Hohe Schuldenberge

Krisen-Alarm in Italien, Frankreich und Spanien

Wirtschaft
23.08.2016 09:58

Nach außen hin zeigen sich Italien, Frankreich und Spanien stets zuversichtlich - doch im Inneren sieht die Situation ganz anders aus. Die Länder kämpfen laut dem Wirtschaftsportal "Finanzen 100" nämlich mit einem gewaltigen Schuldenberg - gemeinsam kommen sie auf unfassbare 5,5 Billionen Euro Schulden! Dabei sorgt das immer gigantischere Gelddrucken der Europäischen Zentralbank dafür, dass die Zinsen für diese Länder auf immer neue Rekordtiefs sinken. Doch trotz des eingesparten Geldes machen die drei Länder weiter kräftig Schulden. Wie lange kann sich das die Eurozone noch leisten?

Dramatisch ist die Situation in unserem Nachbarland Italien. Von Venedig bis Sizilien sind die Ferienhäuser zwar ausgebucht, die Strände vollgepackt und die Gassen belebt - doch der schöne Schein des Sommers trügt. Italiens Binnennachfrage liegt am Boden, der verschuldete Bankensektor verhindert Investitionen. Beides hat die drittgrößte Wirtschaft der Eurozone im zweiten Quartal 2016 zum Stillstand gezwungen.

Sparen ist in Italien ein Fremdwort
Während die Staatsschulden laut "Finanzen 100" von Rekord zu Rekord eilen, ist Sparen für Ministerpräsident Matteo Renzi - trotz des gesparten Geldes durch die immer weiter sinkenden Zinsen seitens der EZB - kein Thema. Allein im Juni hat das Land sieben Milliarden Euro neue Schulden gemacht, wodurch die Verschuldung auf den Rekord von 2,3 Billionen Euro gestiegen ist. Dabei lagen die Schulden Italiens am Ende des ersten Quartals 2016 mit 2,2 Billionen bereits bei horrenden 135,4 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das ist der zweitschlechteste Wert in der Eurozone. Allein zwischen Juni 2015 und Juni 2016 hat Italien 44,2 Milliarden Euro neue Schulden gemacht. Die Schulden Italiens sind größer als jene Deutschlands (2,2 Billionen), obwohl die Wirtschaftsleistung Italiens im Jahr 2015 mit 1,6 Billionen Euro nur 54 Prozent der Wirtschaftsleistung Deutschlands ausgemacht hat.

Schwierige Voraussetzungen für Renzi, der bis Mitte Oktober einen Haushaltsplan für 2017 vorlegen soll. Kürzlich bezeichnete es der 41-Jährige bereits als "Fehler", seinen Rücktritt versprochen zu haben, sollten die Wähler seine Reformen des Parlaments und des Wahlsystems zurückweisen.

Frankreich hat 2,1 Billionen Euro Schulden
Ebenso wie die italienische stagniert auch die französische Wirtschaft, die Schulden belaufen sich auf rund 2,1 Billionen Euro (herbe 97,5 Prozent der Wirtschaftsleistung). Präsident Francois Hollande ist gezwungen, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, da im April 2017 Wahlen anstehen. Seine Umfragewerte liegen zudem im Keller. Zuletzt hat er eine Arbeitsmarktreform durchgedrückt. Interessant: Die Zinsen für zehnjährige Anleihen lagen zwischen 1992 und 1996 im Schnitt bei 7,3 Prozent, aktuell liegen sie bei 0,2 Prozent. Damit spart Frankreich durch das Gelddrucken der EZB rund 150 Milliarden Euro pro Jahr an Zinsen.

Spanien: Wirtschaftswachstum durch neues Schuldenmachen
Im Gegensatz zu Italien und Frankreich haben laut "Finanzen 100" Investoren die Lage in Spanien zuletzt zunehmend positiv eingeschätzt. Angesichts des kräftigen Wirtschaftswachstums Spaniens und des gigantischen Gelddruckens der EZB schauen Investoren darüber hinweg, dass das Wachstum Spaniens nicht zuletzt darauf beruht, dass der Staat unter der Führung von Ministerpräsident Mariano Rajoy kräftig Schulden macht. Von Ende März 2015 bis März 2016 hat das Land 43,4 Milliarden neue Schulden gemacht, wodurch die Verschuldung mit 1,1 Billionen Euro auf 100,5 Prozent der Wirtschaftsleistung gestiegen ist. Der Wert ist in den vergangenen Jahren extrem nach oben geschossen, nachdem er 2008 noch bei 34 Prozent gelegen hatte.

Das Platzen der Immobilienblase und die hohe Arbeitslosigkeit hinterlassen in Spanien ihre Spuren. In einem normalen Umfeld für zehnjährige spanische Staatsanleihen würden die Zinsen in der Größenordnung zwischen neun und zehn Prozent liegen. Dank der EZB stehen sie aber mit 0,9 Prozent in der Nähe des Rekordtiefs. Dabei hat die Wirtschaft zuletzt deutliche Bremsspuren gezeigt. So war die Industrieproduktion im Juni um lediglich 0,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr gewachsen. Das war der niedrigste Wert seit Jänner 2015.

Finanzexperten: "Probleme werden immer größer"
"Wie lange kann dieses Spiel in der Eurozone noch weitergehen?", fragt "Finanzen 100". Aktuell würde die EZB 80 Millarden Euro pro Monat drucken, während die Strafzinsen bei minus 0,4 Prozent liegen. Das Anleihenkauf-Programm der EZB läuft bis März 2017. Allerdings gehe niemand ernsthaft davon aus, dass es tatsächlich auslaufen wird, sondern dass es vielmehr immer weiter aufgestockt und verlängert wird. Laut "Finanzen 100" erwarten etliche Experten, dass EZB-Chef Mario Draghi bei der nächsten Sitzung am 8. September das Anleihenkauf-Programm auf 100 Milliarden Euro aufstocken und die Strafzinsen auf minus 0,5 Prozent drücken wird. "Daher wird das Schuldenmachen angeschlagener Länder noch eine Weile weitergehen. Weil die Schulden aber immer größer werden, werden die späteren Probleme aber umso größer sein", warnen Finanzexperten.

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