Kein Vertrauen in SP

Molterer: “Rot-Blau ist ausgemachte Sache”

Österreich
15.09.2008 10:54
ÖVP-Chef Wilhelm Molterer hat am Sonntag einmal mehr vor den hohen Folgekosten der Mehrwertsteuersenkung und vor einer rot-blauen Koalition gewarnt. "Rot-Blau ist in Reichweite", sagte Molterer, gegenteiligen Beteuerungen von SPÖ-Chef Werner Faymann schenkt er keinen Glauben. Außerdem warnte der ÖVP-Obmann in der ORF-"Pressestunde" vor einer Wirtschaftskrise: "Die Wolken am Konjunkturhimmel werden immer düsterer, da braucht's jemanden, der etwas von Wirtschaft versteht." Im Wahlkampf sieht er den "Wendepunkt" nun erreicht.

Der klaren Absage Faymanns an die Zusammenarbeit mit der FPÖ traut Molterer nicht und verweist darauf, dass der SPÖ-Chef auch seine Zusage vom Sommer gebrochen hat, die ÖVP im Parlament nicht zu überstimmen. "Das ist ausgemachte Sache, davon bin ich überzeugt", geht Molterer von einer rot-blauen Koalition aus. Für die ÖVP wollte Molterer keine Koalitionsvariante ausschließen. "Ich schließe grundsätzlich niemanden aus", so der VP-Chef, machte aber die bekannte Ausnahme, dass eine mit dem EU-Austritt liebäugelnde FPÖ kein möglicher Partner sei.

Zu seiner Neuwahlentscheidung vom Sommer steht Molterer trotz schlechter Umfrage-Ergebnisse. Mit der SPÖ habe "totale Blockade" geherrscht, nun gehe es um eine "Richtungsentscheidung": Die ÖVP stehe für Verlässlichkeit, die SPÖ für einen "riskanten Weg, der die Steuern erhöhen wird, der die Schulden erhöhen wird". Die schwachen Umfragewerte der ÖVP nimmt Molterer gelassen und verweist auf zwei Millionen unentschlossene Wähler.

"Lächeln entscheidet nicht über Erfolg Österreichs"
Außerdem warnte Molterer vor einer Konjunkturabschwächung, die "Hunderttausende Arbeitsplätze" gefährde. Davon erwartet er sich im Wahlkampf Aufwind. "Was ich spüre: Es ist der Wendepunkt erreicht", meinte der ÖVP-Chef. "Weil Österreich auf schwierigere Zeiten zugeht, werden die Österreicher die Stabilität, die Verlässlichkeit wählen." Kritik an den textlastigen ÖVP-Plakaten wies er zurück: "Es wird nicht über den Erfolg Österreichs entscheiden wer besser lächelt."

"Kopfwäsche" für abwesende ÖVP-Abgeordnete
Über die Abstimmungsniederlage der ÖVP am Freitag - weil zahlreiche Abgeordnete fehlten, konnten SPÖ und FPÖ in Sachen Mehrwertsteuer-Halbierung ÖVP, Grüne und BZÖ überstimmen - zeigte sich Molterer verärgert. "Dieser vergangene Freitag ist tatsächlich ein Tag, den ich im Parlament nicht mehr erleben möchte", sagte Molterer, auch mit Blick auf die Abwesenheit Faymanns zu Beginn der Sitzung. Und in Richtung ÖVP-Klub: "Die Kollegen haben eine ordentliche Kopfwäsche von mir verpasst bekommen."

Einmal mehr warnte Molterer, dass die am Freitag von den anderen Parteien eingebrachten Anträge 25 Milliarden Euro kosten würden. Diese "Spirale der Begehrlichkeiten" sei "brandgefährlich". Die Vorschläge der ÖVP hält Molterer dagegen für "machbar, durchgerechnet und finanzierbar". Nun gehe es darum, die Mehrwertsteuersenkung zu verhindern, da sie die Steuerreform gefährden würde. Sollten SPÖ, Grüne und FPÖ auch die Studiengebühren streichen, würde sie Molterer - entsprechende Mehrheit nach der Wahl vorausgesetzt - wieder einführen.

SPÖ: Molterer als "kalter Technokrat"
Mit scharfer Kritik reagierte SPÖ-Klubobmann Josef Cap auf den Auftritt von Wilhelm Molterer. "Molterer präsentierte sich als kalter Technokrat, dem die Sorgen und Nöte der Menschen egal sind und der eine Stunde lang nur erklärte, was er verhindern werde", so Cap. Politik brauche Optimismus, den Willen zu gestalten und kein "Krisengerede". Außerdem würden die von der SPÖ vorgeschlagenen fünf Punkte gegen die Teuerung nicht mehr als die Mehreinnahmen des heurigen Jahres kosten.

Grüne: "Sonntagspredigt" ohne Reformansätze
Eine "Sonntagspredigt" ohne erkennbare Reformansätze war der Auftritt von Molterer für Grünen-Vizechefin Eva Glawischnig. Molterer sei für "Dauerstreit, Lähmung und Stillstand" in der Großen Koalition mitverantwortlich, auch wenn er jetzt so tue, als wäre er nicht Vizekanzler und Finanzminister gewesen. "Faktum ist, die ÖVP ist unglaubwürdig. Ein echter Neubeginn ist nur mit den Grünen möglich", so Glawischnig in einer Aussendung.

FPÖ: ÖVP will Österreicher nicht entlasten
Für FPÖ-Chef Heinz Christian Strache hat der Auftritt Molterers einmal mehr klar gemacht, dass die ÖVP nicht willens sei, die Österreicher zu entlasten. Molterers Aussagen über die Sondersitzung vergangenen Freitag seien außerdem ein klarer Beweis dafür, dass die ÖVP Probleme mit dem Parlamentarismus und der Demokratie habe. Dank der FPÖ sei nun ein sozial treffsicheres Paket auf den Weg geschickt worden. Die ÖVP trage die Verantwortung dafür, dass der Mittelstand zerbrösle und es den Familien immer schlechter gehe.

BZÖ: Molterer lockt keinen Wähler hinter dem Ofen hervor
BZÖ-Generalsekretär Martin Strutz glaubt, "dass die ÖVP den Wahlkampf offenbar schon aufgegeben hat". Molterer habe keine klaren und glaubwürdigen Konzepte für Österreich präsentiert und rede nur um den heißen Brei herum. "Mit seinem Bürgervertrag lockt er keinen Wähler hinter dem Ofen hervor." In Sachen Mehrwertsteuersenkung will das BZÖ bis 24. September weiterverhandeln. Das Konzept der SPÖ habe noch "gravierende Schwächen" und müsse durch BZÖ-Vorschläge "nachgebessert" werden.

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