Bomben gezündet

Terroranschlag bei Marathon in Boston – Tote und Verletzte

Ausland
16.04.2013 10:41
Bei einem Terroranschlag im Zielgelände des Boston-Marathons sind am Montag mindestens drei Menschen - darunter ein achtjähriger Bub - getötet und mehr als 150 verletzt worden. Innerhalb weniger Sekunden ereigneten sich gegen 14.50 Uhr Ortszeit (20.50 Uhr MESZ) zwei Explosionen - rund drei Stunden, nachdem die ersten Läufer die Ziellinie überschritten hatten. Wer für den Anschlag verantwortlich ist, ist völlig unklar. Es werde in alle Richtungen ermittelt, US-Behörden gehen allerdings eher von einem Einzeltäter aus.

Auf Fernsehbildern vom Montagabend ist zu sehen, wie Rettungskräfte in der Stadt im Bundesstaat Massachusetts verwundete Menschen versorgten. Die Straßen waren mit Trümmern übersät, die Gegend wurde weiträumig abgesperrt. Mehrere Läufer waren durch die Wucht der Explosion zu Boden gerissen worden. Es gab zahlreiche Schwerstverletzte - unter anderem mit abgerissenen Gliedmaßen. Notärzte und Sanitäter sprachen von Szenen, die sie eher aus Kriegsgebieten wie dem Irak kennen würden.

Marathon-Teilnehmer strömen zur Blutspende
Teilnehmer des Marathons und andere Bürger eilten in die Kliniken, um Blut zu spenden. Der Nachrichtensender CNN berichtete, dass mehr als 140 Menschen in Krankenhäusern behandelt würden. Die Ärzte würden den Opfern auch Kugellager aus dem Leib operieren - ein Zeichen dafür, dass die Sprengsätze als Splitterbomben gebaut worden seien. Der Gouverneur von Massachusetts, Deval Patrick, gab die Zahl der Verletzten später mit mehr als 150 an.

Keine Österreicher unter Opfern
Außenamtssprecher Martin Weiss sagte in der Nacht auf Dienstag, die österreichischen Vertretungsbehörden stünden mit den lokalen Behörden in Kontakt. Es gebe allerdings keine Hinweise darauf, dass, dass Österreicher unter den Opfern sein könnten. Laut der Internetseite der Organisatoren nahmen 41 Österreicher am Marathon teil. Insgesamt hatten sich 23.000 Sportler an dem Lauf beteiligt, eine halbe Million Zuschauer hatte die Straßen gesäumt.

Augenzeugin: "Riesenexplosion bis ins Mark gespürt"
Die ORF-Journalistin Nadja Hahn befand sich während der Bombenexplosionen unter den Zusehern des Marathons und erlebte den Horror hautnah mit. "Alle haben die Läufer angefeuert. Es war ein Familienfest, es war Patriots' Day. Wir haben uns einfach gefreut, dass wir da sind. Und auf einmal eine Riesenexplosion, die man wirklich ins Mark gespürt hat. Sekunden später kam dann die zweite Explosion. Dann war klar, das ist jetzt ernst, raus hier", schilderte Hahn in einem Telefonat mit der "ZiB" am Dienstagvormittag. Die Journalistin sei daraufhin mit ihrem Mann schnell in ein nahe gelegenes Einkaufszentrum geflüchtet. "Wir hatten Glück, leider so viele nicht", twitterte sie später.

Weißes Haus abgeriegelt, Luftraum gesperrt
Als Reaktion auf die Explosionen in Boston wurden in New York die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt. Das Weiße Haus in der US-Hauptstadt Washington wurde abgeriegelt, der Luftraum über Boston gesperrt. Die Polizei dementierte Medienberichte, wonach ein Verdächtiger festgenommen worden sei. Es seien aber mehrere Menschen vernommen worden. Die Sicherheitskräfte schalteten vorübergehend das Mobilfunknetz in Boston ab, um mögliche Fernzündungen zu verhindern.

Laut dem Sender MSNBC sagten mehrere Ermittler, dass es sich bei den Sprengsätzen um kleine, selbst gebastelte Bomben gehandelt habe. Experten äußerten die Vermutung, dass es sich eher um einen einheimischen Extremisten handeln dürfte als um eine internationale Terroraktion. So sei der Angriff zwar anscheinend sorgfältig geplant gewesen, aber die Sprengsätze schienen nicht sehr ausgeklügelt gewesen zu sein - sonst hätte es weitaus mehr Todesopfer gegeben, so die einhellige Meinung der Fachleute.

Polizei verhörte Dutzende Personen
Mittlerweile wurden Dutzende Personen verhört, Verhaftungen gibt es bisher keine. Das FBI möchte Schnellschüsse vermeiden - denn spätestens seit dem 11. September 2001 ruft ein Anschlag auf dem Staatsgebiet der USA unweigerlich Spekulationen über eine mögliche Drahtzieherschaft des Terrornetzwerks Al-Kaida oder verbrüderter Gruppen hervor. Die Attacke mit fast 3.000 Todesopfern, bei denen Al-Kaida-Anhänger das World Trade Center in New York mit gekaperten Passagierflugzeugen zum Einsturz brachten, hat sich tief in die kollektive Psyche des Landes eingegraben.

Obama: "Täter werden zur Rechenschaft gezogen"
In einer Rede an die Nation am Montagabend (Ortszeit) sagte US-Präsident Barack Obama, dass die Behörden noch keine Erkenntnisse über Täter oder Motiv hätten. Man werde aber herausfinden, wer für die Explosionen verantwortlich sei. Die Täter würden zur Rechenschaft gezogen, so Obama.

Der Polizeichef von Boston, Ed Davis, rief bei einer Pressekonferenz die Bevölkerung dazu auf, ihre Häuser nicht zu verlassen und Menschenansammlungen zu meiden. Es handle sich um eine "instabile Situation" und eine "andauernde Gefahrenlage".

Internationale Gemeinschaft reagiert mit Entsetzen
Auf der ganzen Welt haben Politiker am Dienstagvormittag mit Entsetzen auf die Bombenanschläge beim Boston-Marathon reagiert. Nichts rechtfertige solche "heimtückischen Anschläge", erklärte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel. Russlands Präsident Wladimir Putin verurteilte die Attentate als "barbarische Verbrechen".

Ähnliche Reaktionen kamen von Frankreichs Staatschef Francois Hollande, UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon, NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen und dem britischen Premierminister David Cameron. Auch der afghanische Präsident Hamid Karzai sprach den Opfern und dem amerikanischen Volk sein Mitgefühl aus.

Ältester Marathon der Welt
Der Boston-Marathon ist der älteste und traditionsreichste Stadt-Marathon der Welt. Mehrere Zehntausend Läufer sind jedes Jahr am Start, die Strecke ist gesäumt von bis zu 500.000 Zuschauern. Erstmals fand der Lauf am 19. April 1897 statt. 15 Männer nahmen die 24,5 Meilen (etwa 39,43 Kilometer) in Angriff. Erst 1927 wurde die Strecke auf die Marathon-Distanz von 42,195 Kilometern verlängert.

Von 1897 bis 1968 fand der Lauf jedes Jahr am 19. April statt, dem Patriots' Day, einem Feiertag im US-Staat Massachusetts. Nachdem der Feiertag offiziell auf den dritten Montag im April gelegt wurde, findet auch der Marathon jedes Jahr an diesem Tag statt. Zunächst war das Rennen nur Männern vorbehalten; erst seit 1972 durften Frauen sich auch offiziell in die Starterlisten eintragen.

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