Liegt im Wachkoma

Alex Pointner und die Tragödie um seine Tochter

Sport
01.11.2015 11:56
Ein Jahr nach ihrem schwersten Schicksalsschlag haben Alexander Pointner, zehn Jahre lang Erfolgstrainer der ÖSV-Skisprungmannschaft, und seine Frau Angela am Sonntag in Ö3-"Frühstück bei mir" erstmals vom Tag erzählt, der in ihrem Leben alles veränderte: Am 5. November 2014 unternahm ihre damals 16-jährige Tochter Nina zu Hause einen Suizidversuch. Gefunden wurde sie von ihrer Mutter, die sie wiederbeleben konnte. Seitdem befindet sich Nina Pointner mit schweren Hirnschäden im Wachkoma und liegt seit Monaten im Rehazentrum Hochzirl. "Ein schrecklicher Moment. Ich war wie gelähmt", so Alexander Pointner.

Angela Pointner erinnerte sich an den Schicksalstag: "Nina hat mich angerufen, ob ich sie von der Schule abholen kann, es ging ihr nicht gut, sie wollte aber nicht darüber reden. Ich habe noch weg müssen und sie kurz allein gelassen, in der Zeit hat sie es getan." Der Auslöser waren Depressionen, wegen derer sich bereits Alexander Pointner und sein Sohn Max in den Jahren davor behandeln ließen.

"Plötzliche suizidale Einengung"
Angela Pointner: "Nina war bereits sechs Wochen in psychiatrischer Behandlung, es hat allerdings keinerlei Anzeichen gegeben, dass es so akut werden kann. Uns war klar, die Krankheit kann jeden treffen, offensichtlich sind unsere Kinder durch genetische Voraussetzungen besonders gefährdet. Jetzt wissen wir: Es gibt eine plötzliche suizidale Einengung, bei der das ohne Vorwarnung passieren kann." Aus medizinischer Sicht sind die Prognosen auf Verbesserung des Zustands von Nina Pointner verhalten. Angela Pointner im Gespräch mit Claudia Stöckl: "Ich habe die Überzeugung, dass es wieder wird, ich lasse mich von dieser Hoffnung auch nicht abbringen. Denn es ist das, was mich aufrecht erhält." Schuldgefühle plagen beide, doch sie rufen sich immer die Krankheit als Auslöser in Erinnerung.

Gesamte Familie in Therapie
Alexander Pointner: "Die gesamte Familie ist seit dem Vorfall in Therapie. Natürlich habe ich mich oft gefragt, ob ich als Trainer zu viel unterwegs war, mich zu wenig um die Familie gekümmert habe. Mein Therapeut sagt: 'Man kann Vergangenes nicht wieder gut machen. Aber man kann es jetzt gut machen.'" Angela Pointner hat bei der Bewältigung des Schicksalschlags das Schreiben geholfen. Dieser Tage erscheint ihr erster Roman "Phie und die Hadeswurzel", in dem sie ebenfalls von einem Koma-Patienten erzählt.

Abgang vom ÖSV kein Thema mehr
Auf seinen unsanften Abgang vom ÖSV im April 2014, als sein Vertrag plötzlich nicht mehr verlängert wurde, blickt Pointner mittlerweile ohne Bitterkeit zurück: "Wenn ich ehrlich bin, kann ich mich auf der Ebene gar nicht mehr bewegen - jetzt wo ich merke, was wirkliche Probleme sind." Seine Frau ist da um einiges emotionaler. Dass sich niemand aus dem Skisprungzirkus in diesem letzten Jahr bei ihnen gemeldet hätte, hat Angela Pointner verletzt: "Da denke ich mir: 'Der Alex war tagein tagaus mit euch unterwegs, ihr habt so intensiv miteinander getan, und dann wird nicht einmal nachgefragt wie es ihm geht.' Ich habe selten so viele feige Männer auf einem Haufen gesehen. Die brüsten sich alle, springen von den höchsten Schanzen und dann haben sie im zwischenmenschlichen Bereich solche Hemmungen."

Kein Kontakt zu Schröcksnadel
Der ehemalige Mastermind der Superadler bestätigt, seit seinem Abgang keinen Kontakt zu Peter Schröcksnadel, Gregor Schlierenzauer und Co. gehabt zu haben: "Die, die in dieser Welle mitschwimmen, machen sich Gedanken über andere Dinge. Es war kein Kontakt da, es waren andere Leute da, sagen wir es so."

Comeback für Bulgarien?
Pointner - mit 32 Medaillen bei Großereignissen erfolgreichster ÖSV-Skisprungtrainer aller Zeiten - kündigte auch seine Rückkehr an die Schanze an. Er hat eben seine Beratertätigkeit für den bulgarischen Springer Vladimir Zografski begonnen, der 2011 bei der Junioren-WM eine Goldmedaille errang. "Er hat großes Potenzial. Und bei ihm leuchten die Augen, wenn ich ihn mit meinem Know-how unterstütze. Das ist mir beim ÖSV-Team zum Schluss abgegangen." Ob Pointner die Leistungen unserer Ski-Adler und Heinz Kuttins in der letzten Saison verfolgt hat? Dazu der 44-Jährige: "Ich habe ab und zu geschaut, aber es haben sich meine Themen einfach zu sehr vermischt. Wenn ich im Krankenhaus im Aufenthaltsraum mit Nina war und da ist Skispringen im Fernsehen gelaufen - zu sehen, wofür ich solange gelebt habe und daneben meine schwerkranke Tochter, das war mir öfters zu viel."

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(Bild: KMM)



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