Erstes Teilurteil

Zweieinhalb Jahre Haft für Helmut Elsner

Österreich
22.05.2008 16:42
Den Angeklagten im BAWAG-Prozess ist ein erster Vorgeschmack auf das, was noch auf sie zukommen wird, präsentiert worden: Nach etwa eineinhalbstündiger Beratung hat der Schöffensenat im BAWAG-Prozess am Mittwoch das erste von mehreren Teilurteilen gefällt. In der "Causa Gerharter" wurde Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, Ex-Konsum-Chef Hermann Gerharter zu zwei Jahren und Ex-BAWAG-Vorstand Peter Nakowitz zu 15 Monaten Haft. Die Verteidiger von Elsner und Gerharter meldeten Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde an, Nakowitz' Anwalt erbat Bedenkzeit. Die Urteile sind daher noch nicht rechtskräftig.

Die Freiheitsstrafe Gerharters ist teilbedingt verhängt worden, das heißt, er muss von 24 Monaten nur sechs ins Gefängnis. Die Strafe von Nakowitz wird zur Gänze bedingt verhängt, verkündete Richterin Claudia Bandion-Ortner am 101. Verhandlungstag. Elsners Haftstrafe ist unbedingt zu verbüßen, wobei ihm aber seine bisherige Haft (er sitzt seit Februar 2007 hinter Gittern) angerechnet wird. Die drei waren wegen Untreue (Elsner) bzw. Beihilfe dazu (Gerharter, Nakowitz) angeklagt. Elsner und Nakowitz haben bis zuletzt alle Vorwürfe bestritten. Maximal hätten sie mit zehn Jahren Haftstrafe belegt werden können.

Die Causa Gerharter ist ein "Nebenprodukt" des BAWAG-Skandals. Erst als im Zuge der Affäre um Refco und um die Karibik-Verluste die Kreditkonten der Bank überprüft wurden, kam die Sache ans Licht. Mit dem ersten Teilurteil ahndet das Gericht das Geldgeschenk an den ehemaligen Konsum-Generaldirektor Hermann Gerharter.

550.000 Euro im Plastiksackerl "aufgedrängt"
Im Frühjahr 2003 soll Elsner an Gerharter in seinem Büro 550.000 Euro übergeben haben (im berühmten Plastiksackerl, das Peter Nakowitz ins Elsner-Büro gebracht haben soll), damit dieser seine Prozesskosten aus dem Konsum-Verfahren begleichen könne. Elsner habe ihm das Geld "aufgedrängt", sagte Gerharter vor Gericht. Der Schaden für die BAWAG liegt laut Urteil bei über 700.000 Euro. Sämtliche Angeklagte werden in den Schuldsprüchen auch zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Brennend an der Geschichte ist, dass Gerharter selbst eigentlich genug Geld für die von ihm und zwei anderen Angeklagten verlangten Verfahrenskosten des Konsum-Prozesses gehabt hätte. Auf eine Million Euro von seiner Abfertigung hätte er zurückgreifen können, hieß es. "Helmut Elsner wusste von dem Geld, das Gerharter vom Konsum bekommen hatte", führte Richterin Bandion-Ortner aus. Trotzdem habe Elsner - der "Plastiksack-Kredit" wurde kurz vor seiner Pensionierung gewährt - auf jegliche Rückzahlung durch Gerharter verzichtet. Erst bei der Revision nach dem Bekanntwerden des BAWAG-Skandals wurde die Zahlung entdeckt, der Ex-Konsum-Manager musste das Geld danach zurückerstatten.

Bandion-Ortner: "Bank ist kein Selbstbedienungsladen"
Richterin Bandion-Ortner begründete das Urteil für Elsner mit dessen "hoher krimineller Energie" und der hohen Schadenssumme. Daher habe sie auch aus generalpräventiven Gründen keine teilbedingte Strafe verhängt: "Man muss ein Zeichen setzen, eine Bank ist kein Selbstbedienungsladen". Gerharter habe bei seiner letzten Verurteilung lediglich eine bedingte Strafe bekommen, "das Urteil hätte ihm eigentlich eine Warnung sein sollen", sagte sie. "Wenn ein kleiner Häuslbauer mit den Kredit-Raten in Verzug kommt wird er sofort gepfändet, im Fall Gerharter schenkt man ihm das Geld, obwohl er viel Vermögen hat", zeigte sie ihr Unverständnis.

Elsner und Gerharter berufen
Helmut Elsner und Hermann Gerharter haben Rechtsmittel gegen das Urteil erhoben. Ihre Verteidiger legten Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde ein. Der Anwalt von Peter Nakowitz erbat sich Bedenkzeit. Damit sind die Urteile nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf Rechtsmittel gegen das Urteil von Nakowitz und Elsner. Zu Gerharter gab Staatsanwalt Georg Krakow noch keine Erklärung ab.

Gerharter als "Kronzeuge", Elsner sprach von Irrtümern
Der Anwalt Gerharters, Manfred Ainedter, sagte in seinem Schlussplädoyer, sein Mandant habe "die Hosen runtergelassen" und agiere quasi als "Kronzeuge". Zudem verwies er auf die Vorgeschichte: Im Konsum-Prozess sei Gerharter wegen fahrlässiger Krida verurteilt worden, aber die Banken nicht angeklagt worden, obwohl diese laut Ainedter mindestens genauso viel Schuld an der Konsum-Pleite hätten wie Gerharter. Die Banker, insbesondere Elsner, hätten daraufhin Gerharter "gewisse Hilfestellungen" angeboten um den früheren Konsum-Chef "nicht allein im Regen stehen zu lassen". Gerharter selber habe nicht eingesehen, dass er seine Abfertigung für die ihm auferlegten 550.000 Euro Gerichtsgebühren aufwenden solle. Die bloße Geldannahme sei ja nichts Böses, auf das spätere Schreiben der Bank dass seine Konten geschlossen wurden hätte Gerharter aber reagieren müssen, räumte Ainedter ein. Gerharter habe sich aber "nix gedacht" und nicht reagiert. Dies habe ihm letztlich 1,3 Mio. Euro (Gerichtsgebühren und Rückzahlung des überlassenen Geldes an die BAWAG) gekostet.

Der Anwalt von Elsner sah bei seinem Mandanten hingegen keine Schuld. Nicht von Elsner, sondern von Gerharter sei das Ganze ausgegangen. Der frühere Konsum-Chef habe Elsner nämlich seine wahren Vermögensverhältnisse verschwiegen - die besagte Million Euro, die noch dazu bei der BAWAG lag - und ihm von familiären Problemen erzählt. Gerharter habe Elsner um Forderungsverzicht gebeten. Elsner habe den Forderungsverzicht befürwortet, aber aufgrund eines formalen Fehlers in der Bank sei das Guthaben Gerharters nicht dargestellt worden. Aufgrund des internen Prozederes hätte das Gerharter-Guthaben aber dem zuständigen Mitarbeiter auffallen müssen, so der Elsner-Anwalt.

Gar kein Verständnis für die Anklage zeigte der Anwalt von Ex-BAWAG-Vorstand Peter Nakowitz, Rudolf Breuer: "Ich verstehe nicht dass man Nakowitz angeklagt hat", sein Mandant habe mit dem ganzen Vorgang nichts zu tun gehabt. Zu Richterin Claudia Bandion-Ortner, mit der er vorher gestritten hatte, sagte Breuer: "Dass ich Ihnen persönlich sehr nahe stehe, haben sie schon gemerkt. Uns trennt allein die StPO (Strafprozessordnung, Anmk.)!"

Staatsanwalt: "Die Bank gehört nicht dem Vorstand"
Staatsanwalt Georg Krakow kritisierte besonders Elsner scharf: "Die Bank gehört nicht dem Vorstand". Es handle sich beim Sachverhalt um ein "Lehrstück der Untreue" durch Elsner, dem "sein Assistent Nakowitz" assistierte. Gerharter habe das Geschenk angenommen, aber "es ist kein Geschenk, es ist eine unfreiwillige Spende der BAWAG, von 1,2 Millionen Gewerkschaftsmitgliedern". Krakow warf Elsner "hohe kriminelle Energie" vor und kritisierte dessen Verteidigungslinie, er sei gar nicht zuständig gewesen. "Wozu braucht man dann einen solchen Generaldirektor?" Dass Elsner seine Verantwortung auf die ihm untergebenen Mitarbeiter abschiebe, sei eine bemerkenswerte Qualität in negativer Hinsicht.

Urteil im eigentlichen Prozess vielleicht schon Ende Juli
Die "Causa Gerharter" ist für viele Beobachter nun überraschend schnell entschieden worden - während sich der eigentliche BAWAG-Prozess gegen neun Angeklagte immer mehr in die Länge zieht.  Im BAWAG-Prozess wurde bisher ja nur an drei Tagen mit Gerharter verhandelt, zuletzt Ende Jänner 2008. Eine wegen der langen Pause beantragte Neuverhandlung, für die sich besonders der Anwalt von Peter Nakowitz, Rudolf Breuer, einsetzte, wurde vom Gericht noch am Mittwoch - wenige Stunden vor den Urteilen - abgelehnt. Der eigentliche BAWAG-Prozess gegen Elsner, Wolfgang Flöttl und weitere sieben Angeklagte geht erst in der nächsten Woche am Montag weiter. Ein Urteil könnte Ende Juni fallen.

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