Härtere CDU-Gangart

Ton gegen Türkei wird rauer – was macht Merkel?

Ausland
13.03.2017 09:29

Nach der Eskalation des Streits zwischen den Niederlanden und der Türkei am Wochenende hält die Debatte um Wahlkampfauftritte türkischer Politiker auch in anderen europäischen Ländern an. Während sich in Österreich Bundeskanzler Christian Kern für ein europaweites Vorgehen gegen türkische Polit-Shows starkmacht, ist die Spitzenpolitik in Deutschland uneins. Kanzlerin Angela Merkel steht auf der Bremse, während ihr CDU-Parteifreund, Innenminister Thomas de Maiziere, am Sonntag laut über ein Verbot nachdachte.

"Ich will das nicht. Ein türkischer Wahlkampf in Deutschland hat hier nichts verloren", sagte de Maiziere im ARD-"Bericht aus Berlin". Nach niederländischem Vorbild Einreiseverbote gegen türkische Politiker zu verhängen, "muss man klug abwägen", so der Minister. Es gebe für solche Auftritte aber "klare Grenzen", zum Beispiel das Strafgesetzbuch. "Wer die Bundesrepublik Deutschland oder ihre verfassungsmäßige Ordnung beschimpft und böswillig verächtlich macht, macht sich strafbar. Dort wäre spätestens eine Grenze."

Zuletzt hatten mehrere deutsche Gemeinden Wahlkampfauftritte von türkischen Ministern im Vorfeld des Verfassungsreferendums über die Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei abgesagt. In Ankara löste das Verärgerung aus, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan warf Deutschland "Nazi-Methoden" vor. Das stieß in Berlin auf scharfen Protest.

Video: Erdogan wirft Deutschland "Nazi-Praktiken" vor

In den Niederlanden war der Streit um Wahlkampfauftritte türkischer Politiker am Wochenende eskaliert. Die niederländischen Behörden verweigerten Außenminister Mevlüt Cavusoglu die Einreise mit dem Flugzeug und wiesen die türkische Familienministerin Fatma Betül Sayan Kaya auf dem Landweg Richtung Deutschland aus. Erdogan erhob daraufhin auch gegen die Niederlande Nazi- und Faschismus-Vorwürfe.

Fall Yücel: Schäuble will Geldhahn zudrehen
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erteilte dem türkischen Wunsch nach engeren Wirtschaftskontakten mit Verweis auf den Streit um die Wahlkampfauftritte und den inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel vorerst eine Absage. In der ZDF-Sendung "Berlin direkt" sagte Schäuble, er habe mit seinem türkischen Kollegen "eine Reihe von Möglichkeiten diskutiert", allerdings vor der Verhaftung Yücels. Unmittelbar danach habe er seinem Kollegen mitgeteilt, dass es "unter diesen Umständen außergewöhnlich schwierig" sei, "daran weiterzuarbeiten".

"Ich hoffe, dass in der Türkei jetzt wieder die Vernunft ausbricht, denn was sie im Augenblick mit uns machen, mit den Niederlanden, mit Dänemark, ist natürlich absolut nicht im Interesse der Türkei", sagte Schäuble am Sonntag. Die deutsche Regierung wolle nicht in laufende juristische Verfahren eingreifen, aber "in der jetzigen Situation" zerstörten "die Verantwortlichen in der Türkei die Grundlagen für weitere Fortschritte in der Zusammenarbeit".

Von der Leyen: "Türken stellen Rederecht selbst infrage"
Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) mahnte in der "Bild" vom Montag: Deutschland solle "mit kühlem Kopf bei uns Redefreiheit nach Recht und Gesetz gewähren, aber auch klarmachen, dass mit unerträglichen Nazi-Vergleichen einige türkische Politiker ihr Rederecht selbst infrage stellen".

Der außenpolitische Sprecher der CDU, Norbert Röttgen, wies darauf hin, dass durch ein Auftrittsverbot für ausländische Hoheitsträger nicht das Recht auf Meinungsfreiheit eingeschränkt werden würde. Ein Einreiseverbot würde er aber nicht aussprechen. Röttgen warnte in der "Bild", dass eine Eskalation "nicht unser Interesse ist und nur Erdogan hilft, Stimmung zu machen und zu mobilisieren".

Was macht Merkel?
Kanzlerin Merkel gab sich da in den vergangenen Tagen wesentlich zurückhaltender: Zu den Nazi-Vorwürfen sagte sie zwar am Donnerstag, "diese Vergleiche der Bundesrepublik Deutschland mit dem Nationalsozialimus müssen aufhören", sie seien "traurig und deprimierend und so deplatziert, dass man es nicht ernsthaft kommentieren kann", von einem Auftrittsverbot will sie vorerst aber nichts wissen.

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