Das letzte Stündlein

Südbahnhof muss neuem Hauptbahnhof weichen

Wien
09.03.2009 12:57
Mit dem Fahrplanwechsel zum 12. Dezember soll das Bauwerk in seiner Funktion Geschichte sein. Unmittelbar danach beginnen die Abrissarbeiten der Bahnhofshalle und die Errichtung des neuen Hauptbahnhofes. Derzeit deutet jedoch noch wenig auf das nahende Ende hin. Die Geschäfte haben nach wie vor für die Reisenden geöffnet, und an den dezenten Ostblockcharme des Baus hatten sich die Wiener schon lange gewöhnt. Für "Ein Augenblick Zeit" hat am Südbahnhof bereits jetzt das letzte Stündlein geschlagen. Seit 1994 hing die gleichnamige Computerinstallation - zwei Augen auf Monitoren in Stahlkugeln (Bild) - von Kurt Hofstetter in dem Verkehrsbauwerk.

Der Architekt Heinrich Hrdlicka hat die Anlage zwischen 1955 und 1961 errichtet und dabei die beiden existierenden Bahnhöfe Süd- und Ostbahnhof in einem Bahnhofsgebäude vereint. Dabei wurden die aus dem Jahr 1874 stammenden, im Stil der Neorenaissance gestalteten Vorgängerbauten, die den Krieg leidlich überstanden hatten, demontiert.

Provisorium für Regionalzüge - Fernzüge nur bis Meidling
Wenn die dominante Halle des Südbahnhofs ab Dezember nun ebenfalls abgerissen wird, soll der Zugverkehr dennoch nicht gänzlich stillstehen. Im Bereich des Ostbahnhofs werden Regionalzüge halten und für die Fahrgäste wird ein Provisorium wie beim Westbahnhof eingerichtet.Kein Halten mehr gibt es hingegen für Fernzüge. Sie werden bis zum Bahnhof Meidling geführt, und zwar sowohl jene aus dem Süden, die schon jetzt Meidling passieren, als auch die aus dem Norden bzw. Osten. Der nötige Ausbau des Meidlinger Bahnhofs soll bis Herbst abgeschlossen sein.

Für den neuen Hauptbahnhof soll es dann bereits 2012 eine erste Teilinbetriebnahme geben, wobei für 2013 die offizielle Eröffnung anvisiert ist. In Vollbetrieb soll die Anlage 2015 gehen.

Wahrzeichen "Ein Augenblick Zeit" bereits demontiert
Die beiden Augen auf Monitoren hingen einander Auge in Auge in zwei 750 Kilogramm schweren Stahlkugeln gegenüber. Am Montag wurde das Kunstwerk abgehängt. Rechtzeitig vor dem Beginn der Abrissarbeiten im Dezember wurde die Installation Peter Weibel für sein Karlsruher Zentrum für Kunst und Medientechnologie übergeben.

"Für mich sind die Pupillen so etwas wie die schwarzen Löcher der Zeit", meint der Künstler. 75 Millionen Lidschläge haben die beiden Augen, die Hofstetter Kurt von einem befreundeten Paar abfilmte, seit 1994 absolviert - unterlegt mit dem Ticken eines russischen Weckers.

"Abschied wird nur ein vorübergehender sein"
Diese müssen nun bis Dezember, wenn im Zuge der Errichtung des neuen Hauptbahnhofs mit dem Abriss der aus den 1950er Jahren stammenden Halle begonnen wird, ohne die Augen auskommen. "Ich denke aber, der Abschied wird nur ein vorrübergehender sein", machte Claus Stadler, Geschäftsführer der ÖBB-Immobilienmanagement GmbH, Hoffnung auf eine Rückkehr in das neue Bauwerk ab 2013.

"Was im Exil ist, bleibt im Exil"
Museumsdirektor Weibel setzt hingegen darauf, dass die ÖBB ein Auge zudrücken. "Ich hoffe sehr, dass man der österreichischen Tradition treubleibt: Was einmal im Exil ist, bleibt im Exil", so Weibel. In Karlsruhe sollen jedenfalls die beiden Monitore ab April in der Eingangshalle schweben, gesichert durch Stahlseile, die einen "Augenaufschlag" am Boden verhindern sollen. Dabei werden sie den Besuchern jedoch nicht mehr auf Augenhöhe begegnen, wie am Südbahnhof, sondern dank baulicher Gegebenheiten auf sie herabblicken.

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