12 Jahre danach

Bedingte Haftstrafen im Linzer Blutplasma-Prozess

Österreich
09.10.2008 17:49
Der Prozess um verseuchtes afrikanisches Blutplasma, das von einer oberösterreichischen Firma nach Indien und China exportiert wurde, ist am Donnerstag im Landesgericht Linz weit schneller als erwartet zu Ende gegangen: Zwölf Jahre nach dem Auffliegen des Skandals haben sich der ehemalige Geschäftsführer und seine damalige Prokuristin (heute 83 Jahre alt) überraschend schuldig bekannt. Statt eines monatelangen Prozesses erging am späten Nachmittag das Urteil: bedingte Haftstrafen für vorsätzliche Gemeingefährdung und schweren gewerbsmäßigen Betrug. Der 65-jährige Hauptangeklagte bekam 24 Monate, seine frühere Prokuristin 22. Weder Verteidigung noch Staatsanwalt gaben eine Erklärung ab. Die Urteile sind somit nicht rechtskräftig.

Die Firma des heute 65-jährigen Hauptangeklagten habe Blutplasma in Simbabwe eingekauft, das lediglich für diagnostische, nicht aber für therapeutische Zwecke geeignet gewesen sei, führte Staatsanwalt Dietmar Gutmayer in seinem einstündigen Anklagevortrag zu Beginn des Verfahrens aus. Dessen ungeachtet hätte der vorbestrafte Biochemiker 21.000 Fläschchen nach Indien sowie weitere nach China bzw. Hongkong weiterverkauft. Dort seien sie zwischen 1993 und 1996 an Apotheken und Spitäler ausgeliefert worden. Die Spendernamen habe man teilweise manipuliert. Erst nach dem Konkurs der Firma 1996 sei die Affäre aufgeflogen.

Hep A bewiesen, HIV nicht
Gutachten hätten eine teilweise Verseuchung des Plasmas mit Hepatitis B bestätigt, so Gutmayer weiter. Eine Kontamination mit HIV und Hepatitis C werde zwar vermutet, habe aber bisher nicht nachgewiesen werden können, denn: Es gebe in Indien keine Dokumentation, Verstorbene würden kurz nach ihren Tod verbrannt, erklärte der Staatsanwalt. Ein "Stern"-Journalist, der vor Jahren in Indien recherchiert hatte, berichtete in seinem Artikel allerdings von 47.000 teils schwer erkrankten Opfern.

Akt hat 20.000 Seiten
Die Komplexität und der Umfang des Falls - der Akt umfasst 20.000 Seiten - seien neben mangelnden Personalressourcen auch der Grund, warum es erst nach zwölf Jahren zu einer Anklage gekommen sei, rechtfertigte Gutmayer den späten Prozessbeginn. Die wirklichen Großverdiener in der Causa seien jedenfalls nicht die beiden Angeklagten, sondern weitere Geschäftspartner aus der Schweiz bzw. den USA gewesen. "Das Plasma hatte einwandfreie Qualität, möglicherweise ist es später kontaminiert worden", sagte der Verteidiger des Hauptangeklagten. "Es gibt keine Geschädigten", argumentierte der Anwalt der ehemaligen Prokuristin. Außerdem habe seine Mandantin, die mittlerweile 83 Jahre alt ist, nur eine "sehr untergeordnete Rolle" gespielt.

Geständnis bereitete ein jähes Ende
Mit einem Geständnis verkürzten dann die beiden Angeklagten am Nachmittag den Prozess auf ein Minimum. Sie hätten die wahre Herkunft des Plasmas mittels falscher Etikettierung und Fälschung von Geschäftsunterlagen verschleiert, gaben sie zu. Der Staatsanwalt verzichtete daraufhin auf die Ladung zahlreicher ausländischer Zeugen. Allen Beteiligten würde durch das Geständnis enormer Aufwand erspart, das sei mildernd zu berücksichtigen, so Staatsanwalt Dietmar Gutmayer, der sodann die bedingten Haftstrafen für die

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