Grausame Bluttat

“Ja, verurteilt’s mich, ich bin der Täter”

Österreich
05.10.2008 20:53
Der 48-jährige Oststeirer, der in der Nacht auf Samstag in der Oststeiermark seine Schwiegereltern mit einer zu einem "Flammenwerfer" umfunktionierten Propangasflasche getötet hat, hat sich bei der ersten Einvernahme am Krankenbett geständig gezeigt. "Ja, verurteilt's mich, ich bin der Täter" sei laut Chefermittler Anton Kiesl die einzige konkrete Aussage gewesen. Am Sonntag wurde die Untersuchungshaft verhängt. Der 48-Jährige hat sich beim Selbstmordversuch Schnitt-und Stichverletzungen zugefügt, die aber nicht lebensbedrohend waren. Auch habe er eine leichte Rauchgasvergiftung erlitten, sodass er noch etwa fünf Tage im Landeskrankenhaus Hartberg behandelt wird.

Über das Motiv habe der mutmaßliche Täter keine Auskünfte gegeben bzw. geben können, so Kiesl. Der Mann habe einen verwirrten Eindruck gemacht. Nach wie vor geht man davon aus, dass der Oststeirer mit der langjährigen Pflege der 84-jährigen Schwiegereltern überfordert war.

Streit eskalierte am Freitagabend
Freitag am späten Abend war zwischen Franz B. und seinen Schwiegereltern im gemeinsamen Haus in St. Magdalena in Lemberg wieder einmal ein heftiger Streit ausgebrochen. "Geh hinauf und leg dich nieder!", befahl darauf gegen 22 Uhr der Angestellte seiner Ehefrau. Die beiden Kinder waren nicht zu Hause. Dann ließ er dem über Jahre aufgestauten Hass seinen furchtbaren Lauf.

Gasflasche als Flammenwerfer
Er holte eine 11-Kilo-Gasflasche und ging ins Schlafzimmer zurück, in dem seine Schwiegermutter - der Frau waren wegen Zuckerkrankheit beide Beine amputiert worden - bereits seit zehn Jahren ans Bett gefesselt war. Ihr 1,90 Meter großer, korpulenter Mann stand daneben, als der Steirer das Ventil öffnete und zündelte. Die Stichflamme wurde zur grauenvollen Waffe. Die 84-Jährige verbrannte hilflos im Zimmer. Währenddessen dürfte Hermann J. (83) sich als lebende Fackel noch ins Freie geschleppt haben! Seine verkohlte Leiche wurde auf der Bank vor dem Haus entdeckt.

Die Ehefrau des Verdächtigen hatte sich durch einen Sprung aus dem ersten Stock ins Freie gerettet. Weinend rief sie ihre Tochter an und diese alarmierte die Polizei. Bei Gabriele B. - sie erlitt einen schweren Schock - hat das Schicksal schon zuvor grausam zugeschlagen: Vor vier Jahren starb eine Tochter aus erster Ehe bei einem Unfall, vor kurzem ein guter Bekannter an Krebs und die Schwester ist schwer krank!

48-Jähriger wollte sich selbst töten
Der Tatverdächtige konnte dann bei einer Großfahndung kurz nach ein Uhr früh von einer Funkstreife in der Nähe des Tatortes aufgegriffen werden. Offenbar wollte der 48-Jährige sterben, hatte sich mit einem Küchenmesser mehrere Bauchstiche zugefügt.

Bruder schockiert
Entsetzt über die Wahnsinnstat des Angestellten und zweifachen Familienvaters ist auch sein Bruder: "Zehn Jahre hat er die Schwiegereltern gepflegt. Ins Spital oder ein Heim wollten sie aber nicht. Und auch die Gabi war mit ihrem kaputten Kreuz arbeitsunfähig. 'Du schaffst das nicht mehr', hab ich Franz gesagt. Jetzt ist es zu spät..."

"Viele Angehörige mit Pflege überfordert"
Rund 400.000 Österreicher sind derzeit pflegebedürftig. Der Großteil von ihnen wird nicht im Heim, sondern zu Hause von der Familie betreut. "Viele Angehörige sind damit überfordert", wissen Experten. In Ausnahmesituationen kann es dann - wie jetzt in St. Magdalena - zum Drama kommen. Gleich vorweg: Für die Horrortat in St. Magdalena/Lemberg in der Oststeiermark kann und darf es keine Entschuldigung geben. Experten bestätigen jedoch: Immer öfter sind Angehörige mit der so intensiven Betreuung von ihren bettlägerigen Eltern oder Verwandten heillos überfordert.

"Chronische Belastungssituation"
Der Wiener Psychiater Dr. Alexander Bernhaut analysiert: "Viele Pflegende geraten durch die Doppelbelastung mit dem Beruf an ihre Leistungsgrenze, man spricht von einer chronischen Belastungssituation. Hinzu kommt aber der moralische Druck weiterzumachen und die Liebsten nicht ins Heim abzuschieben. Dann kann bei labilen Personen eine Kleinigkeit genügen, die das Fass zum Überlaufen bringt." Es kommt zu aggressivem Verhalten gegen sich selbst - oder wie im schlimmsten Fall - gegen die Angehörigen.

Manfred Niederl, Gregor Brandl und Christian Schulter, Kronen Zeitung, und krone.at

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