Olympia 2014

Insider packt aus! Dopingvorwürfe gegen Russland

Sport
13.05.2016 10:25

Einem Bericht der New York Times zufolge sollen dutzende russische Sportler der Olympischen Winterspiele in Sotschi an einem staatlichen Dopingprogramm teilgenommen haben. Die Zeitung beruft sich auf Aussagen von Grigori Rodschenkow, dem ehemaligen Chef des Moskauer Doping-Kontrolllabors. In einem Interview schilderte er laut "New York Times" (Donnerstag) die detaillierte Planung und Anwendung und Vertuschung staatlichen Dopings von Dutzenden russischer Sportler.

Er behauptet, dass zumindest 15 Medaillengewinner des Olympia-Gastgeberlandes 2014 von einem Dopingsystem profitiert hätten. Unter den mutmaßlich involvierten Sportlern sollen sich 14 Langläufer und zwei Bobsportler befinden. Laut Angaben von Rodschenkow seien ungefähr 100 auffällige Dopingproben vertuscht worden. Russische Anti-Doping-Experten und Geheimdienstleute sollen die belastenden Urinproben gegen saubere ausgetauscht haben, die Monate zuvor genommen worden waren.

Cocktail aus drei verbotenen Sustanzen
Schon seit vielen Jahren habe er mit Dopingmitteln experimentiert, sagte Rodschenkow. Vor den Olympischen Spiele in London 2012 habe er dann einen Cocktail aus drei verbotenen, leistungssteigernden Substanzen entwickelt. Seither sei dieser an russische Sportler gegeben worden.

Zwei Jahre später, in Sotschi, lag die Überwachung der Dopingproben dann beim russischen Kontrolllabor. Das Sportministerium habe darin die Chance gesehen, die Spiele zu dominieren. Es sei ein systematischer Dopingplan erstellt worden.

Im Herbst 2013 habe der russische Geheimdienst FSB begonnen, Rodschenkows Labor Besuche abzustatten, schreibt die "New York Times". Das sei offensichtlich geschehen, um sich genau über die Behälter von Dopingproben und deren Verschlusssysteme zu informieren.

Schon Monate vor den Spielen seien dann Urinproben genommen worden - bevor die Athleten mit dem Doping begonnen hatten. Während der Spiele habe Rodschenkow nachts, wenn kein unabhängiger Beobachter vor Ort war, die sauberen Proben erhalten und gegen diejenigen ausgetauscht, die ihm zuvor vom Sportministerium mitgeteilt wurden.

33 Medaillen für Russland
Keiner der russischen Athleten wurde des Dopings überführt. Das Team gewann in Sotschi 33 Medaillen. Nach den Doping-Enthüllungen durch die ARD im vergangenen Jahr sei Rodschenkow unter Druck geraten. Er sei dazu gezwungen worden, seinen Job aufzugeben, bekam Angst um seine Sicherheit und ging nach Los Angeles. Kurz darauf seien in Russland zwei seiner engen Kollegen völlig unerwartet gestorben.

In den USA schilderte er die Ereignisse nun dem Filmemacher Bryan Fogel in einem Interview. Das sei seine "Wiedergutmachung", sagte Rodschenkow.

Seine Aussagen können bisher nicht unabhängig bestätigt werden. Sie passen jedoch zu Untersuchungen der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA. Ihr ehemaliger Chef Richard Pound, der im Vorjahr einer Kommission zur Untersuchung der russischen Machenschaften angehört hatte, zeigte sich wenig überrascht. Was Rotschenkow sage, sei "so schlimm wie das, was wir gesehen haben". "Es gibt keinen Grund, jemals zu glauben, dass die Leichtathletik der einzige vom russischen System betroffene Sport war", sagte Pound.

IOC will reagieren
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) kündigte am Donnerstag eine rasche Reaktion an. "Diese Vorwürfe sind sehr detailliert und sehr beunruhigend und wir werden die WADA aufrufen, unverzüglich zu ermitteln."

Der russische Sportminister Witali Mutko nannte die Anschuldigungen in einer Stellungnahme eine Fortführung der böswilligen Angriffe auf den russischen Sport. "Das System für die Olympischen Spiele war absolut transparent. Alles war unter der Kontrolle internationaler Experten - von der Probennahme bis zur Analyse", sagte Mutko. Russlands Skilanglauf-Verbandschefin Jelena Wälbe betonte, dass es "kein Doping" gegeben habe. Der russische Skeleton-Cheftrainer Willi Schneider sagte, dass es sich nur um "Gerüchte" handle.

Bobfahrer Subkow und Langläufer Legkow dementieren
Die russischen Sotschi-Olympiasieger Alexander Subkow und Alexander Legkow haben die Einnahme verbotener Substanzen dementiert. "Das ist eine absolute Verleumdung der Sportler der russischen Nationalmannschaft und auch von mir", sagte Subkow, der 2014 in Sotschi im Vierer- und Zweierbob Gold gewonnen hatte, der russischen Zeitung "Sport Express".

Auch Langlauf-Olympiasieger Legkow sieht die Dopingvorwürfe gelassen: "Ich bin zu 300 Millionen Prozent ruhig. Rufen Sie meine Trainer an und fragen Sie, wie wir in jenem Jahr trainiert haben", sagte Legkow. "Wo sitzt Rodschenkow, in Miami, in Los Angeles? Es ist sehr leicht, so etwas zu sagen, wenn du weit weg bist."

Russland steht seit vergangenen November unter massiver Kritik, nachdem eine unabhängige Kommission der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) weitreichendes Doping mit staatlicher Unterstützung vor allem in der russischen Leichtathletik festgestellt hatte. Seither sind sämtliche Leichtathleten aus Russland von internationalen Wettkämpfen ausgeschlossen. Möglicherweise dürfen sie auch nicht an den Olympischen Sommerspielen im August in Rio de Janeiro teilnehmen.

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(Bild: KMM)



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