"Totalitäres Symbol"

Ungarn will Heinekens roten Stern verbieten

Wirtschaft
24.03.2017 17:53

Bier trinken ist für manche Ungarn zur politischen Glaubensfrage geworden. Denn die rechtsnationale Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban hat dem niederländischen Brauerei-Konzern Heineken den Kampf angesagt. Das Parlament in Budapest könnte demnächst ein Gesetz verabschieden, das die Nutzung des roten Sterns für kommerzielle Zwecke verbietet. Der Stern steht nach Lesart der Regierungspartei Fidesz für die kommunistische Diktatur. Dieser skurril anmutende Rechtsstreit hat aber eigentlich einen wirtschaftlichen Hintergrund, der im rumänischen Siebenbürgen seinen Ursprung hat.

Der Heineken-Stern prangt seit den 1930er-Jahren auf den Bierflaschen. Von 1951 bis zum Zerfall der Sowjetunion wurde der Stern allerdings mit Rücksicht auf die Opfer des Stalinismus weiß gefärbt. Genau diese Entscheidung der damaligen Konzernführung wird von Fidesz-Politikern als Argument für ihr Vorhaben herangezogen. Orban sieht es als "moralische Verpflichtung", die kommerzielle Verwendung von Symbolen wie dem Hakenkreuz, von Hammer und Sichel oder dem roten Stern zu untersagen.

Vizepremier: "Heineken-Logo hat politische Bedeutung"
Unter dem neuen Gesetz droht Firmen bei Verwendung dieser "totalitärer Symbole" eine Geldstrafe von bis zu zwei Milliarden Forint (rund 6,5 Millionen Euro). Vergangene Woche hatte Ungarns Vize-Premierminister Zsolt Semjen gesagt, das Heineken-Logo habe "offensichtlich politische Bedeutung".

Mit all diesen Stellungnahmen wollen die Regierungsmitglieder öffentlich Stimmung gegen den niederländischen Bierbrauer machen, der sich wiederum einen Rechtsstreit mit einem Kleinunternehmer in Siebenbürgen, wo etwa 1,2 Millionen ethnische Ungarn leben, liefert. Im Dorf Sansimion (Csikszentsimon) braut Andras Lenard seit 2014 mit den 40 Mitarbeitern seiner Firma Lixid Project Bier. Bis vor Kurzem verkaufte er das Produkt unter der Marke "Igazi Csiki Sör" - und zwar sehr erfolgreich: Pro Tag setzte das Unternehmen nach eigenen Angaben 400 Hektoliter ab. Das ärgerte den Bier-Riesen Heineken, der nur wenige Kilometer entfernt unter dem rumänischen Markennamen "Ciuc Premium" produziert

Markenstreit: Welches ist das "wahre" Bier von Sansimion?
Heineken erwirkte Ende Jänner 2017 vor einem rumänischen Gericht, dass Lixid sein Bier nicht unter dem Namen "Csiki" verkaufen darf. Der Grund: eine zu große Klangähnlichkeit mit dem Namen "Ciuc". "Ciuc" spricht man "Tschuk" aus und "Csik" lautet "Tschik". Der komplette Markenname "Igazi Csiki Sör" ("Wahres Csiki-Bier") suggerierte, dass Heinekens "Ciuc" das falsche, Lixids "Csiki" hingegen das richtige Bier sei. Vor dem Europäischen Patentamt erfuhr Heineken allerdings jüngst eine Niederlage.

Der Streit geht also weiter - und inzwischen hat sich die ungarische Regierung eingeschaltet. Orbans Kanzleichef Janos Lazar wollte sogar persönlich nach Siebenbürgen reisen, um dem vom Bier-Riesen bedrohten Kleinunternehmer zu helfen. "Hier läuft ein Kampf David gegen Goliath", sagte er kürzlich auf einer Pressekonferenz in Budapest.

Orbans "Befreiungskrieg" gegen ausländische Unternehmen
Orban propagiert seit Jahren einen "wirtschaftlichen Befreiungskrieg" gegen ausländische Unternehmen, die aus seiner Sicht die einheimische Wirtschaft gängeln. Allerdings haben sich bisher Strafsteuern in Ungarn eher gegen Dienstleister wie Banken und Energieversorger gerichtet - nicht gegen große Arbeitgeber wie Audi und Daimler. Heineken beschäftigt nach eigenen Angaben in seinen zwei ungarischen Brauereien 500 Mitarbeiter.

In wenigen Tagen dürfte das Parlament grünes Licht für die von Kritikern sogenannte "Lex Heineken" geben. Der Rebell aus Siebenbürgen hat unterdessen sein Bier umbenannt. Das "Csiki" bekommt man jetzt unter dem Namen "Igazi Tiltott Sör" ("Wahres Verbotenes Bier") - was dem Verkauf kaum abträglich sein dürfte. Denn Proteststimmung herrscht unter Rumäniens Ungarn schon seit 1918, als das bis dahin ungarische Siebenbürgen an Rumänien fiel. Orbans Ungarn sieht sich als Schutzmacht der rumänischen Magyaren. Schließlich dürfen diese das Budapester Parlament mitwählen.

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