Elsners Häfn-Alltag

Ex-BAWAG-Chef schildert Alltag im Gefängnis

Österreich
22.09.2008 08:41
Freunde seien ihm kaum mehr geblieben, dafür verhielten sich die Mithäftlinge freundlich, seitdem sie ihn persönlich kennengelernt haben, erzählt Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner aus seiner Untersuchungshaft in der Justizanstalt Wien-Josefstadt in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin „profil“. Er werde hin und wieder sogar um Autogramme gebeten, eine zeitlang war der Tierschützer Martin Balluch sein Zellengenosse, so Elsner. Ansonsten übt der 73-Jährige in dem ersten Mediengespräch seit seiner Verurteilung heftige Kritik an seiner Richterin, dem Staatsanwalt, dem Mitangeklagten Flöttl und dem BAWAG-Sanierer und heutigen OeNB-Präsidenten Ewald Nowotny. Richterin Bandion-Ortner äußert Verständnis für Elsners „schwierige Lage“.

Der Umgang seiner Mithäftlinge hat sich nach Erzählung Elsners gebessert. „Am Anfang war es hier fürchterlich. Die Öffentlichkeit war aufgrund der gewaltigen Medienkampagne gegen mich derart verhetzt, dass man mir auch hier im Hause mit Zurückhaltung begegnet ist. Das hat sich aber geändert, nachdem man gesehen hat, dass ich eben nicht das Monster bin, für das mich alle gehalten haben.“

Er schlafe sehr viel, auch tagsüber, so der Ex-Banker. „In der Früh bin ich der Erste, der in die Dusche kommt, dann mache ich mir mein Frühstück. Ich versuche, wenig zu essen, weil ich hier ja kaum Bewegung bekomme. Sonst passiert nicht viel. Ich lese und höre Musik, sehe aber von Nachrichten und Sport abgesehen kaum fern“, schilder Elsner seinen Alltag im Häfn.

Mittlerweile seien die Leute „überwiegend freundlich“, er werde immer wieder um ein Autogramm gebeten - oder um „eine Million“. Elsner sitzt derzeit allein in seiner Dreierzelle, zuletzt habe er diese mit dem Tierschützer Martin Balluch geteilt, schreibt „profil“. Balluch sei ein bisschen ein Sonderling, aber ein hochintelligenter Mensch. Aber während für Balluch Peter Pilz interveniert habe, habe das für ihn, Elsner, niemand getan, kritisiert der Banker. Elsner ist in erster Instanz wegen Betrug, Untreue und Bilanzfälschung nicht rechtskräftig zu neun Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.

„Schlichtes Gemüt und merkwürdige Vorlieben“
Vor allem für Richterin Claudia Bandion-Ortner hegt Elsner wenig Sympathie: „Die Performance von Frau Bandion-Ortner war absolut unfassbar. Aus meiner Sicht ist sie mit einem sehr einfach strukturierten Geist gesegnet. Sie hat ein sehr schlichtes Gemüt und merkwürdige Vorlieben“ wird Elsner im „profil“ - zwei Redakteure des Magazins trafen den Ex-BAWAG-Chef unter strengen Auflagen im Gefängnis - zitiert. Elsner stößt auf, dass Bandion-Ortner einst im großen Schwurgerichtssaal heiratete. Auch Staatsanwalt Krakow habe „phasenweise agiert, wie (Wolfgang Flöttls) Verteidiger“.

Ein Geständnis käme Elsner offenbar nicht in den Sinn. „Selbst wenn die mir schriftlich geben, dass ich freigesprochen werde, werde ich nicht gestehen, weil es nichts zu gestehen gibt“. Der mitangeklagte Wolfgang Flöttl, der zweieinhalb Jahren Haft, davon zehn Monate unbedingt, ausfasste, habe hingegen „herumgeschleimt“, „sich an allen abgeputzt und der Frau Rat gesagt, wie charmant sie nicht sei“. Das sei „zum Speiben“ gewesen.

„Nowotny musste Gusenbauer die Wahl retten“
OeNB-Präsident und Ex-BAWAG-Direktor Nowotny wiederum sei „ein Universitätsprofessor, der vom Bankgeschäft keine Ahnung hat“, kritisiert Elsner. Auch dass Nowotny bei der Übernahme des Chefsessels in der Bank von den Problemen nichts gewusst hätte, weist Elsner zurück. 2005 und 2006 sei er bereits informiert worden. „Heute weiß ich, dass Nowotny den Auftrag hatte, dem Gusenbauer die Wahl zu retten. Und dafür musste ich eben als Sündenbock herhalten“, sagte Elsner laut „profil“.

Obwohl Gusenbauer früher „unzählige Male“ bei ihm zum Frühstück gewesen sei und sich beraten habe lassen, habe er nun in der Haft „nicht ein einziges Mal bei mir angerufen“. Auch sonst haben Elsners Freundschaften offenbar die Haft nicht überstanden: „Martin Schlaff ist ein Freund. Er hat mir und meiner Familie sehr geholfen (etwa durch die Erlegung einer Kaution von einer Million Euro, Anm.). Sonst ist da nicht mehr viel.“ Aber Elsner ist für die Zukunft optimistisch: „Ich bin überzeugt, wenn ich am Ende draußen bin, und irgendwann muss man mich ja in die Freiheit entlassen, sind sie alle wieder da.“

BAWAG-Richterin hat Verständnis für „schwierige Lage“
Schon im BAWAG-Prozess hat Helmut Elsner „seine“ Richterin immer wieder heftig angegriffen. Im „profil“-Interview sind die Attacken diesmal zutiefst persönlich. Wie reagiert die Angesprochene darauf? Höflich, zurückhaltend und mit Augenmaß: Bandion-Ortner zeigt Verständnis für Elsners „schwierige Lage“, empfiehlt ihm, sie nicht über die Medien zu kritisieren, sondern alle Rechtsmittel gegen das Urteil (9 1/2 Jahre Haft) auszuschöpfen. Etwas anderes bleibt ihr nicht übrig: Auf einen Prozess wegen Ehrenbeleidigung kann sie sich nicht einlassen. Dann könnte ihr von Elsner Befangenheit vorgeworfen werden. Der BAWAG-Prozess müsste dann vielleicht wiederholt werden.

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