unverschuldeter jahrelanger Not" zum Stehlen gezwungen gewesen, gab die 54-Jährige zu Protokoll. Die Pensionsversicherungsanstalt habe ihr jahrelang die ihr zustehende Berufsunfähigkeitspension nicht ausbezahlt.

Am 6. Dezember 2007 wurde sie in einer "Spar"-Filiale erwischt, als sie mit Schokolade, Biodatteln und einem Löffel im Gesamtwert von 11,55 Euro ohne zu zahlen das Weite suchen wollte. Dabei war die Frau erst drei Wochen zuvor im Bezirksgericht Innere Stadt wegen Diebstahls verurteilt worden. Da sie offenbar befürchtete, nun als Rückfallstäterin angesichts ihres deutlich getrübten Vorlebens im Gefängnis zu landen, versuchte sie, Kontakt zu jenem Bezirksrichter herzustellen, der zuletzt gegen sie verhandelt hatte. Sie machte seine Handynummer ausfindig, doch der Richter legte umgehend auf. Daraufhin besuchte sie ihn am 19. Dezember in seinem Büro.

Richter gefragt, ob man da nicht "was machen" kann...
"Das halte ich für völlig normal", stellte die 54-Jährige fest. Sie habe den Juristen gefragt, "ob man nichts machen kann". Sie sei immerhin sehr krank: "Es wäre völlig legal gewesen, das Verfahren aufgrund meiner schweren Krankheiten einzustellen!" Den Wein habe sie mitgebracht, "weil mir der Richter bei der Verhandlung sympathisch war und ich ihm zu Weihnachten eine Freude machen wollte".

Der Beschenkte hatte damit keine. Im Gegenteil: "Das hat mich furchtbar aufgeregt, weil ich so was noch nie erlebt habe! Und ich bin seit 1975 Richter! Ich bin eh berüchtigt dafür, dass ich mich so aufrege!" Die Frau habe angedeutet, ob man ihren Akt nicht "verschwinden" lassen könne, berichtete der Richter im Zeugenstand. Darauf habe er sie des Raumes verwiesen, einen Aktenvermerk angelegt und Anzeige erstattet.

Urteil nicht rechtskräftig
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die wegen versuchter Anstiftung zum Amtsmissbrauch und Diebstahls schuldig gesprochene Mittfünfzigerin erbat Bedenkzeit.

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