Urteil gefallen

Wiederbetätigung: Neun Jahre Haft für Gottfried Küssel

Österreich
10.01.2013 23:00
Gottfried Küssel und die beiden mitangeklagten Felix B. und Wilhelm A. sind am späten Donnerstagabend im Wiener Straflandesgericht wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung schuldig gesprochen worden. Küssel erhielt zu Prozessende neun Jahre, Felix B. sieben und Wilhelm A. viereinhalb Jahre Haft. Die Urteile sind nicht rechtskräftig, sämtliche Verteidiger meldeten umgehend Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Der Staatsanwalt gab vorerst keine Erklärung ab.

Küssel wurde für schuldig erkannt, Initiator, aber nicht Betreiber der neonazistischen Homepage alpen-donau.info (ADI) und des dazugehörigen Forums alinfodo.com (ADF) gewesen zu sein, wobei bei ihm der Wahrspruch der Geschworenen mit 5:3 Stimmen äußerst knapp ausfiel. Hätte ihn lediglich ein weiterer Laienrichter für nicht schuldig gehalten, wäre Küssel als freier Mann nach Hause gegangen. Bei Stimmengleichheit ist Kraft des Gesetzes zugunsten des Angeklagten vorzugehen, Küssel wäre dann also freizusprechen gewesen.

Bei den Mitangeklagten gab es ebenfalls keine einstimmigen Schuldsprüche: Mit 6:2 Stimmen wurde Felix B. als Administrator und Moderator der Website und des Forums eingestuft, wobei er in dieser Funktion auch zahlreiche Beiträge und Postings verfasst haben soll. Wilhelm A. schließlich war nach mehrheitlicher Ansicht der Laienrichter (ebenfalls 6:2 Stimmen) für das Registrieren der Domains verantwortlich.

"Besondere Gefährlichkeit" und "ganz gravierende Taten"
Bei sämtlichen Angeklagten zog das Schwurgericht den im Verbotsgesetz bei besonderer Gefährlichkeit vorgesehenen Strafrahmen von bis zu 20 Jahren heran. Das Internet habe eine "enorme Verbreitung", daher sei von einer "besonderen Gefährlichkeit" und "ganz gravierenden Taten" auszugehen, stellte die Vorsitzende Richterin Martina Krainz fest.

"Der führende Kopf der österreichischen rechten Szene"
Bei Küssel waren bei der Strafzumessung elf teilweise einschlägige Vorstrafen - darunter eine elfjährige Freiheitsstrafe für nationalsozialistische Wiederbetätigung aus dem Jahr 1994 - sowie der Umstand erschwerend, dass er "der führende Kopf der österreichischen rechten Szene" sei, wie Krainz festhielt.

Sympathisanten der Angeklagten - unter den Zuhörern befand sich auch Küssels Ehefrau - quittierten die Urteilsverkündung mit Unmutsäußerungen. Auf die Frage an die Angeklagten, ob sie die Urteile verstanden hätten, ertönte aus dem Publikum ein mehrfaches "Nein".

Der Ankläger hatte in Küssel den Auftraggeber für die Anmeldung der Domains und den Ideengeber der ADI gesehen, die nach dem Vorbild der neonazistischen Plattform Altermedia gestaltet wurde. Auch mit der inhaltlichen Gestaltung sei Küssel befasst gewesen, hatte Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter zu Beginn des Schwurprozesses betont. Felix B. wiederum schrieb Kronawetter die inhaltliche und redaktionelle Gestaltung der ADI zu, während er Wilhelm A. als technischen Mastermind bezeichnete, der im Auftrag Küssels die Domains organisiert habe.

Diese Darstellung hatten die Verteidiger in ihren Schlussvorträgen vehement zurückgewiesen und erklärt, es gebe für die Behauptungen der Strafverfolgungsbehörden keine Beweise. Küssel selbst hatte sich in dem Verfahren nicht zu den gegen ihn erhobenen Anschuldigungen geäußert.

Küssel: "Weil ich nichts weiß, kann ich dazu nichts sagen"
Wie jedoch den Polizeiprotokollen zu entnehmen war, hatte Küssel schon unmittelbar nach seiner Inhaftierung bestritten, mit der Gründung der ADI etwas zu tun gehabt zu haben. Ein anderer habe "meine Idee verwirklicht", von der er abgelassen habe, "weil mir die Angelegenheit zu heiß war". Er habe die Beiträge auf der ADI gelesen, "aber nichts verfasst". Für das Forum sei er gar nicht angemeldet gewesen. Die Frage, wer für die ADI und das angeschlossene Forum verantwortlich war, hatte Küssel mit "Ich vermute nichts. Weil ich nichts weiß, kann ich dazu nichts sagen" beantwortet.

Sein Verteidiger Michael Dohr hatte im Prozess betont, Küssel habe sich seit fast 20 Jahren nicht mehr nationalsozialistisch betätigt "und auf die österreichische Gesetzeslage Rücksicht genommen". Sein Mandant stehe zwar "politisch und ideologisch zweifelsfrei am äußerst rechten Rand", sei aber dessen ungeachtet freizusprechen: "Die Straftat, die ihm angelastet wird, hat er nicht begangen. Die handfesten Beweise hat die Staatsanwaltschaft nicht."

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