Große Minderheit

FP-Chef Strache auf Stimmenfang bei den Serben

Politik
25.09.2008 20:09
Die in Österreich lebenden Menschen mit serbischem Migrationshintergrund sind eine für Parteien nicht zu unterschätzende Wählergruppe – besonders im Wahlkampf 2008, wo es einmal mehr um wirklich jede Stimme geht. Bei den Serben dürfte dies aber nur FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache erkannt haben, der sich im Wahlkampf auffällig intensiv für serbische Interessen einsetzt. Dass er auf seinen Plakaten ganz unauffällig mit dem Gebetsband der Serbisch-Orthodoxen (siehe Foto oben) posiert, kommt da wohl nicht von ungefähr. Die serbische Minderheit in Österreich ist über den FP-Chef auf Stimmenfang geteilter Meinung.

In Österreich leben etwa 300.000 Menschen mit serbischem Hintergrund, viele mittlerweile in zweiter und dritter Generation - und daher auch mit Wahlrecht. Traditionell wählte eine überwältigende Mehrheit der Serben bisher die SPÖ. Bei der Nationalratswahl am Sonntag dürfte dies aber nicht mehr ganz der Fall sein, denn nicht wenige Bürger serbischer Herkunft kehren den Sozialdemokraten den Rücken.

Profitieren dürfte von dieser Abkehr vor allem die FPÖ - sie hat sich ja auch dorthin gearbeitet: Strache polterte im Wahlkampf gegen die Unabhängigkeit des Kosovo, machte sich für die Besserstellung der serbisch-orthodoxen Kirche in Österreich stark, besuchte deren Gottesdienste, bekreuzigte sich dabei mit drei Fingern und zeigt sich immer wieder mit der bei Serben beliebten „Brojanica" – je nach Auslegung bzw. Frömmigkeit Gebets- oder Freundschaftsband.

„Das Spiel von Strache ist sehr durchschaubar“
Darko Miloradovic vom Dachverband serbischer Vereine in Wien meint hingegen: „Nur weil jemand irgendein Armbandel trägt, bedeutet dies noch lange nicht, dass er ein Freund der Serben ist. Strache versucht doch nur, mit linkischen Methoden Stimmen zu keilen. Wir sind ganz klar gegen diese Anbiederung“. Natürlich seien die in Österreich lebenden Serben von der Wiener Kosovo-Politik „enorm enttäuscht“. Für die allermeisten Serben sei die „völkerrechtswidrige Unabhängigkeit des Kosovo einfach vollkommen inakzeptabel“ und es sei „bedauerlich, dass man in Österreich nicht zweimal hingeschaut hat, sondern voreilig reagiert und den Kosovo anerkannt hat“, sagt der bekennende SPÖ-Sympathisant. Dass aber deswegen viele Serben Strache wählen, glaubt er nicht. „Das Spiel von Strache ist sehr durchschaubar. Und das ist doch absolut widerlich. Er spielt mit den Gefühlen der Menschen in dieser heiklen Frage. Strache biedert sich jetzt nur an eine Zielgruppe an, die bisher noch nicht wichtig war“, kritisiert Darko. Doch nicht alle Serben sind der Meinung Miloradovics, was sich etwa bei Wahlveranstaltungend er FPÖ in Wien zunehmend zeigt.

Strache: „Etwaige Wählerstimmen spielen sicher keine Rolle“
Der FPÖ-Chef selbst will von Stimmenfang oder gar Anbiederung natürlich nichts wissen. „Ich kenne viele Österreicher mit serbischem Hintergrund und habe auch einige gute serbische Freunde. Ich trainiere etwa gemeinsam mit ihnen oder gehe mit ihnen aus. Und da bekommt man natürlich auch Infos, was sich so alles im Hintergrund abspielt“, schildert er. Es gehe ihm beim Thema Kosovo jedenfalls um „Gerechtigkeit“. Die Unabhängigkeitserklärung durch Pristina sei ein „eklatanter Völkerrechtsbruch“ und es sei „unverantwortlich, wie man hier dem selbst ernannten Weltpolizisten USA gefolgt ist“. Die österreichische Regierung habe sich „unverantwortlich“ verhalten, indem sie diesen Akt unterstützt und mit der Neutralität gebrochen habe. „Und dann wundert man sich über die Emotionen der Serben? Ihnen ist die Identität schlechthin genommen worden. Es gibt ja kaum einen Serben, der nicht aus dem Kosovo stammt“, spricht Strache ganz gezielt serbische Emotionen an und beteuert zugleich: „Etwaige Wählerstimmen spielen sicher keine Rolle.“

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