Mord und Totschlag

Ältere Ameisen-Männchen lassen junge Rivalen töten

Wissenschaft
15.06.2012 12:44
Bei den meisten Ameisenarten buhlen die Männchen relativ friedlich um die Königin. Primär geht es für sie darum, im Paarungsflug schneller als die Konkurrenten zu sein. Bei einer tropischen Gattung namens Cardiocondyla obscurior hingegen geht es vor der Paarung rund, mit Tarnen und Täuschen, Mord und Totschlag. Ältere Männchen machen sich dabei nicht einmal selbst die "Finger" schmutzig: Sie lassen jüngere Rivallen töten.

Bei der Ameisenart Cardiocondyla obscurior gibt es zwei Sorten von Männchen: Eine friedfertige Form mit Flügel, die nach ein bis zwei Wochen im Nest zur Paarung ausschwärmen.

Sie geht Kämpfen aus dem Weg und schützt sie sich mit einer chemischen Tarnkappe, wie Sylvia Cremer vom Institute of Science and Technology (IST) Austria schon vor einigen Jahren herausgefunden hat. Sie sondern einen Duft ab, der dem Geruch unbegatteter Königinnen ähnelt. Das führt zwar zu so manchem Anbahnungsversuch eines verwirrten anderen Männchens, trotzdem erreichen die Tarner und Täuscher ähnlich hohe Paarungsraten wie ihre kampfeslustigen Artgenossen.

Ältere Männchen lassen junge Rivalen töten
Und die sind nicht zimperlich: Wie Cremer jetzt gemeinsam mit Forschern der Universität Regensburg herausgefunden hat, patrouillieren die aggressiven flügellosen Männchen durch die Kolonie. Sie sind ständig auf der Suche nach schlüpfenden Jungköniginnen, mit denen sie sich paaren können, aber auch nach jungen Rivalen, die sie sofort attackieren. Weil aber ihre Mundwerkzeuge nur gut zum Greifen, aber nicht zum Zerbeißen geeignet sind, halten sie ihren Gegner nur fest und markieren ihn mit einer chemischen Substanz. Dieser Duft bringt die Arbeiterinnen dazu, den Markierten zu töten, wie Cremer im Fachmagazin "BMC Ecology" berichtet.

Wie die Wissenschafter nun zeigten, wehren sich frisch geschlüpfte Männchen im Kampf kaum, sie sind den älteren Männchen hilflos ausgeliefert. Doch bereits nach zwei Tagen haben die jungen Männchen genug Kraft, um sich mit den älteren erbitterte Kämpfe liefern zu können. Die beiden markieren sich gegenseitig, was sogar dazu führen kann, dass die Arbeiterinnen beide Rivalen töten.

Männchen ohne Flügel können sich nicht tarnen
Es wäre also eine sehr gute Strategie der jungen Männchen, sich wie die geflügelten Brüder mit Duft zu tarnen. Doch den jungen ungeflügelten Männchen fehlt diese Fähigkeit, sie signalisieren bereits im Puppenstadium kurz vor dem Schlüpfen ihre Identität. Dennoch warten die alten Männchen bis auf wenige Ausnahmen mit der Attacke auf den Schlupf des Rivalen. Die Forscher vermuten, dass sie sich nicht den Fehler leisten wollen, statt eines Konkurrenten versehentlich eine Paarungspartnerin zu töten. Denn die chemischen Signale von Puppen sind noch nicht so genau dem Geschlecht zuzuordnen wie die Signale der geschlüpften Tiere.

Experten gehen davon aus, dass die konstante Produktion von flügellosen Männchen der Kolonie sicherzustellen hilft, dass beim Tod des dominanten Männchens jederzeit ein Nachfolger vorhanden ist. Weil die getöteten Ameisen gleich als Futter für die Larven genutzt werden, sind offenbar auch die Kosten für diese Strategie niedrig.

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