Kampf gegen Doping

ÖSV präsentiert einzigartige Athleten-Datenbank

Wintersport
08.01.2008 22:12
Mit klarer Transparenz hält man sich am leichtesten böse Gerüchte vom Leibe. Der österreichische Skiverband (ÖSV) präsentierte am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Wien seine "Anti-Doping-Strategie" - und zwar eine von der Universität Innsbruck entwickelte Athleten-Datenbank, die weltweit einzigartig ist. Alle relevanten Ergebnisse der Sportler aus motorischen, medizinischen und psychologischen Tests sowie Dopingtests, Materialtests, Fakten über Verletzungen und Erkrankungen sind darin gespeichert und für wenige bestimmte Personen abrufbar.

"Eine fantastische Software. Es gibt keinen anderen Verband weltweit, der zur Zeit so ein System hat. Ich kann dem ÖSV nur gratulieren", sagte dazu Österreichs Anti-Doping-Experte Hans Holdhaus, der nach dem Turin-Skandal 2006 auf Konfrontationskurs mit ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel gegangen war und im Mai 2007 vom ÖSV sogar eine Klagsandrohung erhielt. "Wir hatten eine heftige Diskussion, das Thema wurde zu sehr emotionalisiert", sagte Holdhaus, nach einem "sehr harten, aber ehrlichen Gespräch" hätten die beiden nun eine "fachliche Ebene gefunden".

Anti-Doping-Software kostete rund 400.000 Euro
Deshalb hat Schröcksnadel auch Holdhaus die Unternehmungen des ÖSV im Anti-Doping-Kampf dargelegt und um eine Bewertung der Software gebeten, an deren Erstellung Werner Nachbauer von der Universität Innsbruck mit seinem Team nun rund drei Jahre gearbeitet hat. Dem ÖSV hat dies 350.000 bis 400.000 Euro gekostet, die der Präsident aber natürlich gern und bestens investiert sieht.

Nicht nur die Leistungsentwicklung eines jeden Athleten lässt sich ablesen und die Trainungsüberwachung wird optimiert (Krankheiten, Virus erkennen), sondern es werden dank Erfassung der biometrischen Daten (komplettes Blutbild), wie es das Internationale Olympische Komitee (IOC) und die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) fordern (Athleten-Passport), auch Unregelmäßigkeiten schnell ersichtlich - eine wesentliche Maßnahme im Anti-Doping-Kampf.

Alle ÖSV-Athleten stimmten Datenerfassung zu
Alle Athleten des ÖSV haben schriftlich ihre Zustimmung zur Erfassung der Daten gegeben. Die Alpinen sind bereits in der Datenbank, die Nordischen werden demnächt transferiert, Sportler ab 15 Jahren werden aufgenommen - und über die ganze Karriere beobachtet. Der ÖSV hat 1.181 Athleten allein beim Ski-Weltverband (FIS) gemeldet. Als "unglaubliches Instrument" bezeichnete Alpinchef Hans Pum die Datenbank, die auf einem Server in Wien liegt.

Die Handhabe ist folgende: Die Ergebnisse aus den medizinischen Labortests (die WADA empfiehlt sechs Tests pro Jahr) werden von der Universitäts-Klinik Innsbruck eingespeist. Die Zugriffsberechtigungen im ÖSV sind aus Sicherheitsgründen beschränkt. Hans Pum hat eine, die Cheftrainer Toni Giger (Herren) und Herbert Mandl (Damen) für ihre Teams, die Spartentrainer jeweils nur für ihre Gruppe. Wird ein Sportler einem Dopingtest unterzogen, meldet er dies dem Trainer, der den Eintrag vornimmt. Der Sportler selbst kann keine Änderungen machen.

Anti-Doping-Experte soll Daten überprüfen
Bis Saisonende will der ÖSV auch einen unabhängigen Anti-Doping-Experten gefunden haben, der die Daten auf Unregelmäßigkeiten kontrolliert. Holdhaus, der als Österreichs Dopingjäger Nummer eins ein Kandidat dafür ist, dazu: "Dann kann man auch Intelligent Testing einführen, das ist mit diesem Werkzeug viel effizienter", so der Leistungsdiagnostiker, der Direktor des Institutes für medizinische und sportwissenschaftliche Betreuung (IMSB) ist.

Was die Dopingtests betrifft, wünscht sich der ÖSV auch bei Negativ-Ergebnissen Benachrichtigungen von den Institutionen WADA, FIS, Biathlon-Weltverband (IBU) und Nationaler Anti-Doping-Agentur (ÖADC). Holdhaus, der in diversen internationalen Gremien sitzt, will sich dafür stark machen, denn diese Analysebefunde sind ebenfalls ein wichtiger Puzzlestein im Anti-Doping-Kampf. Dass dies bisher nicht passiert, begründet Holdhaus mit dem damit verbundenen bürokratischen Aufwand.

171 Dopingtests bei ÖSV-Athleten im Vorjahr
Der ÖSV erhält bis dato nur bei einem positiven Dopingtest eine Information. 2007 hat es laut Recherche von Schröcksnadel unter seinen Athleten 171 Dopingtests gegeben, 43 vom ÖADC, 18 von der WADA, 47 von der FIS, 15 von der IBU und weitere 48, bei denen die Sportler nicht wissen, von wem sie kontrolliert worden sind.

Schröcksnadel: "Trotteln gibt's immer!"
"Wir wollen Leistung bringen und auch zeigen, dass wir sie mit fairen Mitteln erzielt haben", sagte Schröcksnadel. "Wir haben harte Zeiten hinter uns. Ich war immer gegen Doping, ich lasse nicht zu, dass man uns was unterstellt", hatte er eingangs der Pressekonferenz erklärt. Ob mit der Athleten-Datenbank ein zweites Turin ausgeschlossen werden kann: "Nein, denn Trotteln gibt's immer."

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(Bild: KMM)



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