Kritik an Gutachten

Psychiater Friedrich wehrt sich gegen Vorwürfe

Österreich
10.09.2008 17:55
Der renommierte, zuletzt wegen eines Gerichtsgutachtens in Kritik geratene Psychiater Max Friedrich wehrt sich gegen die von Richtern und Fachkollegen vorgebrachten Vorwürfe und hat seinen Rechtsbeistand eingeschaltet. "Ich habe meinem Anwalt die Causa übergeben", erklärte Friedrich am Mittwoch. Zu den Vorwürfen will er nicht Stellung nehmen. "Da ist alles gesagt." Es handle sich um schwebende Verfahren, darum dürfe er sich dazu nicht äußern. Nur eines: "Die Glaubwürdigkeit des Kindes muss der Bestimmung des Gerichtes überlassen werden", so Friedrich.

Der von dem Psychiater bewusst namentlich nicht erwähnte Advokat soll Klagen bezüglich Ruf- und Kreditschädigung überprüfen. "Was schwer rüberzubringen ist, ist, dass in Österreich jeder an der Beweisaufnahme teilnehmen kann: der Richter, der Anwalt, der Staatsanwalt und der Beschuldigte", sagte Friedrich. Und dabei stelle der Sachverständige die Fragen an das Opfer. "Und da kann es manchmal passieren, dass der Anwalt sagt, dass ihm die Fragen zu ungenau sind", sagte Friedrich. Wenn es zugelassen wird, wird der Sachverständige mehr ins Detail gehen.

Dabei werden laut Friedrich drei Kriterien erläutert: der Reifezustand des Kindes, ob es erkennen kann, was passiert; ob das Kind geistig gesund ist oder ob es behindert, krank oder depressiv ist, alle seine Sinne hat; ob es Anzeichen für "Pseudologie" gibt, wo Erdachtes, Erfundenes und Fantasiertes für wahr gehalten werde. Zudem werde die Aussagefähigkeit und -tüchtigkeit des Kindes geprüft. Das heißt, kann ein Kind das Geschehene auch inhaltlich darstellen und wie drückt es sich seinem Alter entsprechend aus.

"Ich bin beileibe nicht Gott!"
Es komme immer wieder vor, dass mehr als ein Gutachter einem Verfahren beiwohnt. "Es ist gar nicht so selten, dass bei geringstem Zweifel ein zweiter Gutachter beauftragt wird", sagte Friedrich. "Bei dramatischen Diagnosen geht man auch zu einem zweiten Arzt seines Vertrauens. Und ich bin beileibe nicht Gott", meinte der Psychiater. Zu der Kritik von Psychiater Reinhard Haller in mehreren Medien, Gutachter seien "mangelhaft ausgebildet" und würden "miserable bezahlt" werden, äußerte sich auch Friedrich: "Als Universitätslehrer muss ich mich dagegen verwahren." Viele Kollegen, die er zu Gutachtern eingeschult habe, hätten nach kurzer Zeit die Ausbildung abgebrochen, weil man sich für eine seriöse Expertise viel Zeit nehmen müsse. Im Gegensatz zu Bau- oder Wirtschaftssachverständigen arbeite man nach einem klaren Katalog. Kleine Gutachten kosten 49 Euro pro Person, das große Gutachten werde mit 169 Euro pro Person bemessen. "Eine goldene Nase verdient man sich dabei natürlich nicht." Friedrich: "Privatgutachten erstellen wir nicht. (...) Das ist kein seriöses Geld."

"Und jetzt unterstellt man mir Kinderfreundlichkeit?"
Der Wissenschafter möchte sein Bild in der Öffentlichkeit wieder zurechtrücken. Viele Kollegen würden zwar hinter ihm stehen (zuletzt stärkte auch die Richtervereinigung Friedrich den Rücken, siehe Infobox), doch ist er über die anonyme Kritik von mehreren Richtern empört. Immerhin sei Friedrich vor Jahren an der Einführung der kontradiktorischen Befragung von Minderjährigen vor Gericht maßgeblich beteiligt gewesen. "Meine Kampagne wird sein, dass ich als seit 37 Jahren im Geschäft befindlicher Psychiater den Kinderschutz weiter hoch halten werde. Und jetzt unterstellt man mir Kinderfreundlichkeit?" Auch wenn Friedrich unter Beschuss geraten ist, wolle er weiterhin bei Tagungen über seine Arbeit referieren, über Unterschiede in den Ländern, das Für und Wider seiner Tätigkeit darstellen. Unabhängig von der derzeitigen Situation will sich der Psychiater für einen Schweizer Forschungsansatz, der bereits in Basel eingesetzt wird, stark machen. Laut Friedrich werden Beschuldigte in Verfahren, in denen die Opfer in einem Alter unter fünf, sechs Jahren sind, oft nicht verurteilt.

In der Schweiz wurde deshalb eine neue Methode der Einvernahme des Opfers entwickelt: Das Kind werde von einer Fachkraft - einem Psychiater oder Psychologen - befragt. Hinter einem Einwegspiegel sitzt der Sachverständige und schaut zu. Über einen Monitor beobachtet zudem ein Vierfach-Gremium, bestehend aus Arzt, Psychologe, Sozialarbeiter und Pädagoge, die Situation. Der Sachverständige hat die Möglichkeit, dem Opfer Fragen zu stellen, das Vierfach-Gremium nicht. Die vier Experten können aber untereinander über die Befragung des Kindes diskutieren, was wiederum der Sachverständige nicht hört. Somit kommen Sachverständiger und Gremium zu einem eigenständigen Entschluss. "Man kann nachschauen, was übersehen wurde", meinte Friedrich. Das Konzept wurde von Friedrich im Justizministerium eingereicht, im Oktober habe er dort einen Termin.

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